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Barbaratag (4. Dezember)

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An einem Morgen im Dezember ziehe ich mir die dicke Jacke über. Dann nehme ich mir die Rosenschere und trete vor die Tür. In der Nacht hat es geschneit, unberührt liegt der Garten vor mir. Ich ziehe Gummistiefel an und setze den Fuß in den ersten Schnee. Der Schnee macht alles stiller, er dämpft die Geräusche. Leise knirscht es unter den Sohlen, als ich zum Forsythienbusch gehe. Ich schneide drei Zweige ab, einige Flocken schweben zu Boden.

Einige Male atme ich die frische Luft ein und aus. Dann gehe ich zurück ins Haus, um die Zweige in eine Vase zu stellen.

Es ist der 4. Dezember. Barbaratag.

Barbara soll im 3. Jahrhundert nach Christus in Nikomedia gelebt haben. Als sie Christin werden wollte, versuchte ihr Vater, sie mit allen Mitteln davon abzuhalten. Doch Barbara setzte ihr Vorhaben durch und ließ sich taufen. Als ihr Vater davon erfuhr, brachte er sie vor Gericht und ließ sie zum Tode verurteilen.

Die Legende erzählt, dass Barbara auf dem Weg ins Gefängnis sich mit ihrem Gewand an einem Zweig verhakte. Der Zweig brach, Barbara nahm ihn mit und stellte ihn im Gefängnis in ein mit Wasser gefülltes Gefäß. Er blühte an dem Tag, als das Todesurteil über sie gesprochen wurde – als wolle er widersprechen mit einer leisen, doch deutlichen Stimme.

Der Vater aber hörte diese Stimme nicht. Er selbst soll seine Tochter enthauptet haben. Noch am selben Tag soll er von einem Blitz erschlagen worden sein.

Der 4. Dezember ist der Legende nach Barbaras Todestag. Zweige, die an diesem Tag geschnitten werden und dann in der warmen Wohnung in eine Vase gestellt werden, werden am Heiligen Abend blühen, so sagt man.

Solche Barbarazweige überbrücken eine kalte und dunkle Zeit. Draußen erscheint alles erstarrt. Auch der Zweig ist blattlos und kahl. Eine Veränderung ist viele Tage lang kaum zu erkennen. Nichts zu sehen vom Leben, das wieder blühen wird.

Geduld ist gefragt. Beharrlichkeit. Hoffnung gegen den Augenschein.

Nicht aufzugeben, auch wenn alles aussichtslos erscheint.

Einmal wird der Zweig blühen. Am Geburtstag des Kindes, von dem es in einem Lied heißt, es blühe selber wie eine Rose: „mitten im kalten Winter wohl zu der halben Nacht.“ (EG 30).

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