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Gedankenlesen oder die Kunst des Beobachtens

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Wenn Sie gerade eine Armbanduhr tragen, dann verdecken Sie Ihre Uhr mit der Hand, und versuchen Sie, das Zifferblatt der Uhr, ohne dabei auf diese zu schauen, ganz genau zu beschreiben. Sind auf dem Zifferblatt römische oder arabische Zahlen? Sind überhaupt Zahlen darauf? Wenn Sie keine Armbanduhr tragen, können Sie diese Übung auch mit einer Wanduhr oder einem analogen Wecker machen. Wie oft schauen wir Dinge täglich an – und die meisten von uns haben große Schwierigkeiten, diese Gegenstände genau zu beschreiben.

Wie sieht der Tachometer Ihres Autos aus? Kennen Sie die Augenfarben Ihrer engsten Freunde und Verwandten? Schließen Sie die Augen, und beschreiben Sie die Umgebung, in der Sie sich gerade befinden, möglichst genau. Begeben Sie sich in einen andern Raum, und lassen Sie Ihren Blick einmal durch den ganzen Raum schweifen. Schließen Sie dann die Augen. Können Sie aufzählen, was in diesem Raum alles rot, blau etc. ist?

Bei meiner Arbeit als Mentalist ist es sehr wichtig, auf die kleinsten Dinge zu achten und möglichst viel wahrzunehmen. Unser Hirn filtert alle alltäglichen und »uninteressanten« Informationen aus, daher ist es schwer, sich an diese Dinge zu erinnern. Deshalb wissen Sie manchmal auch nicht, ob Sie die Haustür oder das Auto auch wirklich abgeschlossen haben. Wenn wir aber unsere Beobachtungsgabe trainieren, geben wir dem Ganzen wieder eine Bedeutung, und wir erinnern uns leichter an diese alltäglichen Informationen (mehr dazu im Kapitel »Memory«). Es ist schon erstaunlich, wie schlecht unsere Auffassungsgabe ist, wenn wir nicht wissen, worauf wir uns konzentrieren sollen. Nicht nur mit Blick auf Details, sondern auch bei sehr offensichtlichen Veränderungen: der Ehemann etwa, der nicht bemerkt, dass seine Frau beim Frisör war und einen ganz anderen Haarschnitt trägt oder die Haare tönen ließ. Man nennt dieses Phänomen »Veränderungsblindheit«.

Das Gehirn muss ständig selektieren, und wenn etwas (ein Objekt, eine Person usw.) gerade nicht die volle Aufmerksamkeit bekommt, dann geht das unter.

Erst wenn sich die Aufmerksamkeit einem Reiz zuwendet, wird etwas bewusst wahrgenommen. Die Ausrichtung der Aufmerksamkeit beeinflusst die Aktivität gewisser Gehirnstrukturen. Einer der bekanntesten Versuche zur »Veränderungsblindheit« wurde von Daniel Simons und Christopher Chabris in ihrem Buch The Invisible Gorilla beschrieben. Simons’ und Chabris’ Studie zeigt, dass die meisten Menschen nicht einmal vorbeigehende Menschen in einem Gorillakostüm bemerken, solange sie sich auf eine Aufgabe konzentrieren.

Es gibt verschiedene Umsetzungen des Experiments. In einer Version sieht man zwei Teams mit je drei Spielern, ein Team trägt weiße T-Shirts, das andere schwarze. Beide Teams werfen sich untereinander je einen Basketball zu, und der Betrachter des Videos soll genau zählen, wie oft sich das weiße Team den Basketball hin- und herwirft. Während die Spieler beider Teams sich durcheinanderbewegen und sich die Bälle zuwerfen, kommt dann nach einigen Sekunden ein Mensch im Gorillakostüm ins Bild. Der »Gorilla« läuft von der einen Seite zur anderen und bleibt sogar in der Mitte stehen – schaut direkt in die Kamera, trommelt auf seine Brust und läuft anschließend weiter. Es gibt sogar Versionen, wo der Gorilla beim Team in den schwarzen T-Shirts kurz mitspielt und dann, genau in der Bildmitte, auch noch eine Banane isst. Dennoch bemerken ihn die wenigsten Betrachter des Videos. Sie konzentrieren sich voll auf den Ball des weißen Teams und bekommen alles andere nicht mit.

Wenn es nachher darum geht, jemandes Körpersprache zu lesen, dann reicht es natürlich nicht aus, nur zu wissen, was die Bedeutung eines Signals ausmacht, sondern man muss es natürlich zuerst einmal bemerken, bevor man es entschlüsseln kann. Mit anderen Worten: Wenn die meisten Menschen schon einen Gorilla nicht sehen können, ist es nicht verwunderlich, dass sie keine Chance haben, all die nonverbalen Signale ihrer Mitmenschen mitzubekommen.

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