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2. Die Allgemeinverfügung als Sonderfall des Verwaltungsakts, § 35 S. 2 VwVfG
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Fall 9:
Die niedersächsische Gemeinde Marienburg betreibt eine Wasserversorgungsanlage als öffentlich-rechtliche Anstalt für ihre Einwohner. Im Sommer kommt es als Folge einer längeren Schönwetterperiode zu einem Wassernotstand. Daraufhin erlässt der Bürgermeister einen Wassersparaufruf folgenden Inhalts: „Ab sofort ist bis auf Weiteres die Verwendung von Trinkwasser zum Gießen der Gärten und Sprengen der Rasenflächen zu unterlassen.“ Welche Rechtsnatur hat der Wassersparaufruf? Rn 356
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Die Allgemeinverfügung nach § 35 S. 2 ist eine besondere Form des VA[96]. Bereits vor Erlass des VwVfG war anerkannt, dass eine dem Normalfall des VA grds. gleichzustellende Allgemeinverfügung vorlag, wenn der Adressatenkreis zwar nicht bestimmt, aber doch bestimmbar war[97]. Dies hat der Gesetzgeber in der adressatenbezogenen Allgemeinverfügung nach § 35 S. 2, 1. Var. aufgriffen. Er ist beim Erlass des VwVfG aber darüber hinausgegangen und hat in § 35 S. 2, 2. und 3. Var. auch die sachbezogene und die nutzungsbezogene Allgemeinverfügung anerkannt. Bei diesen beiden Varianten ist der Adressatenkreis nicht mehr bestimmbar.
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Trotz der grundsätzlichen Gleichstellung der Allgemeinverfügung mit dem „normalen“ VA nach § 35 S. 1 ist die Unterscheidung von erheblicher Bedeutung. Denn bei Allgemeinverfügungen hat der Gesetzgeber die allgemeinen Anforderungen an das Verfahren modifiziert. So kann nach Maßgabe des § 28 Abs. 2 Nr. 4 bei Allgemeinverfügungen von einer Anhörung abgesehen werden (dazu auch Rn 496). Darüber hinaus kann eine Allgemeinverfügung nach § 41 Abs. 3 S. 2 öffentlich bekannt gemacht werden (dazu auch Rn 447). Schließlich hat der Gesetzgeber bei öffentlich bekannt gemachten Allgemeinverfügungen in § 39 Abs. 2 Nr. 5 auch die Anforderungen an eine Begründung gelockert (dazu auch Rn 515 f)[98].