Читать книгу Verhaltenstherapie bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen - Tina In-Albon - Страница 25
Beispiele für Shaping, Chaining, Prompting, differenzielle Verstärkung und Methode inkompatibler Reaktionen
ОглавлениеShaping
Ein Kind soll lernen, sich selbstständig anzuziehen. Statt nur das vollständige Anziehen zu belohnen, werden auch einzelne Schritte im Anziehprozess belohnt, wie z. B. das selbstständige Anziehen einer Socke oder dann der Hose.
Chaining
Das Kind soll lernen, sich morgens selbstständig anzuziehen. Als Handlungsschritte wären dies: Schlafanzug ausziehen, sich waschen, abtrocknen, Kleidung anziehen. Zunächst wird das Kind für das Anziehen der Kleider verstärkt, später für das Abtrocknen, dann für das sich Waschen und schließlich für das Ausziehen. Nachdem das Kind die einzelnen Schritte zur Erreichung des Ziels angezogen zu sein erlernt hat, wird es nur dann belohnt, wenn es sich komplett eigenständig angezogen hat.
Prompting
Das Kind soll lernen, sich selbstständig anzuziehen. Die Aufmerksamkeit des Kindes wird verbal z. B. auf die vorbereitete Kleidung auf dem Bett oder auf den Umstand, dass es immer noch den Schlafanzug trägt, gelenkt. So wird das gewünschte Verhalten des Anziehens initiiert.
Differenzielle Verstärkung
Zeigt sich über ein bestimmtes Zeitintervall kein aggressives Verhalten, erfolgt eine Aufmerksamkeitszuwendung. Tritt das unerwünschte Verhalten aber in dieser Zeit auf, wird die Zeit wieder zurückgestellt.
Methode inkompatibler Reaktionen
Zunächst muss ein Verhalten identifiziert werden, das mit dem Problemverhalten nicht vereinbar ist bzw. nicht gleichzeitig mit dem Problemverhalten auftreten kann. So ist prosoziales Verhalten gegenüber den Klassenkameradinnen nicht vereinbar bzw. kann nicht gleichzeitig mit aggressivem Verhalten auftreten. Es wird daher jegliches prosoziale Verhalten gegenüber den Klassenkameradinnen belohnt werden.
Allgemein sind kurzfristige Verhaltenskonsequenzen verhaltenswirksamer als langfristige. Ein komplexes erwünschtes Verhalten wird am besten über Zwischenziele verstärkt. Es lassen sich unterschiedliche Arten von Verstärkern unterscheiden. Zum einen gibt es primäre bzw. sekundäre Verstärker. Primäre Verstärker (z. B. Essen) befriedigen psychische oder physische Grundbedürfnisse und wirken ohne vorausgehende Lernprozesse. Diese sind allerdings nur wirksam, wenn das entsprechende Grundbedürfnis besteht (z. B. Hunger). Sekundäre bzw. konditionierte Verstärker entstehen durch die wiederholte Kopplung eines neutralen Reizes an einen primären Verstärker. Eine andere Unterscheidung ist die zwischen sozialen Verstärkern (z. B. Lob, Umarmung, Beziehungszeit), materiellen Verstärkern (z. B. Spielzeug, Süßigkeiten) und Handlungsverstärkern (z. B. Spielen, Lesen, Musik hören). Bei der Auswahl der Verstärker sollten die Vorlieben des Kindes berücksichtigt werden, damit sie einen motivierenden (extrinsischen) Anreiz darstellen. Dabei gilt es, eine angemessene Dosierung von Verstärkung zu finden. Die materiellen Verstärker dürfen daher nicht von unangemessen hohem Wert sein. Bestrafung als alleinige Konsequenz sollte nach Möglichkeit vermieden werden, da sie unerwünschtes Verhalten nur kurzzeitig hemmen kann, aber das Verhalten nicht gelöscht wird. Auch lernt das Kind keine Alternative zu seinem Verhalten und ist so in seiner Entwicklung gehemmt. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, Bestrafung für unerwünschtes Verhalten nur dann einzusetzen, wenn gleichzeitig erwünschtes Verhalten verstärkt wird. Eine häufig im Rahmen der Therapie eingesetzte Form der Bestrafung ist das Time-out bzw. die Auszeit. Das Time-out, die Auszeit, beschreibt eine festgelegte Zeitspanne, in der sich das Kind aufgrund gezeigten Problemverhaltens in einer nicht verstärkenden, nicht interessanten Umgebung aufhalten muss. Die Auszeit ist dann einzusetzen, wenn sich das Verhalten weder mit Token- noch mit Token-Entzugs-Systemen verändern lässt. Da die Auszeit die Eltern-Kind-Beziehung belasten kann, sollten vorher Therapiebausteine zur Förderung positiver Eltern-Kind-Interaktionen eingesetzt werden. Die Auszeit dient vor allem dazu, dysfunktionale Aufschaukelungsprozesse und damit konditionierte Reaktionen zu unterbrechen, z. B. wenn das Kind die Kontrolle über sein Verhalten verliert wie bei starken Wutausbrüchen. In diesen Situationen bietet die Auszeit dem Kind die Möglichkeit, sich zu beruhigen. Diese Technik sollte jedoch sehr gut geplant, vorbereitet und gezielt eingesetzt werden ( Kasten).