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SOZIALE NETZWERKE

Auch wenn es schon lange nicht mehr „in“ ist: Das 2004 gegründete Facebook ist noch immer das größte soziale Netzwerk der Welt. Das liegt auch daran, dass alle aufstrebenden Konkurrenten wie WhatsApp und Instagram kurzerhand aufgekauft wurden. Instagram hat 1 Milliarde Dollar gekostet und WhatsApp sogar 19 Milliarden.


Da die Nutzung von Instagram oder Facebook die User ja nichts kostet, fragt man sich aber schon: Welcher Dummkopf bezahlt so viel Geld für etwas, mit dem man nichts verdient? Die Antwort: Mark Zuckerberg, der Gründer von Facebook. Er zählt heute zu den reichsten Menschen der Welt. Nur wie wird man so reich, wenn die Nutzung von Facebook, Instagram, WhatsApp & Co. kostenlos ist? Das hat sich auch ein amerikanischer Senator gefragt, als er Zuckerberg wegen eines Datenskandals öffentlich befragte. Die Antwort ließ den über 80-Jährigen etwas irritiert zurück. Er kannte vermutlich nur das Prinzip Geld gegen Ware. Genau so funktionieren soziale Netzwerke aber nicht. „Senator, wir schalten Werbung“, antwortete Zuckerberg und meinte dabei Werbung, die maßgeschneidert auf die Nutzer des Online-Dienstes ist.

Das Prinzip ist eigentlich ganz einfach. Klassische Werbung funktioniert so: Eine Firma, die Mountainbikes herstellt, bezahlt einen TV-Sender, damit ein Werbespot über ihr neuestes Bike ausgestrahlt wird. Niemand weiß aber, ob diejenigen, die jetzt gerade vor dem Fernseher sitzen, überhaupt Interesse an einem Mountainbike haben. Es ist ein bisschen so, als würde die Werbebotschaft mit der Gießkanne über viele verschiedene Menschen ausgegossen. Und dann hofft man, dass wenigstens ein paar dabei sind, denen das Produkt gefällt. Das ist nicht besonders effektiv.


Soziale Netzwerke machen das anders. Alle deine Likes und deine Kommentare werden ausgewertet. Sogar deine hochgeladenen Fotos werden mittels Bilderkennung analysiert. Ein soziales Netzwerk weiß deshalb ganz genau, was dir gefällt, was dich interessiert, was du suchst, was du gerne ansiehst, liest oder hörst. Sie wissen, ob es dir gerade gut geht oder nicht. Sie wissen aber auch, ob du gerade jetzt ein neues Mountainbike haben möchtest oder nicht. Und die Wahrscheinlichkeit, dass du dann genau jenes Rad kaufst, das dir „zufällig gerade jetzt“ per Werbeeinblendung angeboten wird, ist viel höher. Dieser Mountainbikehersteller verdient dadurch mehr Geld und genau deshalb zahlt er gerne für diese Information. Und zwar an das soziale Netzwerk.

Obwohl wir für Menschen außerhalb unseres persönlichen Umfelds eigentlich völlig unwichtig sind, lassen uns sekundenschnelle Reaktionen aus dem Netz genau das Gegenteil glauben. Daher posten, kommentieren und liken wir immer weiter und liefern so auch immer mehr Daten über uns. Und die braucht Facebook, um die Werbung seiner Kunden noch präziser der gewünschten Zielgruppe zu zeigen. In Wirklichkeit bist du also gar nicht der Nutzer des sozialen Netzwerkes. Du darfst daran teilnehmen. Letztlich bist du nur die Ware. Sie verkaufen deine Wünsche, deine Träume und deine Meinung an Werbetreibende. Eigentlich verkaufen sie dich.


TECHNIK

Du kommst hier nicht rein

Soziale Netzwerke funktionieren nur, wenn möglichst viele mitmachen. Das macht den Start für eine neue Social-Media-Plattform natürlich schwer. Sie muss User begeistern, ohne ihnen schon etwas bieten zu können. Die Anfang 2021 boomende Social-Media-App Clubhouse hat sich dafür eines genialen Tricks bedient. Es durfte und konnte nicht jeder mitmachen, der mitmachen wollte. Was absurd klingt, funktionierte grandios. Man nennt es „künstliche Verknappung“, wenn sich viele Kunden um wenig Ware (oder Accounts) streiten sollen.

Bald berichteten sogar Nachrichtensendungen darüber, was Clubhouse nur noch bekannter machte. Immer mehr Leute wollten nun unbedingt einer der privilegierten Clubhouse-Nutzer sein. Doch man musste von einem bestehenden Clubhouse-User eingeladen werden, um seinen Account sofort freischalten zu können. Zudem durfte jeder gerade mal zwei Freunde einladen.

Und es gab noch einen Haken: Um alle Funktionen der App zu nutzen, musste man alle Daten seines Telefonbuches an Clubhouse übermitteln. So kommt das Netzwerk an Millionen Namen und Telefonnummern. Sogar von Menschen, die gar keine Clubhouse-Kunden sind. Ein klarer Verstoß gegen die DSGVO, die Datenschutzgrundverordnung. Die Gefahr, verklagt zu werden, ist allerdings gering. Denn knapp 80 % aller Deutschen haben schon einmal ohne Konsequenzen gegen die DSGVO verstoßen, als sie eine andere App installierten, die genau das Gleiche macht: WhatsApp.


