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Wie liest man eine Person?

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Wenn mein leider viel zu früh an Leukämie verstorbener Patenonkel Werner zu uns zu Besuch kam oder ich in den Ferien meinen Geburtsort, die »alte« Heimat Dinslaken, besuchte, gingen wir bei Spaziergängen immer auf »Schatzsuche«. Dies war während der Kindergarten- und Grundschulzeit stets ein großes Vergnügen, und es hat immer viel Spaß gemacht, einige Pfennigmünzen zu finden.

Ganz am Anfang war es einfach nur eine fantastische Erfahrung und mir nicht gleich klar, wieso mein Onkel wusste, dass an der und der Stelle etwas verborgen bzw. versteckt sein sollte … Natürlich kam ich dann aber ziemlich schnell darauf, dass er es selbst war, der die Münzen zu einem früheren Zeitpunkt dort abgelegt haben musste. Er machte es aber richtig und hielt die Illusion aufrecht.

Manchmal versteckte er die Münzen sicher schon ein, zwei Tage vorher, und wenn wir dann einen Spaziergang machten, kamen wir eben zufällig an einem »Schatz« vorbei. Am Anfang konzentrierte ich mich noch ganz auf die Suche an sich – wo würde ich etwas verstecken, gab es Spuren, aber irgendwann habe ich dann bemerkt, dass ich noch schneller zum Ziel kam, wenn ich meinen Onkel ganz genau beobachtete: Seine Körperhaltung, seine Fußstellung (die Fußspitzen zeigen oft automatisch in die korrekte Richtung des versteckten Gegenstandes) oder sein Blick gaben mir unbewusst häufig den passenden Hinweis.

Das Gleiche passierte auch beim »Kinderspiel«, bei dem es darum ging, in welcher Hand sich die Münze oder das Bonbon befindet. Der Vorteil: Wenn eine Person etwas bewusst vertuschen oder verstecken möchte, dann werden die Signale noch viel ausgeprägter gesendet als sowieso schon. Die Schwierigkeit bei einem solchen Spiel – oder auch auf der Bühne – liegt nun aber darin, dass die Testperson sich manchmal auch extra verdächtig aufführt, um Verwirrung zu stiften. Wie ein Poker-Spieler beim Bluffen gleichsam.

Als Kind schon habe ich immer wieder geübt und zu erkennen versucht, in welcher Hand sich das Bonbon oder die Münze befindet. Einerseits über das direkte Erkennen der Körpersprache oder über eine verräterische Reaktion des Gegenübers auf eine Frage von mir. So verwundert es auch nicht, dass ich stets mit Vorliebe und sehr erfolgreich die Gesellschaftsspiele »Meiern 21« (Mäxchen/Liar’s Dice) und »Fünfliberklopfen« (ein Schweizer Spiel, bei dem ein »Detektiv« eine Fünffranken-Münze aufspüren muss, die einer der Mitspieler in einer Hand versteckt hält) gespielt habe!

Auf der Bühne und auch im kleinen Kreise zeige ich übrigens auch heute noch immer gerne meine Sherlock-Holmes’schen Fähigkeiten mit dem einfachen Ratespiel »In welcher Hand befindet sich die Münze/das Bonbon?«. Jeder versteht sofort, um was es geht, da es viele schon einmal als Kind gespielt haben. Die meisten wichtigen Entscheidungen im Leben sind Fünfzig-fünfzig-Entscheidungen, und wenn ich dann vier bis fünf Mal hintereinander richtigliege, ist jedem klar, dass es nicht einfach nur Glück sein kann …

Um eine möglichst hundertprozentige Ausbeute zu bekommen, habe ich mir im Laufe der Jahre sehr viele Methoden und Techniken angeeignet, um die richtige Hand, die mit dem Gegenstand drin, zu erraten. Alles kann ich hier natürlich nicht ausplaudern, aber zumindest ein, zwei Techniken, die Sie relativ einfach erlernen und umsetzen können, dürfen es schon sein.

Geben Sie einer Testperson also einen kleinen Gegenstand (Münze, Bonbon, Radiergummi, Batterie …) in die Hand, und fordern Sie sie auf, die Hände hinter den Rücken zu nehmen, um den Gegenstand in einer Hand zu verstecken, und anschließend beide zur Faust verschlossenen Hände wieder nach vorne zu bringen. Sobald Ihr Gegenüber die Hände ausstreckt, betrachten Sie seine Hände genau. Manchmal kann man hier schon an der Handhaltung oder am unterschiedlichen Druck bzw. an der Anspannung erkennen, wo sich der Gegenstand befindet.

Wenn Sie nichts Eindeutiges feststellen können, dann greifen Sie nach seinen Handgelenken, um die Hände ein wenig weiter voneinander zu positionieren. Dies ist natürlich nur ein Vorwand, um die Handgelenke zu berühren. Wenn Sie mit den Fingern die Sehnen beim und hinter dem Handgelenk berühren und spüren, dann werden Sie feststellen, dass Sie bei der Hand mit dem Gegenstand darin eine größere Anspannung spüren können. Das Fühlen des Handgelenkes kaschieren Sie durch das seitliche Auseinanderziehen der Hände. Die große Bewegung (Aktion) kaschiert dabei die kleine Aktion. Für mich kommen diese beiden Methoden nur noch als Back-up infrage, aber für den Anfang sind sie schon mal recht gut zum Üben.

