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Kapitel 1:
Gut vorbereitet, aber kein Ziel vor Augen 1. Einleitung

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Fünf aus dem Leben gegriffene Situationen geben einen Hintergrund für die beiden Fragen ab, die dieses Buch behandelt.

Im Herbst 1997 wurde ein Großteil der Welt in eine Woche der nationalen Trauer um Prinzessin Diana gestürzt. Eine Woche, die in einem außergewöhnlichen Trauergottesdienst in Westminster Abbey gipfelte. Die Menschen brachten Blumen, Teddys und andere Dinge zu Kirchen, Kathedralen und Rathäusern. Sie standen stundenlang Schlange, um anrührende, wenn auch zum Teil kitschige Botschaften in Kondolenzbücher zu schreiben. Ähnlich, wenn auch in kleinerem Rahmen, fiel die öffentliche Trauer nach Vorfällen wie dem Bombenanschlag in Oklahoma City 1995 aus. Diese Traueranlässe offenbarten, dass sich Glauben, Halbglauben, Empfindungen und Aberglauben im Hinblick auf das Schicksal der Toten vermischt hatten. Die Reaktionen der Kirchen offenbarten, wie weit wir uns von dem entfernt haben, was einst die traditionelle christliche Lehre zu diesem Thema gewesen sein mag.

Die zweite Szene war ein aufgebauschter Skandal, der dennoch einen ernsten Unterton hatte. Anfang des Jahres 1999 erwachte ich eines Morgens und hörte im Radio, dass eine landesweit bekannte Person aus ihrem Amt entlassen worden sei, weil sie theologisch falsche und fragwürdige Aussagen über das Leben nach dem Tod gemacht hätte. Das weckte meine Neugier. Ging es vielleicht um einen radikalen Bischof oder Theologen, der endlich entlarvt worden war? Doch die Antwort lautete, unglaublich, aber wahr: Nein, es ging um einen Fußballtrainer. Glenn Hoddle, Trainer der englischen Nationalmannschaft, hatte seinen Glauben an eine bestimmte Version der Reinkarnationslehre erläutert, nach der Sünden, die man in einem Leben begeht, mit Behinderungen im nächsten Leben bestraft werden würden. Vertreter von Behindertenorganisationen hatten daraufhin sehr scharf Widerspruch eingelegt und Hoddle wurde entlassen. Es wurde damals allerdings angemerkt, dass Reinkarnation in unserer Gesellschaft erstaunlich beliebt sei und dass es sehr seltsam wäre, wenn man Hindus, von denen viele ähnliche Überzeugungen teilen, deswegen automatisch als Nationaltrainer sperren würde.

Bei der dritten Szene geht es nicht um ein einzelnes Ereignis, doch der Schnappschuss sollte vielen vertraut sein. Zwanzig oder dreißig Personen kommen in langsam fahrenden Autos an einem unschönen Gebäude am Rande der Stadt an. Eine kleine elektronische Orgel spielt Musik wie aus dem Supermarkt. Ein paar Worte, ein Knopfdruck, ein feierlicher Blick vom Bestatter, und man geht wieder auseinander, trinkt zuhause noch eine Tasse Tee und wundert sich, was da gerade passiert ist. Feuerbestattung, noch vor hundert Jahren in der westlichen Welt fast unbekannt, wird heute von der großen Mehrheit tatsächlich oder vermutlich bevorzugt. Diese Tatsache ist sowohl Reaktion als auch Ursache tief greifender Veränderungen in der Haltung gegenüber dem Tod und im Hinblick auf verschiedene Hoffnungen auf das, was danach kommt.

Ich schrieb diese einleitenden Worte am Anfang des Jahres 2001. Gegen Ende desselben Jahres wurden wir Zeuge eines vierten Momentes, der zu bekannt und zu furchtbar ist, um im Einzelnen beschrieben oder diskutiert werden zu müssen. Die Ereignisse des 11. September jenes Jahres haben sich ins globale Gedächtnis eingebrannt; Tausenden von Toten und Zehntausenden von Trauernden gelten unser Mitgefühl und unsere Gebete. Ich werde nicht viel mehr über jenen Tag sagen, aber für viele Menschen warf dieser Tag wieder einmal in aller Schärfe die Fragen auf, die dieses Buch zu diskutieren versucht – dasselbe taten auch die drei Naturkatastrophen von 2004 und 2005: der asiatische Tsunami an Weihnachten 2004; die Unwetter an der Golfküste Nordamerikas im August 2005, die vor allem in New Orleans weitreichende Zerstörungen mit sich brachten; und das entsetzliche Erdbeben in Pakistan und Kaschmir im Oktober desselben Jahres.

