Читать книгу Erdennah - Himmelweit - Tina Willms - Страница 5
Оглавление1. Advent
Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer.
(Sacharja 9,9)
Als habe einer gewartet
Sie drückt die Klinke hinunter und öffnet die schwere Tür. Lange schon ist sie nicht mehr hier gewesen. Jetzt betritt sie leise den Kirchenraum.
Langsam geht sie nach vorn, Schritt für Schritt, schaut auf das runde Fenster über dem Altar, das im Sonnenschein bunte Lichtflecken in den Raum wirft. Es kommt ihr vor, als sei die Kirche kleiner geworden.
Sie setzt sich in die zweite Bank. Da hat sie als Konfirmandin immer gesessen. Eigentlich ist sie damals ganz gern hergekommen. Sie mochte besonders die Lieder. Und den Segen zum Schluss. Aber das durfte man natürlich nicht sagen.
Sie schaut auf den Adventskranz, der neben dem Altar hängt. Drei neue Kerzen, eine angebrannte. Es geht im Eiltempo auf Weihnachten zu.
Sie ist schon lange nicht mehr in einer Kirche gewesen. Keine Zeit. Im Advent schon gar nicht. Da ist ja so viel zu tun.
Nein, eigentlich ist es nicht nur die Zeit, die fehlt. Ehrlich gesagt war sie auf den lieben Gott in den letzten Jahren nicht gut zu sprechen. Die Trennung von ihrem Mann, das war hart. Und dann noch der Tod ihrer Mutter, der so plötzlich kam. Tränen steigen ihr in die Augen. Sie vermisst sie noch immer. Manchmal hat sie sich gefragt, wo da Gott wohl geblieben ist. Ob er sie vergessen hat?
Ihr Blick fällt auf das Bild über dem Altar: Maria, Josef und das Kind. Ein Säugling, gerade erst geboren. Doch von seiner Krippe geht ein Lichtschein aus. Sie spürt ihre alte Sehnsucht wieder, nach einem, der Licht in dunkle Zeiten bringt. „Ich habe Gott aus den Augen verloren“, denkt sie.
Sie nimmt das Gesangbuch, das hat wohl einer in der Bank liegen gelassen. Lied Nummer eins steht an der Anschlagtafel. Neugierig schlägt sie es auf. Das erste Lied im Gesangbuch ist ein Adventslied: „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit“.
Sie denkt daran, wie sie vorhin die schwere Kirchentür geöffnet hat. Zum ersten Mal seit langem. Sie ist froh, dass sie gekommen ist. Es ist, als habe hier einer auf sie gewartet.
Guter Gott,
wie schwer ist das:
den Riegel zurückzuschieben,
den Schlüssel zu drehen,
die Tür zu öffnen.
Wie viel Mut kostet es,
den Zaun abzubauen,
die Mauern zu öffnen,
die Grenzen zu weiten.
Mach uns empfänglich
für deine Weise,
zu uns zu kommen.
Damit wir dich willkommen heißen
mit offenem Herzen
und sanftem Mut.