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Reitausflug mit Hindernissen

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„Hast du dir weh getan?“ rief Petra erschrocken.

Astrid rappelte sich hoch; ihre Schulter schmerzte ziemlich. Eine Tanzmelodie vom Tonbandgerät mischte sich mit einem Schlager aus dem Radio.

„Ach, es ist nicht so schlimm. Wo ist Svala?“

„Sie steht ein paar Schritte rechts von dir. Svala hat angehalten, als du heruntergefallen bist. Du kannst sie also selbst wieder am Zügel nehmen.“

Astrid machte zwei unsichere Schritte, dann noch einen und streckte langsam die Hand aus. Dann berührte sie einen warmen Pferdekopf und den Rand des Woilachs. Svala drehte sich zu ihr um, und Astrid fühlte das Maul des Ponys an ihrem Arm. Sie tastete weiter und fand die Zügel, und zuletzt hatte sie auch den Steigbügel gefunden. Doch ihre Beine zitterten so, daß sie nur mit Mühe wieder in den Sattel kam.

Aber die Sache ist es wert! dachte sie plötzlich. Das Reiten ist so schön, daß man sogar ab und zu einen Sturz in Kauf nehmen kann!

„Na, dann machen wir gleich weiter“, sagte Petra ruhig. „Jeder fällt mal vom Pferd, auch ich.“

„Wirklich?“ fragte Lena.

„Na ja, nicht sehr oft. Es ist lange her, seit ich zum letztenmal heruntergefallen bin. Laß Svala jetzt wieder traben, Astrid.“

„Meinst du, daß sie das noch mal macht?“ erkundigte sich Astrid ängstlich.

Sie hatte sich zwar mit dem Gedanken vertraut gemacht, ab und zu einen Sturz zu riskieren, doch öfter als unbedingt notwendig sollte es nicht passieren.

„Treib Svala besser an – mit beiden Schenkeln“, riet ihr Petra. „Und wenn sie wirklich noch einmal ausbricht, mußt du ja nicht unbedingt gleich wieder herunterfallen.“

Doch Svala tat es nicht wieder. Es war, als hätte das Pony plötzlich verstanden, daß Astrid sich nicht wie Petra auf heftige Wendungen einstellen konnte. Nach diesem Vorfall bewegte sich Svala immer sehr vorsichtig, wenn Astrid im Sattel saß.

Am folgenden Abend bekam Petra einen Anruf von Karin.

„Es geht um die morgige Reitstunde“, sagte sie. „Rex lahmt etwas, so daß wir nur vier Pferde zur Verfügung haben. Könntest du diesmal auf Svala reiten? Du brauchst dann natürlich nichts für die Stunde zu bezahlen.“

„Ja, klar kann ich das. Was ist denn mit Rex passiert?“

„Ich glaube, er hat sich überanstrengt. Er braucht wohl mindestens eine Woche Stallruhe.“

„Oh, das tut mir leid!“

Petra ritt also in der nächsten Reitstunde ihr eigenes Pferd. Und Klaus bekam Polly, die sich bereits recht gut an das Reitschulleben gewöhnt hatte. Karin lieh Klaus ihre Reitkappe.

„Heute dürft ihr springen“, sagte sie.

Bei Polly wurden anfangs nur ein paar niedrige Bocksprünge daraus, da sie nie zuvor gesprungen war. Mit der Zeit wurde sie jedoch richtig eifrig und sprang höher als notwendig. Svala zeigte vor allem bei den weniger hohen Hindernissen ihr Geschick.

Nach der Stunde ritt Petra langsam durch den Wald nach Hause und träumte vom Springturnier bei der Einweihungsfeier.

„Svala, du bist wirklich große Klasse!“ sagte sie sanft und streichelte den Hals ihres Ponys. „Für mich bist du das beste Pferd der Welt. Und du springst geschmeidiger als alle anderen Pferde in der Reitschule. Sei nur so brav wie immer, wenn Astrid heute auf dir reitet!“

Am Spätnachmittag kam das blinde Mädchen zum Unterricht. Petra befestigte einen langen Halfterriemen an der Trense.