Eine Methode, die ich ständig verwende, die aber leider nicht bei allen Personen funktioniert bzw. bei gewissen Personen nicht immer funktioniert, ist folgende: Beobachten Sie die Person ganz genau, wenn diese die Hände wieder nach vorne bringt. Dann zeigt nämlich oft die Nasenspitze ganz leicht in Richtung der Hand mit dem Gegenstand.

Probieren Sie es aus, Sie werden erstaunt sein, wie viele Menschen dies unbewusst tun. Sicherlich gibt es diejenigen, die bewusst oder per se nicht auf die Hand mit dem Gegenstand schauen wollen, aber dann ist es meist sehr offensichtlich und ebenfalls leicht zu durchschauen. Ein weiteres verräterisches Anzeichen ist, wenn auf einer Seite die Schulter leicht hochgezogen ist (auf dieser Seite befindet sich der Gegenstand) oder der Kopf leicht zur Seite des Gegenstandes geneigt ist.

Wichtig ist, die Person schon gut zu beobachten, bevor es überhaupt losgeht, da manche den Kopf grundsätzlich immer etwas schief halten. Wenn jemand eine Hand sehr viel früher oder deutlich schneller als die andere Hand nach vorne bringt, dann ist in den meisten Fällen die leere Hand die, die zuerst nach vorne gestreckt wird, weil die andere Hand noch beschäftigt ist. Aber wenn eine Hand nur ein wenig früher oder schneller als die andere Hand nach vorne kommt, dann ist dies umgekehrt in vielen Fällen die Hand mit dem Gegenstand darin, da sich die leere Hand etwas später schließt. Dies hängt natürlich davon ab, ob der Gegenstand hinter dem Rücken überhaupt von Hand zu Hand hin- und hergereicht wurde und wie viel Zeit sich die Person bei der Auswahl lässt.

Sie sehen schon, dass es nicht einfach eine hundertprozentige Methode gibt, sondern auf verschiedene Anzeichen zu achten ist, um dann eine Entscheidung zu treffen.

Schön und gut. Ihre Testperson hat sich für eine Hand entschieden und bringt die Hände nach vorne, doch Sie haben keine Ahnung, in welcher Hand sich der Gegenstand befindet. Alles ging zu schnell, und Sie konnten keine klaren Zeichen erkennen. Greifen Sie also nach den Handgelenken, und versuchen Sie den Druck zu spüren (siehe oben) – und wenn Sie dann immer noch nicht mit Bestimmtheit sagen können, in welcher Hand sich der Gegenstand befindet, dann tun Sie so, als ob Sie eine wichtige Sache vergessen hätten zu erwähnen, und lassen Sie sich den Gegenstand zurückgeben. Beobachten Sie nun, in welcher Hand sich der Gegenstand befindet, da die meisten Personen eine Hand bevorzugen und bei einem solchen Spiel tendenziell immer bei derselben Hand bleiben, sodass Sie einen Hinweis haben.

Nehmen Sie den Gegenstand dann entgegen, und zeigen Sie Ihrem Gegenüber an, dass es, nachdem es sich für eine Hand entschieden habe, diese Hand mit dem Gegenstand in die Höhe strecken solle (Sie wenden sich dabei natürlich ab, damit Sie es nicht sehen können), damit die anderen Zuschauer mitbekämen, in welcher Hand sich der Gegenstand befinde. Wenn Sie dieses Spiel nur mit einer Person machen, dann soll sie die Hand mit dem Gegenstand kurz an ihre Stirn halten, um noch fester an diese Hand zu denken. Wenn sie dann wieder beide Hände vorgestreckt hat, soll sie Ihnen Bescheid geben, damit Sie sich wieder umdrehen können. Sobald Sie sich umdrehen, betrachten Sie ganz schnell beide Hände, und Sie werden feststellen, dass eine Hand etwas heller ist als die andere.

Die etwas hellere Hand durchfließt wegen des Hochhaltens weniger Blut – sie ist es, in der sich der Gegenstand befindet. Diese Methode sollten Sie aber nur einmal verwenden, ansonsten ist es zu auffällig. Da Sie dabei aber schon die ganze Zeit die Testperson beobachten konnten, haben Sie nun nach einem Hundert-Prozent-Start eine Fülle an Informationen (war der Gegenstand zwei Mal in derselben Hand oder nicht, sieht die Handhaltung mit dem Gegenstand darin etwas anders aus, zeigt die Nase wirklich in die richtige Richtung …), um eine gute Entscheidung zu treffen.

Probieren Sie es aus, Sie können dabei Ihre Beobachtungs-, Auffassungs- und Kombinationsgabe trainieren. Kleiner Tipp: Verwenden Sie einen etwas größeren und nicht zu flachen Gegenstand wie einen Radiergummi oder PET-Flaschen-Deckel. Bei einem solchen Gegenstand muss die jeweilige Person die Hand stärker zudrücken als bei einem kleinen oder flachen Gegenstand, und durch diese Anspannung verstärken sich auch die Signale, die Ihr Gegenüber sendet.

Nichts wie los, probieren Sie es aus, und wenn es am Anfang nicht gleich klappen sollte: nicht verzagen; das Resultat ist nicht so wichtig, sondern der Weg. Mit anderen Worten, auch wenn Sie am Anfang oft danebenliegen sollten, lernen Sie dabei etwas, und es bereitet Sie auch darauf vor, Lügen und Täuschungen besser zu erkennen.

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