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5 Psychotherapie

Lernziele

• Sie können Psychotherapie definieren.

• Sie kennen allgemeine Wirkfaktoren der Psychotherapie.

Unter Psychotherapie versteht man die Behandlung von Menschen mit psychischen Störungen mit psychologischen Mitteln. Gemäß dem deutschen Psychotherapiegesetz (PsychThG, 1999) ist Psychotherapie eine mittels wissenschaftlich anerkannter Verfahren vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Störungen mit Krankheitswert, bei denen Psychotherapie indiziert ist.

Bekannt und durchaus noch aktuell ist die Definition von Psychotherapie nach Strotzka (1975): »Psychotherapie ist ein bewusster und geplanter interaktionaler Prozess zur Beeinflussung von Verhaltensstörungen und Leidenszuständen, die in einem Konsensus [Patientin, Therapeutin, Bezugsgruppe] für behandlungsbedürftig gehalten werden, mit psychologischen Mitteln (durch Kommunikation) meist verbal, aber auch non-verbal, in Richtung auf ein definiertes, nach Möglichkeit gemeinsam erarbeitetes Ziel (Symptomminimalisierung) mittels lehrbarer Techniken auf der Basis einer Theorie des normalen und pathologischen Verhaltens. In der Regel ist dazu eine tragfähige Bindung notwendig.«

Zu den Kriterien von Psychotherapie kann folgendes erläutert werden:

• Psychotherapie als geplanter zielorientierter Prozess: Dabei geht es darum, dass Psychotherapie auf explizite Regelsysteme – Verhaltensstörungen und Leidenszustände – Bezug nimmt, d. h. wie, warum und mit welchen Mitteln ein Interventionsziel erreicht werden kann. Damit einhergehend sind therapeutische Ziele konkret und teilweise kurzfristig.

• Veränderung psychischer Prozesse mittels psychologischer Mittel auf der Grundlage einer Theorie: Eine Veränderung seelischer Merkmale und Prozesse wird explizit durch den Einsatz psychologischer Verfahren bewirkt (in Abgrenzung zum Einfluss von Medikamenten).

• Interaktiver Charakter und emotionale Komponente: Damit werden die spezifische Rollenstrukturierung – Therapeutin und Patientin – und die therapeutische Beziehung angesprochen. Für die therapeutische Beziehung gibt es klare Regeln der Interaktion. Jedoch ist diese auch ein allgemeiner Wirkfaktor und in Kombination mit spezifischen Methoden ein zentraler Aspekt für das therapeutische Lernen.

• Lehr- und Lernbarkeit: Damit wird festgehalten, dass die Verfahren und Prozesse operationalisiert werden, z. B. durch den Einsatz von Manualen.

Das Ziel der Psychotherapie ist die Reduktion oder Heilung von psychischem Leiden sowie der jeweiligen Symptomatik – in Form von belastenden Gefühlen oder bestimmten Symptomen – sollte aber auch die Funktionsfähigkeit und die Lebensqualität der Betroffenen und des Umfeldes verbessern.

Für das Kindes- und Jugendalter kann ergänzt werden, dass Psychotherapie meistens das Umfeld (Eltern, Lehrpersonen, andere Bezugspersonen) einbezieht.

Allgemeine Rahmenbedingungen

Eine Psychotherapie kann in verschiedenen Einrichtungen und in verschiedenen Settings durchgeführt werden. So kann die Psychotherapie ambulant, teilstationär oder stationär erfolgen, sowie individuell oder in der Gruppe, bzw. in einer Kombination davon. Für welche Patientinnen, welche Form des Settings am wirksamsten ist, kann derzeit nur ungenügend beantwortet werden. Faktoren, die eine Rolle spielen können, sind das Alter der Patientinnen, der Schweregrad der Störungen, Fremd- und Selbstgefährdung, Funktionsfähigkeit, bisheriger Behandlungsverlauf, soziales/familiäres Umfeld, sowie Risiko- und Schutzfaktoren wie oben ausgeführt.