„Heute gehen wir von der Reitbahn weg und üben Klettern“, sagte sie. „Ich werde das Halfter halten, damit Svala nicht ausreißen kann.“

Astrid nickte nur und hoffte, daß Petra es wirklich richtig festhielt, doch sie sagte nichts.

Astrid ritt ziemlich langsam. Petra führte ihr Pony über mehrere Hügel in der Umgebung des Hofes, so daß sie fast ständig aufwärts und abwärts gehen mußten. Anfangs fand Astrid es unheimlich, wenn sich der Sattel plötzlich senkte, doch sie gewöhnte sich bald daran. Sie entdeckte auch, daß es besonders schön war, im Wald zu reiten. Dort war es kühler als auf der Reitbahn, und man hörte so viele Vögel singen und zwitschern.

„Hallo Petra! Ich habe gehört, daß du eine Reitschülerin hast“, sagte Karin. Es war ein paar Tage später, in der Reitschule. „Wie steht’s mit ihr?“

„Ach, darüber wollte ich gerade mit Ihnen sprechen. Ich glaube, Astrid ist bald soweit, daß sie einen Geländeritt unternehmen kann. Svala ist für einen Anfänger ein großartiges Pony, aber Astrid kann ja nicht allein ausreiten. Sie muß ein Pferd vor sich haben, dem Svala folgen kann. Deshalb wollte ich Sie fragen, ob sie vielleicht bei einer Gruppe der Reitschule mitmachen könnte.“

„Ja, das müßte schon gehen“, meinte Karin. „Du kannst ja selbst auch mitkommen und Astrid im Auge behalten. Laß mal überlegen. Lena und ihre Freundin Marie dürfen nächste Woche zum erstenmal ausreiten. Es würde gut passen, wenn Astrid auch mitmacht.“

Astrid war sehr überrascht, als Petra ihr sagte, daß sie an einem Geländeritt teilnehmen durfte. Sie schwankte zwischen Freude und Aufregung und fand es schön, daß sie gleichzeitig mit Lena ihren ersten Ausritt unternehmen sollte. Da hatte sie ihre Schwester ja beinahe eingeholt! Doch würde sie es im Wald schaffen, Svala unter Kontrolle zu halten, wenn Petra nicht nebenherging und das Pony am Zügel führte?

„Es klappt bestimmt, du wirst schon sehen“, versicherte Petra, ohne zu ahnen, was sie und Astrid erwartete.

Petra ritt den üblichen Abkürzungsweg durch den Wald zur Reitschule. Svala tänzelte vor Munterkeit und Lebensfreude hin und her und scheute spielerisch vor einem Busch.

Das würde sie mit Astrid im Sattel nicht machen, dachte Petra. Sie hatte bereits gemerkt, daß Svala einen Unterschied zwischen beiden Reiterinnen machte, und war sehr stolz auf die Klugheit ihres Ponys.

Trotzdem war es wohl am besten, wenn Svala sich ein wenig austobte, ehe Astrid sie ritt. Petra trieb das Pony auf dem weichen Waldpfad zum Galopp an, und Svala streckte sich willig und schoß wie ein Pfeil vorwärts. Pferd und Reiterin genossen den stürmischen Galopp mit ganzem Herzen.

Auf dem steinigen Hügel, der zur Reitschule hin abfiel, zügelte Petra ihr Pony. Die Reitbahn war leer, und das rote Stallgebäude lag in der strahlenden Morgensonne. Dort näherte sich Johansons Wagen. Astrid, Lena und Marie stiegen aus. Langsam ritt Petra den Abhang hinunter.

Diesmal sollte Agneta den Ausritt leiten, da Karin ihren freien Tag hatte. Petra brachte Svala in eine leere Box und ging zum Stallbüro, wo Agneta die Pferde verteilte.

