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Der Super-Supermarkt

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Ende September im Supermarkt. Gleich am Eingang ist ein Tisch aufgebaut. Der war letzte Woche noch nicht da. Spekulatius sind dort aufgestapelt. Lebkuchen. Christstollen, Schokoladenweihnachtsmänner.

Wieder eine Woche früher als im letzten Jahr. Wenn das so weitergeht, rechne ich aus, werde ich es noch erleben können, dass ich die ersten Weihnachtsartikel im Januar kaufen kann. Spätestens.

Dann werden vielleicht neben den Weihnachtsmännern die Osterhasen stehen und gefärbte Eier bei den Christstollen.

Oder ganz anders. Die Jahreszeiten finden nicht mehr draußen, sondern im Supermarkt statt. Für jeden Monat gibt es eine eigene Abteilung.

Im Januarabschnitt kann ich Grünkohl kaufen, im Februarregal liegen Pappnasen und Hexenkostüme aus. Aus Lautsprechern tönt Musik, die dazu passt.

In der Maiabteilung singt einer Liebeslieder. Und im Oktober, bei den Kürbissen, klingt es melancholisch und herbstlich.

Beim Dezember fühlt man sich wie auf dem Weihnachtsmarkt: „Kling, Glöckchen, klingelingeling“, „Leise rieselt der Schnee“.

In der Ecke ist ein immerwährender Tannenbaum aufgebaut, nur die Dekoration wird von Zeit zu Zeit modernisiert.

Endlich nicht mehr dieser Stress in der Adventszeit!

Endlich Weihnachten feiern, wenn ich Zeit und Lust dazu habe!

Mittwochs oder sonntags, im Mai oder im Oktober, morgens um sechs oder um Mitternacht. Wenn mir danach ist und ich es nötig habe, gehe ich in den Supermarkt. An manchen Tagen haben sie dort sogar einen Weihnachtsmann, der kleine Werbegeschenke verteilt.

Vielleicht könnte ich sogar meinen ersten Wohnsitz dorthin verlegen. Dann müsste ich abends nicht mehr allein im Dunkeln nach Hause gehen.

Ich könnte im März oder auch im September im Lehnstuhl sitzen, direkt neben dem glitzernden, immergrünen Tannenbaum.

Dort würde ich meinen Enkeln von früher erzählen. Als es noch freie Sonntage gab und Weihnachten nur einmal im Jahr stattfand.

„Das glaube ich nicht, Oma“, würde ein kleines Mädchen vielleicht sagen und mich mit großen runden Augen anschauen, „das hast du dir doch bestimmt nur ausgedacht!“

Zwischen Stern und Stall

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