Читать книгу Petra und der Reiterhof - Torbjörg Hagström - Страница 13

Eine gefährliche Fahrt

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Petra verbrachte einen Teil des Nachmittags damit, ihr ungebärdiges Haar auf Lockenwickler zu drehen, damit es sich endlich einmal so frisieren ließ, wie sie es sich vorstellte. Lange Zeit saß sie mit Kamm und Bürste vor dem Spiegel, ehe sie einigermaßen zufrieden war.

Ihre Haare waren dicht und glänzend und hatten die Farbe eines reifen Weizenfeldes. Petra sah nachdenklich in die grau-grünen Augen ihres Spiegelbildes. Ihre Haut war gleichmäßig gebräunt, ihr Gesicht leicht oval. Zum erstenmal merkte Petra, daß sie eigentlich ganz hübsch war.

Sie zog das gleiche Kleid an, das sie am Mittsommerabend getragen hatte, und band eine silberne Halskette um, die noch von ihrer Großmutter stammte.

„Klaus ist doch hoffentlich ein sicherer Fahrer?“ fragte ihre Mutter und steckte den Kopf durch die Tür.

„Ich nehme es an.“

Petra war noch nie mit Klaus im Auto gefahren, doch sie hoffte, daß er hinter dem Steuer nicht ebenso sorglos war wie manchmal im Sattel.

Nun mußte er bald kommen, wenn sie rechtzeitig zur Vorstellung in der Stadt sein wollten. Petra konnte es nicht leiden, bei solchen Gelegenheiten erst in letzter Minute zu erscheinen. Sie ging zum Bücherregal und wählte eines ihrer Lieblingsbücher aus, um sich die Wartezeit zu verkürzen.

Nach einer Weile sah sie wieder auf die Uhr. Weshalb kam Klaus so lange nicht? Vielleicht hatte er unterwegs eine Reifenpanne gehabt; so etwas konnte ja passieren.

Petra war mit der Zeit recht geschickt darin geworden, sich Entschuldigungen für Klaus auszudenken. Und wenn ihr das nicht gelang, sagte sie sich, daß er ja unmöglich dem Idealbild gleichen konnte, das ihr von einem Jungen vorschwebte. Klaus war auch nur ein Mensch, und sie mußte ihn eben so hinnehmen, wie er war – mit seinen guten und schlechten Seiten.

Die Minuten vergingen, und Petra glaubte immer mehr, daß etwas passiert sein mußte. Gerade als sie bei Klaus’ Verwandten anrufen wollte, um zu fragen, wann er losgefahren wäre, hörte sie, wie sich ein Wagen über dem Hügel näherte.

Rasch griff sie nach einer Strickjacke und ihrer Tasche und eilte aus dem Haus. Ein schwarzer Opel bremste vor der Tür. Klaus saß hinter dem Steuer. Petra öffnete den Wagenschlag und setzte sich neben ihn.

„Hallo, Petra!“

„Ich dachte, wir würden früher losfahren. Schaffen wir’s überhaupt noch?“

„Ach ja, klar. Ich mußte unterwegs noch tanken, aber deswegen versäumen wir den Anfang des Films bestimmt nicht.“

Petra legte den Sicherheitsgurt um.

„Willst du dich nicht auch anschnallen?“ fragte sie.

„Schon recht, wenn du meinst. Aber ich habe nicht vor, mit einem anderen zusammenzustoßen“, erwiderte Klaus lachend und schnallte sich an, während sie zur Landstraße abbogen.

Dann trat er aufs Gaspedal, und der Wagen schoß vorwärts. Sie passierten ein Schild mit einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf 70 Kilometer in der Stunde, hatten jedoch bereits ein viel höheres Tempo erreicht. Auf einer Straßenkuppe mit schlechter Sicht überholten sie ein anderes Auto in rasender Fahrt.

Du lieber Himmel, wenn nun ein Wagen aus der entgegengesetzten Richtung kommt, dachte Petra während des Überholens. Verstohlen schielte sie auf den Tachometer. Er zeigte hundertzwanzig. Sie sagte nichts, weil sie fürchtete, Klaus könnte sie für feige halten; doch ihr Griff um die Handtasche wurde fester, ohne daß sie es merkte.

Sie kamen noch an mehreren Schildern mit Hinweisen auf Geschwindigkeitsbegrenzungen vorbei, die Klaus wohl kaum übersehen konnte, aber der Zeiger des Tachometers ging ständig nach oben. Petras Fingernägel gruben sich in das Leder der Tasche. Es war doch gefährlich, so schnell zu fahren.