„Lena, du nimmst Puppe, und Marie bekommt Troll. Willst du Ballade oder Polly haben, Klaus?“

„Polly, bitte.“

„Dann nimmt das Mädchen mit den Zöpfen Ballade, und Petra reitet Rex.“

„Er lahmt also nicht mehr?“

„Nein, aber er hat jetzt neun Tage im Stall gestanden. Ich vermute also, daß er ziemlich ungebärdig sein wird.“

Es war vorauszusehen, daß Rex das schwierigste Pferd auf diesem Geländeritt sein würde, da er so lange keine Bewegung gehabt hatte und so groß und stark war. Doch Petra nahm es nicht als Kompliment, daß gerade sie ihn reiten sollte. Sie hatte Agnetas schlecht verborgene Freude darüber, sie aufs Glatteis zu führen, sehr wohl bemerkt. Klaus interessierte sich offenbar nicht länger für Agneta und Charlotte, und die Zwillinge schienen Petra die Schuld daran zu geben.

Doch Petra ließ sich nicht anmerken, was sie dachte. Statt dessen beschloß sie, beim Ritt mit Rex wirklich ihr Bestes zu geben. Wenn Klaus sich nicht mehr um die Zwillinge kümmerte, hatte das bestimmt nichts mit ihr zu tun, und sie gönnte Agneta nicht das Vergnügen, sie vom Pferd fallen zu sehen.

„Ihr könnt die Pferde gleich satteln“, sagte Agneta in ihre Gedanken hinein.

Alle verließen das Büro, doch als Petra aus der Tür gehen wollte, wurde sie von Agneta zurückgehalten.

„Hör mal, Petra, soll Lenas Schwester wirklich mitkommen?“

„Ja, Karin hat’s erlaubt.“

„Hat Karin sie schon mal reiten sehen?“

„Nein, aber …“

„Das hätte ich mir denken können! Ehrlich gesagt verstehe ich nicht, was du dir dabei denkst. Bildest du dir wirklich ein, daß sie das schafft?“

„Ja, das bilde ich mir ein“, erwiderte Petra und sah Agneta fest in die Augen.

„Aber das ist doch Wahnsinn! Sie sieht ja nicht, wohin sie reitet!“

„Svala sieht für sie, und ich verständige mich durch Zurufe mit ihr, wenn ein Hügel kommt, damit sie vorbereitet ist“, sagte Petra ruhig.

„Das wird aber kein Sonntagsspaziergang für Anfänger“, erwiderte Agneta sehr bestimmt. „Wir machen einen ordentlichen Geländeritt!“

Die Zwillinge mußten teilweise in der Reitschule mithelfen, damit Karin ab und zu freinehmen konnte, doch Agneta war nicht sehr begeistert davon. Sie sprengte lieber allein durchs Gelände, statt auf ungeübte Reiter aufzupassen. Die Ausritte der Reitschule waren für sie nur eine lästige Pflicht.

„Sind Lena und Marie nicht auch Anfänger?“ wandte Petra ein.

„Sie haben ungewöhnlich hart trainiert“, sagte Agneta, „und haben schon eine Menge gelernt.“

„Das hat Astrid auch!“

„Ich kann ihr nicht verbieten, mitzukommen, nachdem die Reitwege für alle da sind“, sagte Agneta kühl. „Aber ich weigere mich, besonders auf Astrid aufzupassen.“

„Das brauchst du auch nicht. Sie schafft es ebensogut wie Lena und Marie.“

„Dann übernimmst du die Verantwortung. Ich tue es jedenfalls nicht, daß du’s nur weißt!“

„Ich übernehme die Verantwortung schon, darauf kannst du dich verlassen!“

Petra marschierte wütend zur Sattelkammer. Erst als sie den Sattel auf Rex’ Rücken hob, sah sie ein, daß sie in ihrem Zorn vielleicht zu weit gegangen war. Stimmte es wirklich, daß Astrid alles genauso schaffen würde wie die anderen Mädchen?