5.1 Allgemeine Wirkfaktoren

Für einen Therapieerfolg sind spezifische und allgemeine Wirkfaktoren zu sichern und zu berücksichtigen (für einen Überblick siehe Pfammatter et al., 2012). Zunächst ist vor der Anwendung und Durchführung von verschiedenen Methoden, der Aufbau einer ausreichend guten therapeutischen Beziehung, sowohl zu den Kindern oder Jugendlichen als auch zu den Bezugspersonen, eine Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche psychotherapeutische Arbeit. Grundwerte sind Feinfühligkeit, Empathie, Kongruenz und Authentizität.

Die Psychotherapieforschung zu therapeutischen Wirkfaktoren bei Kindern und Jugendlichen findet deutlich seltener statt als die Wirksamkeitsforschung. Dabei untersucht die Prozessforschung die Wirkfaktoren einer psychotherapeutischen Intervention, mit dem Ziel, diese zu identifizieren und so gut wie möglich zu optimieren. Des Weiteren betrachtet die Prozess-Ergebnis-Forschung den Einfluss des Therapieprozesses auf das Therapieergebnis. Daher sind Verlaufsmessungen zur Analyse des therapeutischen Prozesses für ein Gelingen der Therapie sinnvoll.

Ein bekanntes Modell zu den allgemeinen therapeutischen Wirkfaktoren hat Grawe (1995) mit seinem Modell einer allgemeinen Psychotherapie vorgelegt. Nachfolgend werden die vier auf Grawe (1995) zurückgehenden Wirkfaktoren, Problembewältigung, Motivationale Klärung, Ressourcenaktivierung und Problemaktualisierung, beschrieben und für die Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie angewandt.

Die Ressourcenaktivierung dient nicht nur der Steigerung des allgemeinen Wohlbefindens, sondern auch der Kompensation pathogener Zustände, die beispielsweise durch unreife Verhaltensweisen die Bewältigung weiterer Entwicklungsaufgaben behindern (Flückiger & Studer, 2009; Petermann & Schmidt, 2006). Außerdem können durch Ressourcenaktivierung die Erfolgserwartung bezüglich der Therapieziele, die Motivierung zur Verhaltensänderung und die Entwicklung einer guten therapeutischen Beziehung, sowohl mit der Patientin als auch mit den Bezugspersonen gefestigt werden (Döpfner, 2013; Flückiger & Studer, 2009; Grawe & Grawe-Gerber, 1999). Die therapeutische Beziehung wird bei Grawe als ein Element der Ressourcenaktivierung zugeordnet. Die Bedeutung der Arbeitsallianz ist unabhängig von der therapeutischen Grundausrichtung unumstritten (Döpfner, 2009a; Shirk & Karver, 2003) und kann als notwendige, wenn auch nicht hinreichende Basis für weitere psychotherapeutische Maßnahmen gesehen werden (Lammers & Schneider, 2009; Martin, Garske & Davis, 2000). Der Wirkfaktor Problemaktualisierung ist definiert als das unmittelbare Erfahrbarmachen der eigenen Probleme (Grawe, 1995), welche nur dann wirksam verändert werden können, wenn sie als solche benannt und ausgearbeitet werden (Döpfner, 2013). Bei der Klärungsperspektive geht es darum, dass die Therapeutin die Patientin und ihre Bezugspersonen darin unterstützt, sich ihrer Ziele, Motive und Werte klarer zu werden (Döpfner, 2013; Eckert, 2000; Grawe 1995). Dabei steht die gemeinsame Erarbeitung eines konkreten Störungskonzeptes und einer Interventionsstrategie im Vordergrund (Döpfner, 2013). Die aktive Hilfe zur Problembewältigung steht im Zentrum der therapeutischen Arbeit. Die Therapeutin hat die Aufgabe, die Patientin bei der Bewältigung ihrer Probleme aktiv zu unterstützen, sodass diese lernen kann, problematische Verhaltensweisen, Gefühle und Gedanken nachhaltig zu verändern (Grawe, 1995; Lammers & Schneider, 2009).

5.2 Überprüfung der Lernziele

• Definieren Sie Psychotherapie.

• Beschreiben Sie allgemeine Wirkfaktoren von Psychotherapie.

Verhaltenstherapie bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen

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