Schließlich konnte sie sich nicht länger beherrschen.

„Meinst du nicht, daß wir zu schnell fahren?“ fragte sie vorsichtig. „Geht’s nicht ein bißchen langsamer?“

„Ich dachte, du wolltest rechtzeitig ins Kino kommen.“

„Nicht, wenn du so rasen mußt. Ich mag das nicht.“

„Ich hätte wirklich nicht gedacht, daß du so ein Angsthase bist. Das ist doch völlig ungefährlich!“

„Natürlich ist’s gefährlich! Bitte, fahr langsamer!“

Klaus preßte die Lippen aufeinander und antwortete nicht. Petra glaubte offenbar, er wäre kein sicherer Fahrer, und das reizte ihn. Sie wollte ihm Vorschriften machen, wie er zu fahren hatte. Als wüßte sie es besser. Klaus wurde richtig wütend.

„Nennst du das langsamer?“ rief Petra erschrocken, als sie merkte, daß er das Tempo sogar noch erhöhte. „Bist du denn verrückt geworden?“

Petra hatte sich so auf diesen Abend gefreut, doch nun schien er sich plötzlich in einen Alptraum zu verwandeln. Der Asphalt floß zu einer furchterregenden grauen Masse zusammen, die leuchtend weißen Markierungen schienen immer schneller auf sie zugerast zu kommen. Sie merkte, wie ihr Herz hämmerte.

„Halt an, Klaus! Ich will aussteigen!“

„Sei nicht albern. Ich habe den Wagen doch unter Kontrolle.“

„Ich meine es ernst. Fahr vernünftig, oder laß mich aussteigen.“

In einer Kurve neigte sich der Wagen bedenklich zur Seite und wurde halbwegs auf die linke Fahrspur geschleudert, doch Klaus bekam ihn wieder unter Kontrolle und fuhr im gleichen Tempo weiter.

„Bitte, Klaus, hör auf!“ rief Petra verzweifelt.

„Mach doch nicht so ein Theater!“

Petra schlug plötzlich einen anderen Ton an.

„Wenn du willst, daß ich je wieder mit dir ausgehe, solltest du augenblicklich anhalten“, sagte sie eiskalt und beherrscht.

„Pah, du machst Witze! Wieso sollen wir hier stehenbleiben, wenn wir doch ins Kino wollen?“

„Wenn du nicht sofort langsamer fährst, gehe ich nicht mit ins Kino – weder jetzt noch sonst irgendwann! Falls du noch eine Minute länger so rast, ist es aus zwischen uns.“

Doch Klaus kümmerte sich nicht um ihre Drohung. Petra begriff nicht, was in ihn gefahren war. Was sollte sie nur tun? Das war schlimmer, als auf einem durchgehenden Wildpferd zu sitzen. Die Reifen quietschten, der Wagen schleuderte, und Petra erwartete, daß sie jeden Augenblick im Straßengraben landeten – doch das wäre immer noch besser gewesen als ein Zusammenstoß.

„Das ist das erste und letzte Mal, daß wir beide zusammen in einem Auto sitzen“, sagte sie verbissen.

„Was würdest du eigentlich tun, wenn ich dich wirklich hier aussteigen ließe?“ Klaus lehnte den Kopf lässig gegen die Nackenstütze.

„Zu Fuß nach Hause gehen. Du denkst wohl, ich meine es nicht ernst, aber ich werde es dir beweisen. – Das heißt, wenn wir so lange leben“, fügte sie trocken hinzu.

Es wurde unangenehm still im Wagen; man hörte nur das Heulen des Motors und das Quietschen der Reifen. Ein anderes Auto tauchte auf, und Petra wurde unwillkürlich starr vor Schreck, bis es vorbeigefahren war. Nie hatte sie geglaubt, daß Klaus sich so verrückt benehmen könnte. Sie war schrecklich wütend und gleichzeitig schrecklich ängstlich. Doch da Klaus sich sowieso nicht um ihre Bitten und Drohungen kümmerte, schwieg sie.

Wieder raste der Wagen in eine Kurve. In der Dunkelheit sah Klaus zu spät, wie scharf sie wirklich war. Das Auto kam ins Schleudern und schlitterte auf die linke Straßenseite. Klaus umklammerte das Steuerrad und trat auf die Bremse, so fest er konnte, doch es nützte nichts.