Rex öffnete willig das Maul und half sogar mit, seinen großen Kopf in die Trense zu zwängen. Für gewöhnlich war er brav und umgänglich, doch wenn er zu lange gestanden hatte, konnte er ziemlich wild sein. Petra begriff, daß er auf diesem Ritt wenigstens zeitweise ihre ganze Aufmerksamkeit beanspruchen würde – und vielleicht gerade dann, wenn Astrid ihre Hilfe brauchte. Das war kein angenehmer Gedanke, doch Petra glaubte sicher, daß Svala sich nicht zu irgendwelchen Bocksprüngen verleiten lassen würde, wie Rex sich auch immer betragen mochte. Außerdem mußte Agneta ja auch Rücksicht darauf nehmen, daß sie mit ungeübten Reitern unterwegs war. Petra hatte die Hoffnung, daß sie auf den Galopp verzichten würde.

Sie bildeten die Nachhut hinter Astrid. Lena ritt auf Puppe vor Astrid. Schon als sie im Mittelschritt vom Stallhügel losritten, warf Rex den Kopf zurück und vollführte einen Satz. Das war eine kleine Kostprobe der Schwierigkeiten, die Petra erwarteten.

Anfangs ging alles gut. Die Gruppe ritt im Schritt und im leichten Trab dahin und erklomm einige Hügel, die ziemlich niedrig waren. Rex wollte natürlich schneller als die anderen vorwärtskommen, und nach einer Weile schmerzten Petras Arme von der Anstrengung, ihn zu zügeln. Das große Pferd zeigte sein Mißvergnügen durch zurückgelegte Ohren und zornige Kehllaute.

„Langsamer!“ rief Agneta plötzlich.

Gott sei Dank, jetzt kann ich meine Arme ein bißchen ausruhen lassen, dachte Petra. Rex war nicht besonders empfindlich im Maul. Nun ritten sie über eine Lichtung mit Büschen und Birken am Rand, und Rex entspannte sich endlich.

Petra freute sich über den Anblick der gepflegten Pferde zwischen dem grünen Laub. An der Spitze ritt Agnetas schlanke Fuchsstute, dann folgten die silbrig schimmernde Polly und Ballade, glänzend wie ein Kupferkessel. Trolls goldenes Fell stand in schönem Kontrast zu der dunkelbraunen Puppe, und dann kam Astrid auf der kohlschwarzen Svala – eine richtig schmucke Equipage, dachte Petra stolz. Dicht vor ihr war Rex’ langer, fuchsroter Hals. Alles wirkte friedlich und idyllisch …

Doch nun drehte sich Agneta um und rief: „Gleich kommen wir an ein großes Feld. Dort galoppieren wir; bleibt aber hinter mir. Auf dem Feld sind zwei kleine Gräben, über die wir springen müssen, aber das schafft ihr leicht. Abteilung im Trab. Marsch!“

Wie dumm, Anfänger über ein Feld galoppieren zu lassen, dachte Petra. Einige würden es vielleicht nicht einmal schaffen, auf ihren Plätzen in der Reihe zu bleiben, wenn die Pferde vom Rausch der Geschwindigkeit erfaßt wurden. Und was dachte sich Agneta nur dabei, die Teilnehmer springen zu lassen?

Dann kam sie jedoch auf andere Gedanken, da Rex wieder losstürmen wollte. Sie hatte alle Hände voll zu tun, ihn zurückzuhalten.

Minuten später fragte sich Petra, ob sie den Ausritt nicht abbrechen und mit Astrid umkehren sollte. Doch was würden die anderen denken, wenn sie so deutlich zeigte, was sie von Agnetas Befehlen hielt, würden sie Angst bekommen und ihr ebenfalls nicht mehr folgen? Das war unmöglich. Im Augenblick vertrat Agneta die Reitlehrerin, und jeder, der auf einem Pferd der Reitschule saß, mußte ihren Anweisungen folgen. Es ging ja nicht, daß jeder tat, was ihm paßte, und auf eigene Faust losritt.

Nach kurzem Trab erreichten sie den Waldrand und ritten auf das Feld. Petra hatte gerade den Entschluß gefaßt, Agneta zuzurufen, sie solle lieber auf den Galopp verzichten. Sie wollte so tun, als könnte sie Rex nicht unter Kontrolle halten. Das konnte ja keiner übelnehmen, und die Anfänger brauchten dann weder zu galoppieren noch zu springen. Doch sie kam nicht mehr dazu, ihr Vorhaben auszuführen.

