Читать книгу Petra und der Reiterhof - Torbjörg Hagström - Страница 15
Das schönste Geschenk
ОглавлениеEin derartiger Trubel hatte nie zuvor in der Reitschule geherrscht. Viele Transportautos parkten hinter dem Stall, und fremde, edle Pferde mit Fesselbinden und Decken wurden herumgeführt und in freien Boxen untergebracht. Da das Wetter strahlend schön war, kamen besonders viele Leute. Zwei Mädchen vom Reitklub, die Würstchen und Limonade verkauften, hatten bald alle Hände voll zu tun.
Herr Verelius hielt eine Rede. Er hieß alle Gäste herzlich willkommen und wünschte sich, daß das Interesse an seiner Reitschule auch weiterhin anhalten möge. Dann begann die Vorführung mit der Quadrille, die als erster Punkt auf dem Programm stand.
Petra war mit Astrid und deren Eltern unter den Zuschauern. Sie reckte sich, um besser sehen zu können. Würde alles gutgehen? Jedes einzelne Pferd mußte sich ja während der ganzen Zeit genau nach Vorschrift bewegen, damit kein Durcheinander entstand. Keiner durfte zu schnell oder zu langsam reiten, und Petra wußte, daß das leichter gesagt als getan war. Polly versuchte diesmal wenigstens nicht, auszuschlagen, sondern begnügte sich damit, des öfteren zornig die Ohren zurückzulegen. Petra seufzte vor Erleichterung. Es wäre keine gute Reklame für die Reitschule gewesen, wenn die Pferde während der Vorführung aufeinander losgegangen wären.
Es war ein seltsames Gefühl für Petra, unter den Zuschauern zu sein. Ihr Platz hätte ja mit den anderen auf der Bahn sein müssen! Nun beobachtete sie, wie die acht Reiter eine Kehrtwendung machten, zuerst einzeln, dann paarweise und schließlich alle acht nebeneinander, und sie erinnerte sich an all die Übungsstunden während des Sommers. Wie oft hatte sie das selbst auf Rex geprobt.
Als die Pferde Seite an Seite stehenblieben, erklang donnernder Applaus aus den Zuschauerreihen.
Zwischen der Quadrille und der Voltigevorführung, die als nächstes auf dem Programm stand, wurden ein paar Minuten Pause eingelegt, da Troll abgesattelt werden mußte und statt dessen an den Voltigegurt genommen wurde. Die Zeit wurde mit Musik aus dem Lautsprecher überbrückt, und einige der Zuschauer kauften sich Limonade oder Würstchen.
Als Troll jedoch begann, im Kreis um Karin herumzutraben, während Lena und die anderen Mädchen mit ihren Kunststücken anfingen, verließ keiner mehr seinen Platz. Und Petra beschrieb Astrid genau, was auf der Reitbahn geschah. Ein Mädchen nahm einen so gewaltigen Anlauf, als sie aufs Pferd springen sollte, daß sie direkt über Troll hinwegsegelte und auf der anderen Seite im Sand landete. Das Publikum klatschte und lachte begeistert.
Die letzte Vorführung war ein Spiegelritt, der von Agneta und Charlotte ausgeführt wurde. Beide waren in schwarze Jacken und weiße Reithosen gekleidet und glichen einander wie ein Ei dem anderen. Nur an der Farbe der Pferde konnte man die beiden unterscheiden. Natürlich war diese Schau sehr wirkungsvoll, und das Publikum sah mit angehaltenem Atem zu. Petra mußte sich eingestehen, daß die Zwillinge sehr gut ritten. Ihr Programm klappte perfekt, und es war sehr viel schwieriger durchzuführen als die Quadrille.
Nach dieser Vorführung waren zwei Stunden Mittagspause vorgesehen. Dann sollten die Wettkämpfe stattfinden. Vorher wurden jedoch die dafür angemeldeten Pferde noch von einem Tierarzt besichtigt.
Petra saß im Büroraum und verteilte die Nummernzettel an jene Reiter, deren Pferde die Prüfung hinter sich gebracht hatten. Sie wünschte Karin von ganzem Herzen den Sieg. Karin war so nett; sie hatte allen anderen beim Training geholfen und sich um die Vorführung gekümmert. Dabei hatte sie selbst kaum Zeit zum Üben gefunden.
„Was für ein Pech, daß du nicht mitmachen kannst!“ sagte Rosemarie, als sie Ballades Nummernzettel abholte.
„Ja, aber es ist eben nicht zu ändern.“
„Wir werden hier bestimmt noch mehr Wettkämpfe austragen.“ Rosemarie versuchte sie aufzumuntern. „Du und Svala, ihr beide bekommt sicher noch ein andermal die Chance, zu zeigen, was ihr könnt.“
Petra murmelte etwas Unverständliches. Sie hatte dazu ihre eigene Meinung, doch das war ein Geheimnis, das sie noch nicht verraten wollte.
„Aber bestimmt!“ versicherte Rosemarie. „Glaubst du denn nicht daran?“
Petra zwang sich zu einem Lächeln.
„Ach, bald bin ich diesen dummen Gips los, und dann kann mich nichts mehr vom Reiten abhalten. Viel Glück fürs Springturnier!“ Sie sah Rosemarie nach und dachte: Nicht einmal an diesem einzigen Wettkampf darf ich auf Svala teilnehmen! Als Petra noch kleiner war und Svala nur ein unerfahrenes Jungpferd, hatte sie sich oft ausgemalt, daß sie eines Tages zusammen große Wettkämpfe gewinnen würden. Doch das mußte nun für immer ein schöner Traum bleiben.
