Читать книгу Nassbert, der Wannenwichtel - Thorsten Meier - Страница 17
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Kapitän Uschi
Uschi zog sich ihre Kapitänsmütze über ihre kleinen Ohren und ihre rosa Schnauze zeigte einen entschlossenen Ausdruck. Auch wenn Meerschweinchen nicht unbedingt bekannt waren für ihre Wassertauglichkeit, war Uschi eine der gefürchtetsten Seefahrerinnen.
Keine Welle war ihr zu hoch und kein Meer zu tief. Den meisten Piraten schlotterten die Knie, wenn sie ihren Namen hörten. Das marineblaue Jackett gab ihr einen stattlichen Ausdruck und die Schirmmütze passte sehr gut zu ihren kecken Augen.
Sie stand auf dem Deck ihres Segelbootes und trotz der tobenden Wellen hatte sie keine Mühe, das Gleichgewicht zu behalten. Ihr braunes Fell flatterte im Wind. Mit einem Fernrohr in der Pfote überschaute sie die Sieben Weltmeere und suchte den Horizont nach Piraten ab.
Und tatsächlich, ihr stockte der Atem – hinter der dritten Schaumkrone, rechts von der kleinen Insel, erblickte sie ein Piratenschiff. Am Mast wurde eine blonde Frau gefangen gehalten. Sie wehrte sich, aber die Piraten ließen sich nicht erweichen, die Fesseln zu lösen.
Uschi rief nach ihrem einzigen und treuen Besatzungsmitglied, dem einbeinigen Soldaten. Er war der mutigste Mann, den Kapitän Uschi kannte. In einer Schlacht im Urwald des heimatlichen Gartens hatte er sein Bein verloren und war dann auf ihr Schiff gewechselt. Seither waren sie treue Gefährten. Viele Abenteuer hatten sie schon gemeinsam überstanden.
„Sie haben nach mir gerufen?“ Der einbeinige Soldat meldete sich bei Kapitän Uschi.
„Ja, das habe ich. Schau selbst, mein treuer Freund. Ich denke, unsere Hilfe wird benötigt!“ Uschi reichte ihr Fernrohr an den einbeinigen Soldaten weiter. Dieser erschrak, als er durch das Fernrohr blickte.
„Kapitän Uschi, wir müssen die Frau aus den Fängen der Piraten retten, sonst ist sie verloren.“
Uschi nickte entschlossen. „Dann volle Kraft voraus. Lass uns die Segel setzen!“
Geschäftiges Treiben brach auf dem Segelboot aus. Uschi und der einbeinige Soldat hatten alle Hände voll zu tun. Das Schiff wurde immer schneller. Die kleine Insel hatten sie schon hinter sich gelassen. Und bald näherte sie sich dem Piratenboot.
Als die Piraten sie entdeckten, erhoben sie ein lautes Kampfgeschrei. Sie hissten ihre schwarze Piratenflagge mit dem Totenkopf und zündeten ihre Kanonen.
Der einbeinige Pirat hatte alle Mühe, den einschlagenden Kanonenkugeln auszuweichen. Kapitän Uschi stand an der Spitze des Bootes und hatte ihre Pfoten auf der Reling aufgestützt. Nachdenklich streckte sie ihre kleine Nase in den Wind. „Mein lieber Freund!“, sprach sie unvermittelt zu dem einbeinigen Soldaten. „Wir haben keine Kanonen, mit denen wir das Boot der Piraten zum Sinken bringen können. Auch haben wir keine anderen Waffen. Deswegen hilft uns nur ein Trick. Wenn er nicht klappt, ist die gefangene Frau verloren und wir wahrscheinlich auch! Der Wind ist so stark. Steuere unser Boot so, dass die Piraten ihre Kugeln gegen den Wind schießen. Mit der Macht des Gerechten auf unserer Seite werden die Kugeln zu den Piraten zurückfliegen. Wenn das Boot anfängt zu sinken, kann ich die Frau retten.“ Uschis Gesicht wurde grimmig und sie riss ihre Pfote in die Luft. „Los, mach, wie ich dir geheißen habe!“
Der einbeinige Soldat salutierte. „Aye, aye Kapitän!“ Er steuerte das Segelboot so, dass es gegen den Wind stand.
In diesem Moment feuerten die Piraten die nächste Kanonenkugel. Sie näherte sich dem Boot von Kapitän Uschi und dem einbeinigen Soldaten. Beide schlossen die Augen. Gleich würde die Kanonenkugel ihr Boot treffen. Doch dann wurde die Kugel langsamer und blieb einen kurzen Moment in der Luft stehen, bevor sie zu dem Piratenboot zurückflog. Es krachte, als die Kugel ein Loch in die Seite des Piratenbootes schlug. Die Piraten bekamen Angst und liefen zu den Rettungsbooten. Auf die Gefangene achtete niemand mehr. Langsam begann das Schiff der Piraten zu sinken. Die Besatzung des Segelbootes freute sich, dass ihr Trick geklappt hatte.