„Galopp!“ schrie Agneta schon und vollführte einen Blitzstart auf ihrer Stute Fleur.

Auch die anderen Pferde galoppierten los, und das Donnern der Hufe machte es Petra unmöglich, noch etwas einzuwenden. Sie war fest entschlossen, Rex nicht an Svala vorbeiziehen zu lassen, schaffte es jedoch nur mit knapper Not.

Der erste Graben war klein und unbedeutend, genau wie Agneta gesagt hatte. Sogar Polly, die eigentlich noch nicht eingesprungen war, überwand ihn ohne Schwierigkeiten. Rex sprang viel zu früh ab, kam aber trotzdem gut auf die andere Seite. Kaum waren sie gelandet, warf er sich zur Seite und vollführte eine ganze Serie ungebärdiger Bocksprünge. Alle Energie, die er aufgespeichert hatte, während er im Stall stand, schien plötzlich auf einmal hervorzubrechen.

Vergebens versuchte Petra, ihn zu zügeln. Sie schwebte ein Stück über dem Sattel, und als Rex sich erneut zur Seite warf, verlor sie das Gleichgewicht völlig. Im Fallen sah sie den Pferdekörper wie eine verschwommene Masse neben sich.

Sie landete im Gras, hielt jedoch die Zügel noch immer fest in der Hand. Aber Rex wollte nicht stehenbleiben. Seine Hufe blitzten durch die Luft, und Petra wurde mit einem gewaltigen Ruck durchs Gras geschleift. Sie konnte nicht mehr klar denken, konnte nicht einmal die Zügel loslassen. Das einzige, was sie bewegte, war der Instinkt, sich festzuklammern. So ließ sie sich weiterschleifen, als hinge ihr Leben davon ab, die Zügel nicht loszulassen.

Keiner der anderen hatte bemerkt, daß Petra abgeworfen wurde. Agneta und Klaus ritten voraus und genossen den wilden Galopp in vollen Zügen. Lena, Marie und das Mädchen auf Ballade waren ein wenig unsicher und hatten genug damit zu tun, sich im Sattel zu halten. Astrid war die einzige, die das wilde Schnauben hinter sich hörte, doch sie wußte nicht, was es bedeutete. Sie dachte überdies vor allem daran, daß sie sich für den nächsten Graben bereithalten mußte. Der erste war ihr eigentlich nicht so schlimm vorgekommen, doch die Geschwindigkeit ängstigte sie. Sie war nie zuvor so schnell geritten. Der ruhige Galopp auf Petras Reitbahn war etwas ganz anderes als diese wilde Jagd. Wie groß mochte dieses Feld sein, und würde sie es schaffen, Svala zu zügeln, wenn sie anhalten mußten? Jede Sekunde schien ihr wie eine Ewigkeit, und ihr war, als könnte jeden Augenblick etwas Schreckliches geschehen.

Tiere sind keine Gedankenleser, doch sie vermögen die kleinsten Bewegungen zu verstehen – Bewegungen, die so flüchtig sind, daß Menschen sie kaum wahrnehmen. Svala spürte sehr genau, daß ihre Reiterin sich fürchtete. Das Pony sah zwar selbst nichts, was beängstigend gewesen wäre, doch da seine Reiterin Angst hatte, mußte ja etwas nicht stimmen. Deshalb schärfte Svala ihre Wachsamkeit, voller Unruhe darüber, daß sie die drohende Gefahr nicht entdecken konnte. Mit weit aufgerissenen Augen und gespitzten Ohren galoppierte sie weiter und wartete darauf, daß sich plötzlich etwas Furchtbares ereignen würde.

Ein Stück entfernt vollführte Rex eine so heftige Kopfbewegung, daß Petra hochgerissen wurde. Sie kämpfte verzweifelt, um auf die Füße zu kommen. Da machte Rex plötzlich halt. Er war gereizt, weil er die Last nicht loswerden konnte, die da an seinem Zügel hing. Das gab Petra die Chance, aufzustehen.

