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Epiphanias

Die Finsternis vergeht und das wahre Licht scheint jetzt.

(1. Johannes 2,8b)

Das wahre Licht

Peter Härtling erzählt in seinem Buch „Nachgetragene Liebe“ folgende Szene, die er selbst erlebt hat: Sein Vater, ein Anwalt, ist besorgt über ihn, den Sohn, der in grobe, nationalsozialistische Gesellschaft geraten ist. Und so nimmt er ihn mit zu einem Besuch bei einem Mandanten, den er vertritt. Dieser ist ein Jude und heißt ausgerechnet „Glück“ mit Nachnamen. Aber er hat kein Glück, im Gegenteil: Alles ist ihm genommen worden, und seine Deportation in das Konzentrationslager Theresienstadt steht bevor. Und doch empfängt er Vater und Sohn freundlich. Der Sohn verfolgt das Gespräch der beiden erwachsenen Männer:

„Ich kann Ihnen nicht helfen. Vater spricht sehr leise.

Ich weiß. Herr Glück nickt zustimmend. Vaters Hilflosigkeit verletzt ihn nicht. Vater fügt noch einen schlimmen Satz hinzu:

Ich weiß gar nicht, warum ich noch gekommen bin.

Herr Glück richtet sich auf. Seine Augen werden groß und freundlich. Damit Sie mir nicht auch noch verloren gehen, sagt er.

Vater hat wohl mit einer solchen Antwort nicht gerechnet. Er legt überrascht die Hand auf die Brust und fordert mich auf, in den Garten zu gehen.“

Später verabschieden sich die beiden Männer mit einer Umarmung. Befremdet und erstaunt steht der Sohn daneben. Er versteht erst viel später, was dort geschehen ist: Diesem Mann, dem alles genommen wurde, soll es jetzt auch noch an sein Leben gehen. Er weiß es, und der Vater, sein Anwalt, weiß es auch. Er hat alles versucht, doch vergeblich. Nun kann er nichts mehr tun. Und trotzdem besucht er Herrn Glück. Der Anwalt mag machtlos sein. Der Mensch aber ist es nicht.

Herr Glück wird seine wenigen Habseligkeiten in einen Koffer packen. Er wird schon bald in einer Schlange stehen und auf den letzten Zug seines Lebens warten. Dieser Anwalt aber, der zu einem Menschen geworden ist, der seine Verzweiflung teilt und da ist bis zuletzt, er ist ihm nicht verloren gegangen.

Und darum nur geht es: dass wir bleiben, auch, wenn unsere Hände leer und wir selbst machtlos sind. Dass wir dem anderen, der alles verliert, am Rand des Lebens nicht auch noch verloren gehen. Dann scheint selbst in der tiefsten Finsternis ein Licht, von dem man sagen kann: Das wahre Licht scheint jetzt.

Geheiligt werde

Sie nennen nie

seinen Namen.

Sie legen ihr Augenmerk

auf unscheinbare Wesen

am Rande.

Sie versperren engen Stirnen

beharrlich den Weg

und weisen mit Worten

ins Weite.

Sie gewähren

abgewiesener Hoffnung

ein Bleiberecht

und schreiben Briefe

gegen den Tod.

Nie nennen sie

seinen Namen.

Sie sagen: Zukunft.

Oder: Kinder.

Sagen: Evolution.

Oder: eine Welt.

Erdennah - Himmelweit

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