„Los mein treuer Freund, steuere unser Boot so nah an das Piratenboot, dass ich es erreichen kann. Uns rennt die Zeit davon!“ Kapitän Uschi war in bester Laune. Der einbeinige Soldat steuerte das Segelboot so, dass es nur wenige Zentimeter von dem Piratenboot hielt. Ein waghalsiges Manöver in Anbetracht der zunehmenden Brandung.
„Spring, Kapitän Uschi, und rette die Gefangene. Wenn es jemand schafft, dann seid Ihr es!“, rief der einbeinige Soldat voller Kampfgeist in der Stimme. Er hielt sich am Steuerrad fest, denn der Wind wurde immer stärker.
Uschi sprang mit einem Satz auf das Boot der Piraten. Sie musste die junge Frau retten, bevor das Boot auf den Boden des Meeresbodens sank.
Die Piraten waren so sehr mit der eigenen Flucht beschäftigt, dass niemand mehr Kapitän Uschi in den Weg kam. In wenigen Minuten erreichte sie den Mast mit der Gefangenen.
„Bitte, helfen sie mir! Ich möchte nicht mit dem Schiff untergehen!“, bettelte diese.
„Niemand wird mit dem Schiff sinken.“ Mutig knabberte Uschi die Fesseln durch. In dem Augenblick, als die Frau befreit war, krachten die Balken und das Schiff begann gefährlich zu schwanken.
„Los, setze dich auf meinen Rücken und halte dich fest, dann kann ich dich retten. Ich werde dich zu unserem Schiff bringen.“ Beherzt setzte sich die Blondine auf den Rücken von Kapitän Uschi und hielt sich an dem Fell fest.
„Nicht so fest. Du reißt mir ja alle Haare aus!“, schimpfte Uschi trotz des nahenden Unterganges des Schiffes. Die junge Frau lockerte ihren Griff und Uschi atmete erleichtert auf.
So schnell sie ihre kurzen Beine trugen lief sie zur Reling und sprang ...
In diesem Augenblick öffnete sich die Badezimmertür. Die Mutter von Max betrat das Bad. „Max, wie oft muss ich dir noch sagen, dass du dein Meerschweinchen nicht mit ins Badezimmer nehmen sollst. Irgendwann fällt es dir ins Wasser und entgegen ihrem Namen können Meerschweinchen nur schlecht schwimmen!“
Max saß immer noch voller Schaum im Gesicht in der Badewanne. Sein Meerschweinchen Uschi saß in einem Körbchen, das er an den Rand der Badewanne gestellt hatte, und knabberte genüsslich an einer Mohrrübe.
„Ach, Mama, wir haben gerade so schön gespielt. Darf ich noch fünf Minuten im Wasser bleiben?“ Er war etwas traurig, dass die spannende Schlacht unterbrochen worden war, auch wenn Kapitän Uschi schon längst gewonnen hatte und die Gefangene gerettet war.
Seine Mutter erhob mahnend den Zeigefinger und wuschelte ihrem Sohn durch die nassen Haare. „Na gut Max, noch fünf Minuten, dann kommst du aus der Wanne raus. Das Wasser ist bestimmt schon längst kalt und wir wollen gleich zusammen zu Abend essen. Aber die Puppe deiner Schwester nehme ich schon mal mit. Jungen spielen doch gar nicht mit Puppen. Du hast wirklich zu viele Flausen im Kopf.“
Kopfschüttelnd griff sie nach der blonden Barbiepuppe im Wasser und verließ das Badezimmer. Nachdem Max’ Mutter die Badezimmertür geschlossen hatte, nickten sich Max, Kapitän Uschi und der einbeinige Soldat zu. Nächstes Wochenende, wenn wieder Badezeit war, würden sie sich erneut in die Schlacht stürzen und für die Gerechtigkeit kämpfen.
Dr. med. Barbara Bellmann wurde 1984 in Hagen/Westfalen geboren. Sie ist Kardiologin. Im Sommer 2013 zog sie nach Berlin. Sport und Literatur begeistern sie neben ihrer Tätigkeit als Ärztin. Seit einigen Jahren widmet sie sich nach der Arbeit ihrer Leidenschaft dem Schreiben. Hier konnte sie schon erste Erfolge erzielen.