Schon wollte der Hengst wieder losstürmen, doch Petra zog kräftig am Zügel, und Rex begann statt dessen im Kreis um sie herumzugaloppieren.

Petra war zugleich erschrocken und wütend. Sie hatte die größte Lust, Agneta anzuschreien, weil sie so leichtsinnig war, doch Agneta befand sich ja außer Hörweite. Petra war auch böse auf sich selbst, weil sie sich nicht im Sattel gehalten hatte, und auf Rex, der einfach nicht stillstehen wollte.

Nun lief das große Pferd in einem engen Kreis um sie herum. Der Abstand war gerade so groß, wie die Zügel es zuließen. Wie sollte sie dieses verrückte Untier nur endlich dazu bringen, stehenzubleiben, damit sie wieder aufsitzen konnte?

Währenddessen näherten sich die übrigen Reiter dem zweiten Graben. Im Gegensatz zu dem ersten war er sowohl tief als auch breit. Troll lief darauf zu, so rasch es ging, um nicht hinter den anderen zurückzubleiben. Polly raste mit gespitzten Ohren und voller Eifer. Sie wäre am liebsten noch rascher galoppiert; sie wartete nur auf das kleinste Zeichen von ihrem Reiter.

Klaus wurde vom Eifer seines Pferdes angesteckt. Warum sollte er, der so gut ritt, sich unbedingt hinter Agneta halten? Solche Regeln galten für Anfänger, aber er schaffte es auch allein! Ein Druck mit den Fersen – und Polly schoß wie ein Silberpfeil dahin! Sie heftete den Blick auf die Fuchsstute und jagte hinterher. Deshalb sah sie den Graben erst ziemlich spät. Fleur, die eine halbe Länge vor dem Schimmel war, setzte bereits in weitem Sprung über den Graben.

Polly folgte der Fuchsstute mit einem langen, gleitenden Sprung. Klaus stieß vor Begeisterung ein Keuchen aus. Doch der Schimmel sprang ein wenig schräg, so daß die beiden Pferde beim Aufsetzen gegeneinanderstießen. Beide schwankten und kämpften sekundenlang um ihr Gleichgewicht. Doch dank ihrer Geschmeidigkeit schafften es beide Tiere, sich wieder aufzurichten und den Fall zu vermeiden.

Nach ihnen war Ballade gesprungen. Beim Landen warf er sich zur Seite, um nicht gegen die beiden Vollblüter zu stoßen. Puppe befand sich gerade im Absprung, doch Ballade war ihr im Weg und landete genau dort, wo auch sie aufsetzen wollte. Die Stute versuchte abzudrehen, doch es war schon zu spät. Genau am Rand des Grabens glitt sie aus und vollführte einen gewaltsamen Purzelbaum in den Graben hinein. Lena flog wie eine Kanonenkugel durch die Luft und landete weich auf der anderen Seite.

Troll und Svala hielten unvermittelt an, als sie Puppe stürzen sahen. Und ehe Astrid wußte, wie ihr geschah, saß sie selbst zwischen dem Sattel und Svalas Mähne. Instinktiv stützte sie sich mit den Händen am Pferdehals ab und glitt rasch wieder in den Sattel zurück.

Doch unten im Graben zappelte Puppe, und Marie schrie wie am Spieß.

Das war zuviel für Svala, die bereits vor Anspannung zitterte. Das Pony machte unvermittelt kehrt und galoppierte am Graben entlang, fort von dem Geschrei. Astrid, die die Zügel losgelassen hatte, als sie aus dem Sattel gehoben wurde, hatte sie noch nicht wieder ergreifen können. Svala aber war an Petras leichten Griff am Zügel in jeder Lage gewöhnt. Daß die Zügel nun lose herabhingen, überzeugte das Pony davon, daß vom Reiter keine Hilfe zu erwarten war. Und das vergrößerte Svalas Schrecken nur noch.

Petra und der Reiterhof

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