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Was uns das Gesicht alles verrät

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Wenn wir uns mit dem Auto durch den Straßendschungel einer Großstadt kämpfen, helfen uns die vielen Straßenschilder, die Ampeln und die Bodenmarkierungen dabei, uns zurechtzufinden und, möglichst ohne Unfall, den Verkehr zu meistern. Wir haben die Verkehrsordnung und die Bedeutungen der Beschilderung gelernt und können, ohne groß darüber nachzudenken, flüssig von A nach B fahren. Wir erkennen die vielen Signale ohne Probleme und können uns auf den Verkehr und andere Dinge konzentrieren.

Bei einer Konversation müssen wir auch auf einige Dinge gleichzeitig achten, nur »fahren« dabei die meisten Menschen über rote Ampeln, missachten Vorfahrtsregeln usw. Gehen wir einmal davon aus, die Konversation sei wie der Straßenverkehr und die Stimme, die gesprochene und die nonverbale Sprache geleiteten uns durch den »Konversationsverkehr« von A nach B. Im Gegensatz zum Straßenverkehr beachten die meisten Menschen wie gesagt den größten Teil der Signale nicht, weil sie sich nur auf den Inhalt der ausgesprochenen Wörter konzentrieren. Wenn es hochkommt, wird die Intonation der Stimme noch etwas beachtet und die Körpersprache als Ganzes unbewusst wahrgenommen.

Nun, das Gesicht gibt uns drei Arten von Signalen: »statische« Signale wie die Farbe und Beschaffenheit der Haut, die Form des Gesichts, die Knochenstruktur, Fettpolster, Haaransatz und die allgemeine Symmetrie des Gesichts (Nase, Mund, Augenbrauen, Augen). »Langsame« Signale beinhalten allmähliche Veränderungen über einen längeren Zeitraum hinweg wie erblich bedingten Haarausfall, die Hautalterung und -verfärbung sowie die Veränderungen der Fett-Muskel-Relationen. Zu den »schnellen« Signalen wiederum gehören all die Bewegungen, die durch die Gesichtsmuskeln verursacht werden und so das Gesicht temporär im Aussehen verändern: Verschiebungen der Gesichtszüge, der Symmetrie und die temporären Faltenbildungen. Diese »schnellen« Signale und Veränderungen ergeben sich in der Regel während einer Zeitspanne von Sekunden oder sogar im Bruchteil einer Sekunde.

Alle drei Arten von Gesichtssignalen können bewusst oder unbewusst verändert und maskiert werden: sei es durch Haarstyling, Make-up, Botox, chirurgische Eingriffe, Bartwuchs, eine Brille, Schmuck, Tattoos, aber auch durch einen aufgesetzten oder erzwungenen Gesichtsausdruck. Das Gesicht sendet Signale zu unseren Emotionen, Stimmungen, Einstellungen, zu Charakter, Intelligenz, Alter, Geschlecht, Rasse, Attraktivität.

An dieser Stelle möchte ich jetzt nur auf die Emotionen eingehen, die durch die »schnellen« Signale ausgedrückt werden und am schwierigsten zu lesen sind. Die anderen Signale sind relativ einfach wahrzunehmen und zu deuten und beruhen eher auf Erfahrungs- und Vergleichswerten.

Wenn Emotionen wie Angst, Freude, Überraschung usw. hochkommen oder zutage treten, dann ziehen sich dabei die Gesichtsmuskeln zusammen, und es ergibt sich eine sichtbare Veränderung im Gesicht: Falten erscheinen und verschwinden, die Position und Ausrichtung der Augenbrauen verändern sich, Augen, Nase, Lippen, Kinn und Wangen verändern sich kurzfristig.

Wenn eine Person ein rundes, dickes oder dünnes Gesicht, viele oder wenige Falten hat, asiatischer oder europäischer Abstammung ist, ein junges oder altes Gesicht besitzt, dann ist mit dem Erkennen dessen noch nichts gewonnen: All dies kann Ihnen nichts darüber sagen, ob diese Person wütend, traurig oder fröhlich ist. Sie beurteilen im ersten Moment vielleicht, ob Sie die Person mögen oder nicht, ob diese Person generell gefährlich, langweilig oder attraktiv wirkt, aber nur die »schnellen« Signale können uns letztlich sagen, was eine Person im Moment fühlt – und teilweise auch denkt. Es ist dabei jedoch wichtig zu beachten, dass diese Signale und auch jegliche Art von Körpersprache Deutungsmöglichkeiten, Tendenzen aufzeigen und es keine hundert Prozent Sicherheit der Interpretation geben kann.

Selbst wenn wir eindeutig zu erkennen vermögen, dass jemand sich ehrlich freut oder einer anderen Person gegenüber Abscheu zeigt, können wir meistens ob dieser Reaktionen nicht genau sagen, wie groß die Freude, Wut etc. ist.

Aber mit etwas Übung können wir sehr wohl zwischen falschen und echten Emotionen unterscheiden und sagen, ob jemand etwas vertuschen möchte. Diese Fähigkeit ist in unzähligen Situationen Gold wert!

Bevor wir uns dem Erkennen von Grundemotionen widmen, noch eine kurze Abgrenzung zu den Grundstimmungen: Der Unterschied zwischen einer Emotion und einer Stimmung liegt darin, wie lange ein Gefühl andauert.

Wenn ein Gefühl wie Freude (Wut, Trauer …) aufkommt und einige Minuten, ja vielleicht sogar eine Stunde anhält, dann sprechen wir von einer Emotion. Aber wenn eine Person den ganzen Tag gut drauf ist und ständig ein Gefühl von Freude zeigt, dann sprechen wir von einer Stimmung.

Diese Stimmungen sind einfach zu erkennen, da sie so lange anhalten, meistens sehr offensichtlich sind und immer wieder nach außen getragen werden, daher werde ich hier auch nicht näher darauf eingehen. Bei einer Stimmung wie Wut oder Freude zeigt unser Gesicht in den meisten Fällen nicht alle Ausdrucksmerkmale des Gesichts für das entsprechende Gefühl gleichzeitig. In den meisten Fällen sieht man nur ein oder zwei Merkmale, die über die ganze Zeit sichtbar sind, doch der komplette Gesichtsausdruck »bricht« dann von Zeit zu Zeit sozusagen immer wieder »auf«.

Zu den »schnellen« Gesichtssignalen zählen auch die »Zeichen«: Nachrichten, die unser Gesicht sendet, wie zum Beispiel ein Augenzwinkern oder ein Nicken des Kopfes. Diese Zeichen sind wie bei der Gestik klare Signale, die jeder in der jeweiligen Kultur oder Subkultur zu deuten weiß. Zu diesen Zeichen können wir auch das Hochziehen der Augenbrauen bei einer Frage zählen oder überhaupt die einzelnen Gesichtsanimationen, die wir dazu verwenden, um das gesprochene Wort zu unterstützen. Dies geht Hand in Hand mit der Gestik und ist je nach Person mehr oder weniger ausgeprägt. Bei einer lebhaften Konversation kann es schon sein, dass meine Augenbrauen heftig am »Arbeiten« sind …

Das Gesicht sendet noch viele weitere Signale, die man allerdings nicht immer mit Sicherheit deuten kann, daher konzentrieren wir uns hier auf die Grundemotionen und ihre Mischformen, da diese bei allen Menschen gleich sind und eindeutig zugeordnet werden können.

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