Der Wagen schoß einen grasbewachsenen Abhang hinunter, holperte über einen Graben und stieß schließlich krachend gegen einen gefällten Baumstamm.

Um Petra herrschte tiefe Finsternis. Das Geräusch von splitterndem Glas drang an ihre Ohren. Es gab einen Krach, der ihren ganzen Körper erschütterte.

Sekundenlang rang sie nach Luft. Der Ruck im Sicherheitsgurt hatte ihr den Atem genommen. Es dauerte einige Zeit, bis sie merkte, wie still es plötzlich war.

„Klaus?“

Keine Antwort.

Alles blieb still und dunkel. Petra wurde von Panik erfaßt. Rasch öffnete sie ihren Gurt. Im gleichen Augenblick durchzuckte ein messerscharfer Schmerz ihren linken Arm. Sie stöhnte und blieb einen Moment bewegungslos sitzen. Es war wohl am besten, wenn sie den Arm möglichst ruhig hielt.

Langsam streckte sie die rechte Hand zur Tür aus, griff jedoch in die Luft. Die Wagentür war beim Aufprall offenbar aufgerissen worden. Vorsichtig hob sie beide Beine und schob sich zur Seite, so daß sie den Boden mit den Füßen erreichte und aus dem Wagen steigen konnte. Zu ihrer Verwunderung merkte sie, daß sie tatsächlich noch stehen konnte. Und Klaus bewegte sich nicht. Was war ihm passiert?

Die Sterne leuchteten wie kleine weiße Punkte am Himmel. Die Straßenkante zeichnete sich als dunkler Strich gegen den Horizont ab. Dorthin mußte sie, und zwar sofort. Entschlossen begann Petra in Richtung zur Straße zu gehen, um ein Auto anzuhalten und Hilfe zu holen.

Den Graben am Fuß des Abhangs sah sie nicht. Plötzlich trat sie ins Leere, stolperte und fiel. Im Fallen hielt sie den linken Arm hoch, doch der Stoß schmerzte trotzdem.

Petra biß die Zähne zusammen und kletterte wieder aus dem Graben. Eigensinnig stapfte sie weiter. Den Abhang hinauf ging es sehr langsam, denn ihre dünnen, glatten Sandalen glitten immer wieder auf dem taunassen Gras aus.

Endlich war sie oben. Die Straße lag leer und dunkel vor ihr, soweit sie sehen konnte. Abends war diese Strecke kaum befahren. Petra begriff, daß es vielleicht mehrere Stunden dauern konnte, bis man sie oder Klaus zu Hause vermißte. Man erwartete sie ja nicht vor Ende des Films zurück.

Plötzlich tauchten in der Ferne die Lichter eines Wagens auf. Petra überlegte blitzschnell. Wie konnte sie das Fahrzeug anhalten? Sollte sie es wagen, sich mitten auf die Fahrbahn zu stellen?

Wie dumm von ihr, daß sie nicht nachgesehen hatte, ob in Klaus’ Auto ein Warndreieck lag!

Der Fahrer des herankommenden Wagens sah plötzlich, wie sich jemand am Rand des Scheinwerferkegels bewegte. Dann merkte er, daß ein Mädchen auf dem Mittelstreifen der Straße stand und winkte. Eine Anhalterin, dachte er, und trat auf die Bremse.

Er hielt an und öffnete die Tür. Doch das Mädchen stieg nicht ein, und als er sie genau betrachtete, wurde ihm klar, daß er es hier durchaus nicht mit einer gewöhnlichen Anhalterin zu tun hatte.

„Hallo!“ schrie Petra. „Wir sind in den Graben gefahren, und mein Freund liegt bewußtlos im Auto. Sie müssen uns helfen!“

Der Autofahrer sah sie entsetzt an. Petra fing seinen Blick auf und schaute an sich herunter. Erst sah sie nur ihr beschmutztes Kleid, doch dann bemerkte sie, daß ihre linke Hand seltsam schlaff herabhing, als sei sie am Handgelenk abgeknickt. Der Arm mußte gebrochen sein. Doch was war Klaus zugestoßen?

„Bitte, kommen Sie“, drängte sie. „Vielleicht bleibt uns nicht viel Zeit.“

„D-der Wagen kann nicht hier in der Kurve stehenbleiben. Ich m-muß ihn zuerst an einer sicheren Stelle parken“, sagte der Mann ängstlich.

„Ja, aber bitte beeilen Sie sich.“ Petra schlug die Tür wieder zu und trat zurück.