RECHT

Die (il)legale Datensammelwut

Wenn es um das Sammeln von Daten geht, so sind die sozialen Netzwerke sicherlich der absolute Spitzenreiter. Die Menge an Daten, die beispielsweise Facebook über einen durchschnittlichen 15-jährigen Teenager gespeichert hat, beträgt 14.000 DIN-A4-Seiten. Du kannst dir im Menüpunkt „Einstellungen und Privatsphäre“ deine Daten selbst bei Facebook herunterladen und wirst überrascht sein, was der Konzern alles über dich weiß. Nicht anders sieht es bei Google oder Twitter aus. Fakt ist: Um alle diese Daten sammeln zu können, benötigen die Konzerne dein Einverständnis. Dieses gibst du oft schon bei der erstmaligen Registrierung ab, indem du die allgemeinen Geschäftsbedingungen akzeptierst. Eine solche Einwilligung ist jedoch nur wirksam, wenn du ganz genau weißt, wie deine Daten verwendet werden. Nach Meinung vieler Juristen erfolgt genau diese Aufklärung bei den sozialen Netzwerken nicht korrekt. Entsprechend wurde Facebook auch immer wieder verboten, die Daten seiner Nutzer zu sammeln und zu vermischen. Da Facebook auch noch WhatsApp und Instagram gehören, lag es nahe, alle Nutzerdaten (heimlich) zusammenzulegen, um noch gezielter Werbung ausspielen zu können. Diesem Vorhaben wurde allerdings ein Riegel vom Bundeskartellamt vorgeschoben. Der Behörde ging die Sammelwut von Facebook zu weit. Sie ordnete an, dass Facebook seine Nutzer vorher fragen muss, wenn es die Daten aus WhatsApp, Facebook und Instagram zusammenlegen möchte. Der Bundesgerichtshof bestätigte diese Entscheidung im Jahr 2020.


PSYCHOLOGIE

Likes und Kommentare – die Währung der Social-Media-Welt

Stell dir vor, du sitzt zu Hause an deinem Schreibtisch und dein Handy leuchtet auf. Du siehst eine junge Frau am Strand, braun glänzende Haut, perfekte Figur, einen Drink in der Hand. Freudestrahlend blickt sie in die Kamera. Dieser Augenblick, der da festgehalten ist, transportiert Freude, Glück und Freiheit. Er vermittelt: Das Leben ist traumhaft, mir geht es gut, ich bin auf der Sunny-Side-of-Life, ich bin frei. Und jeder kann es in einer Sekunde erkennen. Bilder und Videos gelten als „snackable“ Content, weil sie ohne Nachdenken sofort verstanden werden können. Wieso also nicht schnell teilen – meine Freude mit der Welt. Und dann landet sie – die Emotion – bei dir auf dem Schreibtisch, an dem du gerade eiserne Motivation für die letzten Matheaufgaben benötigst.

Vielleicht denkst du dir: „Oh wie schön, freut mich für sie“. Vielleicht wirst du aber auch traurig, weil du gerne selbst am Strand sitzen würdest. Oder du denkst, dass du diese Person eigentlich gar nicht leiden kannst. In der Regel wirst du dieses Bild jedoch trotzdem liken. Wieso? Weil du dir bei deinem nächsten Post eine Gegenleistung erwartest. Nämlich auch einen Like und einen Kommentar. Aber warum ist das so? Die Psychologie geht davon aus, dass soziale Netzwerke immer mehr die Funktion zwischenmenschlicher Aktivitäten, die früher face-to-face abliefen, übernehmen. Hier wäre es der Aspekt des Zusammenhaltens, der Gegenseitigkeit. Wie du mir, so ich dir. Es erweckt den Anschein, als wäre man nicht allein, als hätte man viele Verbündete, als wäre man Teil einer Gemeinschaft. Liken wir nicht, bekommen wir Angst, unseren „sozialen Status“ zu verlieren und dass uns niemand mehr Beachtung schenkt, wir quasi von der Bildfläche verschwinden. Denn was ist man schon ohne einen Insta-Account? Es entsteht der Druck, immer online zu sein, um jeden Post von den anderen mitzubekommen und diesen dann sofort zu kommentieren. Die Währung der modernen Jugendclubs, Marktplätze etc. sind Likes und Kommentare. Erhalten wir diese, zielen sie nämlich direkt in unser Belohnungszentrum. Ein Like löst ein „kleines“ Feuerwerk bei uns im Gehirn aus. Studien zeigen, dass Bestärkung und Interaktion in sozialen Netzwerken zu einer stärkeren Durchblutung der Gehirnregionen führen, die mit dem Botenstoff Dopamin in Verbindung gebracht werden. Und Dopamin spielt auch bei der Entwicklung von Suchterkrankungen eine große Rolle. Klingt bedrohlich und in der Tat ist es das auch, wenn man nicht darauf achtet, stets einen Ausgleich zum Digitalen zu haben. Netflix berichtet in seiner Doku „Das Dilemma mit den sozialen Medien“ (2020) über die Kehrseite der Social-Media-Welt. Darin kommen auch die zu Wort, die diese erschaffen haben.

Echt jetzt?

Social Media ohne Internet? Schon vor knapp 100 Jahren unterhielt Margaret Thaw die New Yorker Society mit selbst inszenierten Filmchen über Hotelbewertungen und die Wahl ihres Urlaubsortes in Europa. Die schwere Kamera und Hunderte Meter Filmmaterial mussten Bedienstete schleppen, ehe die Filmrollen zur Vorführung per Schiff nach Amerika zurückgeschickt wurden.

WTF?! So tickt das Netz

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