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Vom Wert der physischen Welt

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Alle Arbeit hat Würde, weil sie ein Spiegel unserer Gottesebenbildlichkeit ist – aber auch, weil die physische Schöpfung, für die wir sorgen sollen, gut ist. Die Griechen sahen den Tod als Freund, weil er uns aus dem Gefängnis des Leibes befreite. Die Bibel sieht den Tod nicht als Freund, sondern als Feind (1. Korinther 15,26), weil die Welt, die Gott erschaffen hat, herrlich und gut ist (1. Mose 1,31) und in Ewigkeit existieren wird (Offenbarung 22,1-5). Die biblische Schöpfungslehre steht voll in Einklang mit der Lehre von der Menschwerdung Gottes in Jesus und der Auferstehung (bei der Gott nicht nur die Seele, sondern auch den Leib erlöst!). Der christliche Glaube ist zutiefst „pro-leiblich“. Für den Christen ist selbst die Zukunft, die Gott uns verheißt, eine leibliche Zukunft. Für manche Weltanschauungen ist der Geist grundsätzlich realer und wahrer als der Körper, andere betrachten umgekehrt das Geistliche als Illusion und das Physische als die einzige Wirklichkeit. Keine dieser Auffassungen findet sich in der Bibel.

Christen wissen darum, dass die Welt gut ist. Sie ist nicht lediglich die vorübergehende Bühne für unsere individuellen Erlösungsgeschichten, nach denen wir als körperlose Geister in einer anderen Dimension leben werden. Für die Bibel ist diese Welt der Vorläufer des neuen Himmels und der neuen Erde, die bei der Erneuerung aller Dinge (Matthäus 19,28; Römer 8,19-25) gereinigt, wiederhergestellt und erneuert werden wird. Keine andere Religion hat eine Zukunftsvision, in der Materie und Geist auf ewig miteinander verbunden sein werden. Und so sind für den Christen Vögel, die fliegen, Ozeane, die brausen, und Menschen, die essen, laufen und lieben, etwas Gutes – jetzt und für immer.

Daraus folgt, wie wir gesehen haben, dass Christen Arbeit, die uns in engen Kontakt mit der materiellen Welt bringt, nicht verachten dürfen. Das Pflegen dieser materiellen Welt (und wenn es das Rasenmähen ist) hat einen Wert. Das heißt weiter, dass „säkulare“ Arbeiten nicht weniger wertvoll und edel sind als die „geistliche“ Arbeit des Berufschristen. Wir sind beides: Körper und Seele, und zum biblischen Schalom gehört das Wohlergehen des Körpers genauso wie das der Seele. Es geht um „Speise, die satt macht, Dächer, die den Regen abhalten, Schatten, der vor der Sonnenhitze schützt“, um „die Befriedigung der materiellen Bedürfnisse und Wünsche von Männern und Frauen … Wo Firmen physische Dinge produzieren, die das Wohl der Gesellschaft vermehren, tun diese Firmen eine Arbeit, die bei Gott zählt.“48

In Psalm 65,10-11 und 104,30 kultiviert Gott den Erdboden durch den Regen, den er schickt, und macht durch seinen Geist „neu die Gestalt der Erde“ (LU). In Johannes 16,8-11 dagegen öffnet der Heilige Geist die Augen der Menschen für ihre Sünde und Gottes Gericht – die typische Arbeit eines Pastors oder Predigers. Der gleiche Geist Gottes tritt als Gärtner und als Prediger in Aktion! Beides ist Gottes Werk. Wie können wir da sagen, dass das eine hoch und edel ist und das andere niedrig und würdelos?

Wir haben ein exzellentes Fundament für das Verständnis unserer Arbeit, wenn wir begriffen haben, dass die Schöpfung gut ist und daher Arbeit Würde hat. Wir arbeiten in einer wunderbaren Welt, die mindestens zum Teil dafür da ist, dass wir uns an ihr freuen. Der Verfasser des Schöpfungsberichtes fordert uns auf, mit Ehrfurcht und Staunen vor dem Reichtum der Schöpfung zu stehen, die von Leben nur so wimmelt. Gott ist ganz offensichtlich ein großer Freund von Vielfalt und Kreativität. Andere Bibelstellen sagen uns, dass Gottes Schöpfungshandeln aus der schieren Freude am Erschaffen entspringt (vgl. Sprüche 8,27-31). Auch dies gehört zu Gottes Plan für unsere Arbeit dazu, und so wäre unser Arbeiten heute noch, wäre nicht der Sündenfall dazwischengekommen, der alles beeinträchtigt hat, einschließlich unserer Arbeit.

Gott hat uns erschaffen zur Arbeit und für die Würde, die sie uns als Menschen gibt (egal, mit welchem Status und welcher Bezahlung dies verbunden ist). Dieses Prinzip hat weitreichende Folgen für unser Leben. Wir haben die Freiheit, Arbeit zu suchen, die unseren Gaben und Leidenschaften entspricht. Wir können für andere Tätigkeiten offen sein, wenn die Wirtschaft kriselt und der Arbeitsmarkt schwächelt. Wir haben keinen Grund mehr, herabzuschauen auf andere oder uns als etwas „Besseres“ zu fühlen – und auch nicht, neidisch zu sein oder uns minderwertig zu fühlen. Und jeder Christ sollte fähig sein, mit ehrlicher Überzeugung und Befriedigung zu sagen, auf welche Weise er mit seiner Arbeit an Gottes schöpferischer Kreativität und der Kultivierung der Erde teilnimmt. Aber dazu müssen wir uns dem biblischen Verständnis von Kultur zuwenden.

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