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I. Ermächtigungsgrundlage und VA-Befugnis
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Eine erste wichtige Vorfrage bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit ist zunächst die Bestimmung der Ermächtigungsgrundlage. Denn an dieser muss letztlich die Rechtmäßigkeit des VA bemessen werden. In den Bereichen der Eingriffsverwaltung bedarf es wegen des Vorbehalts des Gesetzes stets einer Ermächtigungsgrundlage (s.o. Rn 183 f). Oftmals ist es in solchen Fällen aber nicht problematisch, ob eine Ermächtigungsgrundlage vorhanden ist; vielmehr gilt es, unter mehreren möglichen Ermächtigungsgrundlagen die „richtige“ zu ermitteln. Dies gilt insbes. für das Recht der Gefahrenabwehr: Dort existiert neben den allgemeinen Polizeigesetzen eine Vielzahl besonderer Gesetze, etwa im Versammlungsrecht. Hier muss zunächst ermittelt werden, ob das speziellere Gesetz einschlägig ist oder das allgemeine. Gelangt man zur Anwendbarkeit der allgemeinen Polizeigesetze, so ist innerhalb dieser die „richtige“ Ermächtigungsgrundlage zu ermitteln[1].
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Zudem muss die Ermächtigungsgrundlage ihrerseits mit höherrangigem Recht in Einklang stehen. Denn eine verfassungswidrige Ermächtigungsgrundlage vermag keinen Eingriff in Grundrechte zu rechtfertigen. Allerdings sollte auf die Vereinbarkeit einer Ermächtigungsgrundlage mit höherrangigem Recht nur dann eingegangen werden, wenn diese Frage im (Klausur-)Sachverhalt aufgeworfen wird oder ernsthafte Zweifel an der Verfassungskonformität bestehen[2].
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Auch die Frage der VA-Befugnis ist mit dem Vorbehalt des Gesetzes verwoben. Sie bezieht sich auf die Frage, ob die zuständige Behörde nicht nur allgemein handeln, sondern gerade auch die Handlungsform des VA nutzen darf[3]. Denn es geht insoweit um eine Handlungsform, die in Bestandskraft erwachsen und unter gewissen Voraussetzungen auch vollstreckt werden kann (s.o. Rn 460 und 461)[4]. Teilweise wird die öffentliche Verwaltung ausdrücklich ermächtigt, die Handlungsform des VA zu nutzen. Dies gilt etwa für die Erstattung der Leistung einer Behörde nach rückwirkender Aufhebung des zugrundeliegenden Leistungsbescheids (§ 49a Abs. 1 S. 2; s.u. Rn 922). Im Übrigen genügt es jedoch, wenn sich die VA-Befugnis durch (sonstige) Auslegung ermitteln lässt[5]. Unzulässig ist die Handlungsform des VA hingegen bei der Geltendmachung von Ansprüchen aus einem öffentlich-rechtlichen Vertrag: Denn die Behörde hat sich durch den Vertragsschluss auf die Ebene der Gleichordnung begeben. Hierzu stünde es in Widerspruch, wenn sie wieder einseitig zu hoheitlichen Maßnahmen zurückkehren dürfte (s.u. Rn 800)[6].