Während das Auto vorwärtsrollte, überlegte der Fahrer, was er tun sollte. Schon der Anblick des gebrochenen Armes verursachte ihm Übelkeit. Und was ihn im Unglücksfahrzeug erwarten mochte, daran wollte er lieber gar nicht denken. Dabei schien das Mädchen zu glauben, daß er ihr helfen könnte. Er fühlte sich vor Schreck wie gelähmt. Daß so etwas ausgerechnet ihm passieren mußte.

Petra war stehengeblieben und sah dem Wagen nach. Nach der Kurve leuchteten die Bremslichter auf. Doch im nächsten Augenblick verlöschten sie wieder, das Auto schoß vorwärts und verschwand in rascher Fahrt zwischen den Bäumen.

Petra konnte es einen Moment lang einfach nicht fassen, doch es gab keinen Zweifel: Der Autofahrer hatte sich aus dem Staub gemacht.

Sie begann zu schluchzen. Dann wurde ihr klar, daß es falsch gewesen war, Klaus allein zurückzulassen. Vielleicht konnte sie etwas für ihn tun, auch ohne die Hilfe eines anderen. Die Straße lag wieder verlassen da; so wandte sie sich um und stolperte zum Auto zurück.

Im Wageninnern war es stockdunkel.

„Petra, wo bist du?“

Klaus’ Stimme klang angstvoll und jämmerlich.

„Hier! Oh, was ist los mit dir?“

Vorsichtig stieg sie wieder in den Wagen und schonte dabei ihren gebrochenen Arm, so gut es ging.

„Was ist passiert?“

Klaus wirkte so verwirrt, daß Petra richtig Angst bekam.

„Wo sind wir? Warum sitze ich hier?“

„Erinnerst du dich nicht, daß wir in den Graben gefahren sind?“

„Tatsächlich? Aber … ja, wenn du es sagst, wird es schon stimmen.“

Er sprach langsam, als müßte er sich anstrengen, um seine Gedanken zu ordnen.

„Hast du irgendwo Schmerzen?“ fragte Petra.

„In meinem Kopf dreht sich alles, aber … das geht wohl vorüber. Ich muß nur ein bißchen ausruhen.“

„Bleib hier sitzen, ich will versuchen, ein Auto anzuhalten und Hilfe zu holen.“

„In einer Viertelstunde können wir bestimmt weiterfahren“, murmelte Klaus. „Laß mich nur eine Weile hier sitzen.“

Petra lauschte angstvoll. Klaus kam ihr so seltsam geistesabwesend vor. „Ja, bleib sitzen und bewege dich nicht!“ sagte sie eindringlich.

Dann machte sie sich wieder auf den Weg. Diesmal kam ihr die Strecke sehr lang vor, und als sie die Straße endlich erreicht hatte, war sie noch immer leer und verlassen. Kein Auto war in Sicht. Petra zitterte vor Angst und Kälte. Jede Minute erschien ihr wie eine Stunde, und sie stellte sich voller Entsetzen vor, wie es wäre, die Nacht hier verbringen zu müssen. Sie schwankte zwischen dem Wunsch, zum Auto zurückzukehren, und der immer schwächer werdenden Hoffnung, Hilfe zu bekommen.

Doch plötzlich näherte sich wieder ein Wagen. Diesmal stellte sich Petra direkt vor die Kurve, damit das Fahrzeug gleich an dieser Stelle stehenbleiben konnte – falls es stehenblieb. Doch würde der Fahrer sie überhaupt sehen?

Zu ihrer grenzenlosen Erleichterung verringerte der Fahrer wirklich das Tempo und hielt an. Es war ein Mann von etwa fünfunddreißig Jahren. Er schraubte das Wagenfenster herunter, und Petra nahm ihre letzte Kraft zusammen, um Ruhe zu bewahren und nicht hysterisch zu werden.

„Können Sie uns helfen? Wir sind in den Graben gefahren, und …“

„Wo ist es passiert?“

„Dort unten.“ Petra deutete mit ihrem gesunden Arm auf die Unglücksstelle.

Der Mann stellte rasch den Motor ab, stieg aus und ging zum Kofferraum seines Wagens.

„Ist jemand verletzt?“

„Ja, ich glaube.“

Damit meinte sie Klaus. An sich selbst dachte sie gar nicht. Der Mann stellte rasch ein Warndreieck auf die Straße und griff nach einem Verbandskasten und einer Taschenlampe.