Die fünfte Szene ist ein Friedhof der besonderen Art. Wenn Sie den historischen Ort Easington im County Durham, besuchen und den Hügel hinab zum Meer gehen, kommen Sie in eine Stadt namens Easington Colliery [Zeche Easington]. Die Stadt trägt immer noch diesen Namen, aber es gibt dort keine Zeche mehr. Wo einst der Förderturm stand und Tausende von Menschen arbeiteten, um mehr Kohle schneller und effizienter als in den meisten anderen Zechen zu fördern, findet man heute weiches und gleichmäßiges Gras. Dem Auge bietet sich eine Leere, die mit Trauer erfüllt ist. Trotz der heldenhaften Anstrengungen der örtlichen Verantwortlichen finden sich überall Zeichen postindustriellen Verfalls, inklusive der menschlichen Opfer der Machtspiele rund um diese Industrie. Jener Anblick ist mir als Symbol oder besser als symbolische Frage im Kopf geblieben, die für ähnliche Städte in Amerika oder irgendwo anders auf der Welt genauso relevant ist wie für meine Heimat. Welche Hoffnung gibt es für Städte, die ihre Richtung verloren haben, ihre Lebensweise, ihren Zusammenhalt, ihre Hoffnung?3

Dieses Buch behandelt zwei Fragen, die oft völlig getrennt behandelt wurden, die aber, so glaube ich leidenschaftlich, ganz eng zusammengehören. Zunächst: Wie sieht die endgültige christliche Hoffnung aus? Dann: Welche Hoffnung gibt es im Hinblick auf Veränderung, auf Rettung, auf Transformation, auf neue Möglichkeiten innerhalb der gegenwärtigen Welt? Die Hauptantwort kann wie folgt formuliert werden: Solange wir die christliche Hoffnung als ein „in den Himmel kommen“ auffassen, als eine Erlösung, bei der es wesentlich um eine Bewegung aus dieser Welt heraus geht, sind diese beiden Fragen dazu verurteilt, so zu wirken, als würden sie nichts miteinander zu tun haben. In der Tat bestehen einige ärgerlich darauf, dass das Stellen der zweiten Frage dem Ignorieren der ersten Frage gleichkäme, die doch die wirklich wichtige Frage sei. Einige andere werden wiederum ärgerlich, wenn manche von der Auferstehung sprechen – als ob das die Aufmerksamkeit von den wirklich wichtigen und dringenden gegenwärtigen sozialen Sorgen abziehen würde. Aber wenn sich die christliche Hoffnung auf Gottes neue Schöpfung bezieht, auf „den neuen Himmel und die neue Erde“, und wenn diese Hoffnung bereits in Jesus von Nazareth lebendig geworden ist, dann gibt es allen Grund, die beiden Fragen zu verbinden. Und wenn das stimmt, dann stellen wir fest, dass die Beantwortung der einen Frage auch die Beantwortung der anderen Frage ist. Ich stelle fest, dass alle diese Zusammenhänge für viele Menschen überraschend sind – nicht zuletzt für viele Christen: sowohl, dass sich die christliche Hoffnung überraschend von dem unterscheidet, was sie angenommen hatten, als auch, dass dieselbe Hoffnung eine zusammenhängende und Energie spendende Grundlage für die Arbeit in der heutigen Welt bietet.

In diesem ersten Kapitel möchte ich relevante Hintergründe darstellen und die Fragen auf folgende Weise aufwerfen: Wir sehen uns zunächst die gegenwärtige Verwirrung in unserer Welt an, die im Blick auf das Leben nach dem Tod herrscht – der Welt jenseits der Kirchenmauern. Im zweiten Kapitel sehen wir uns dann die Kirchen selbst an, in denen, wie mir scheint, eine beängstigend ähnliche Unsicherheit herrscht. Damit werden die Schlüsselfragen hervorgehoben, die gestellt werden müssen, und es wird der Rahmen abgesteckt, in dem wir uns zur Beantwortung der Fragen bewegen werden.

Ich bin überzeugt, dass die meisten Menschen, inklusive der meisten praktizierenden Christen, im Hinblick auf dieses Thema verwirrt und fehlgeleitet sind und dass dieses Chaos ziemlich ernste Fehler in unserem Denken, in unseren Gebeten, unseren Liturgien, unserer Praxis und vielleicht besonders in unserer Mission für die Welt hervorruft. Mehr noch: Die Beispiele zu Beginn dieses Kapitels zeigen, dass die nicht-christliche Welt, nicht zuletzt im modernen Westen, verwirrt ist im Hinblick darauf, was sie aus sich selbst heraus glauben soll, und dass sie verwirrt ist im Hinblick auf das, was Christen angeblich glauben. Oft wird angenommen, Christen seien einfach verpflichtet, an ein „Leben nach dem Tod“ im ganz allgemeinen Sinne zu glauben. Man hat keine Vorstellung davon, wie die spezifischeren Ansichten über Auferstehung, Gericht, das zweite Kommen Jesu etc. zusammenpassen und sinnvoll sein könnten – ganz zu schweigen davon, wie diese Dinge mit den dringenden Sorgen der heutigen realen Welt verbunden sind.

Es geht hier auch nicht einfach darum, sich darüber klar zu werden, was man im Hinblick auf jemanden glauben soll, der verstorben ist, oder was man über das eigene Schicksal nach dem Tod glauben soll – obwohl beides natürlich wichtig ist. Es geht darum, geradlinig über Gott und seine Absichten mit der Welt zu denken, und darüber, was er bereits jetzt als Teil dieser Absichten tut. Von Plato bis Hegel und darüber hinaus erklärten einige der größten Philosophen, dass das, was man über den Tod und das Leben danach denkt, der Schlüssel zum ernsthaften Nachdenken über alles andere ist – und dass dieses Denken in der Tat einen der Hauptgründe für das ernsthafte Nachdenken über alles andere liefert. Dem sollte ein christlicher Theologe von ganzem Herzen beipflichten.

So stürzen wir uns denn ohne weiteren Aufschub in die Verwirrung über diesen Themenbereich, die heute in der Welt jenseits der Kirchenmauern herrscht.

Von Hoffnung überrascht

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