„Beeilen wir uns.“

Er hat wenigstens keine Angst, dachte Petra erleichtert, als sie dem Fremden im Schein der Taschenlampe über den Abhang folgte. Es war schön, die Verantwortung endlich einem anderen überlassen zu können. Plötzlich merkte sie, daß sie sehr müde war. Ihr unbekannter Helfer ging entschlossen vorwärts, und Petra war überzeugt, daß er wissen würde, was zu tun war.

Dann traf der Lichtstrahl seiner Taschenlampe den Wagen, und Petra stieß ein entsetztes Keuchen aus.

„Totalschaden“, murmelte die Stimme neben ihr.

Die ganze Vorderfront des Fahrzeugs war wie eine Ziehharmonika zusammengepreßt, und die Kühlerhaube zeigte zum Himmel.

„Das muß ein ordentlicher Aufprall gewesen sein. Wie viele seid ihr?“

„Nur zwei. Klaus war ohnmächtig, aber inzwischen ist er wieder zum Bewußtsein gekommen.“

Klaus saß noch immer hinter dem Steuer und blinzelte verwirrt ins Licht der Taschenlampe. Auf dem Boden lag Petras Tasche. Während der Mann ins Auto kletterte, lehnte sie sich gegen den Kofferraum. Sie zitterte vor Kälte und Erschöpfung und schaffte es nicht einmal mehr, zuzuhören, was der Fremde sagte. Nach einigen Minuten kam er wieder ins Freie.

„Größere Gefahr scheint nicht zu bestehen, aber er muß möglichst rasch ins Krankenhaus. – Du übrigens auch“, fügte der Mann hinzu, als er Petras Arm sah. „Ich werde euch hinfahren.“

Petra nickte nur; zu mehr war sie nicht fähig. Ein warmes Bett, in dem sie schlafen konnte – danach sehnte sie sich jetzt am meisten. Doch es tat gut zu hören, daß Klaus nicht schwer verletzt war.

Der Mann beugte sich wieder vor, um Klaus aus dem Wagen zu helfen.

„Au! Passen Sie doch auf!“

„Tut es so weh?“

„Ja, zum Teufel! Seien Sie vorsichtig!“

Es dauerte eine Weile, bis Klaus aus dem Auto kam. Plötzlich war Petra, als schrillte etwas in ihren Ohren. Sie schüttelte den Kopf, doch das Schrillen hörte nicht auf. Was war los mit ihr? Sie fürchtete mit einemmal, daß sie sich vielleicht ernsthaft am Kopf verletzt hatte.

Mit zusammengebissenen Zähnen stützte sich Klaus auf den fremden Mann, und alle drei setzten sich langsam zur Straße hin in Bewegung. Das Schrillen wurde lauter, und nun war Petra nicht mehr die einzige, die es hörte.

„Ich glaube fast, da kommt die Ambulanz! Seht mal, sie bleiben stehen! Wer kann sie gerufen haben!“

„Ach, das muß der Autofahrer gewesen sein, der vor Ihnen angehalten hat“, rief Petra erleichtert. „Er ist davongefahren, aber offenbar hat er den Notdienst verständigt.“

Fünf Minuten später waren sie schon auf dem Weg ins Krankenhaus. Während der Fahrt kam Petra plötzlich ein neuer, erschreckender Gedanke. Ihr Arm war gebrochen – das bedeutete, daß sie während der folgenden Wochen nicht reiten konnte. Und es war nicht mehr lange bis zur Einweihungsfeier!

Langsam wurde ihr klar, daß der Unfall mehr als ein Alptraum war, aus dem sie nur zu erwachen brauchte. Er hatte Folgen, und morgen würde nichts so sein wie sonst.

Sowohl Petra als auch Klaus mußten die folgende Nacht im Krankenhaus verbringen. Klaus hatte sich nicht nur eine Gehirnerschütterung zugezogen, sondern sich auch ein paar Rippen gebrochen. Petras Unterarm mußte in Gips gelegt werden. Eine Krankenschwester erbot sich, ihre Eltern zu verständigen, doch Petra bestand darauf, selbst zu Hause anzurufen.

Herr und Frau Granberg bekamen natürlich einen gewaltigen Schreck, als sie erfuhren, daß ihre Tochter einen Autounfall gehabt hatte. Es war nicht leicht für Petra, sie zu beruhigen. Sie wußte selbst am besten, daß sie und Klaus eigentlich noch sehr glimpflich davongekommen waren.

Petra und der Reiterhof

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