Diesmal mußte sie sich damit begnügen, Zuschauer zu sein, doch das konnte ja auch Spaß machen. Das C-Springen war als erstes an der Reihe, und Petra war neugierig, wie es Lena dabei ergehen würde.
Cherokee und Lena hatten sich bereits auf den Weg zur Reitbahn gemacht; Lena mit den Taschen voller Karotten und dem Kopf voll guter Ratschläge. Die Eltern gingen mit Astrid und Petra zur Tribüne. Dann begann der Wettkampf, und Astrid lauschte Petras lebendiger Beschreibung über die Vorgänge auf der Bahn.
„Jetzt ist Lena an der Reihe!“ sagte Petra plötzlich. „Da kommt sie. Das Startsignal wird gegeben, und sie reitet los. Cherokee scheint recht munter zu sein. Er geht das erste Hindernis etwas zu schnell an, aber es klappt trotzdem …“
Jetzt springt mein Pferd! dachte Astrid. Aber es war irgendwie eine unwirkliche Vorstellung. Alle anderen konnten sehen, was auf der Bahn geschah, doch sie wußte nicht einmal, wie ihr eigenes Pony aussah. Plötzlich wünschte sie sich, sie wäre zu Hause geblieben.
„Ach du liebe Güte, jetzt ist Lena beim Landen vom Pferd gefallen! Aber sie läßt die Zügel nicht los. Jetzt sitzt sie schon wieder im Sattel und reitet weiter. Nein, Cherokee hält beim Koppelrick plötzlich an – er, der sonst nie verweigert. Da, jetzt macht er wieder unvermittelt halt, und Lena rutscht ab, landet aber auf den Füßen. Das sind … warte mal, sie hat schon fünfundzwanzig Fehler! Da verweigert Cherokee zum drittenmal. Wie schade, jetzt ist sie ausgeschlossen.“
Astrid lauschte gespannt und hörte auch, daß Rosemarie auf Ballade im C-Springen den dritten Platz belegte. Karin gewann das A-Springen, während Agneta auf dem vierten Platz landete und Charlotte auf dem fünften. Nach der Preisverteilung wurde eine Pause eingelegt, während man die Hindernisse wegräumte und die Bahn für die Dressur vorbereitete.
Astrid und Lena stellten sich vor der kleinen Bude an, um Würstchen zu kaufen. Die Johansons fuhren nach Hause, nachdem sie versprochen hatten, ihre Töchter abzuholen, wenn die Wettkämpfe vorüber waren.
Was Astrid betraf, so fand sie den Dressurwettkampf nicht übermäßig interessant. Petra erzählte ihr zwar auch diesmal, was geschah, doch es ging soviel langsamer als das Springen, so daß Astrid es schließlich langweilig wurde.
Als jedoch der fünfte Reiter auf die Bahn kam, dachte Astrid, daß sie das Programm lernen konnte, indem sie genau auf Petras Erklärungen horchte. Sie versuchte sich zu erinnern, in welcher Reihenfolge die verschiedenen Dressurübungen ausgeführt wurden. Da erschien ihr alles plötzlich interessanter, und als der Wettbewerb vorüber war, hatte sie sich schon eine recht gute Vorstellung vom B:2-Programm gemacht. Während die Ergebnisse errechnet wurden, benutzte sie die Zeit, Petra noch einiges zu fragen, was sie nicht begriffen hatte.
Endlich rief eine Stimme aus dem Lautsprecher: „Sieger wurde Peter Lundgren auf Mädchen mit 200 Punkten. Zweite ist Karin Krants auf Rex mit 197 Punkten, dritte Charlotte Verelius auf Karamell mit 184 Punkten, vierte Agneta Verelius auf Fleur mit 180 Punkten …“
Die Punktzahlen der übrigen Teilnehmer, die sich nicht plaziert hatten, wurden ebenfalls verkündet, doch man hörte sie im Jubel des Publikums kaum.
Abends endete das Einweihungsfest mit einem Reiterball im Haus Verelius, aber Petra ging nicht hin. Sie striegelte Svala, so gut es mit der einen Hand ging, und dachte an Klaus. Wie er sich wohl fühlen mochte? Ob er traurig war? Trotzdem wußte Petra, daß sie richtig gehandelt hatte.
An diesem Abend blieb sie noch lange im Stall.
„Lena!“ flüsterte Astrid in der Dunkelheit.
Sie bekam keine Antwort. Lena schlief wohl schon. Astrid lauschte auf das schwache, aber penetrante Summen einer Mücke. Sie selbst konnte das kleine Untier nicht erwischen, und sie wollte ihre Schwester deshalb nicht wecken.
Astrid hatte ihren Eltern nach dem Fest gesagt, daß sie sich für Cherokee entschieden hätte. Damit war die Suche nach einem Pferd beendet. Endlich hatte sie ihr Pony bekommen. Cherokee war wohl das gutmütigste und zuverlässigste von all den Ponys, die sie sich angesehen hatten. Und trotzdem …
Astrid wünschte nun, sie hätte von Anfang an auf einem Pony wie Cherokee reiten gelernt. Sicher wäre sie viel glücklicher über ihn gewesen, wenn sie nicht gewußt hätte, daß ein Pferd so sein konnte wie Svala. Aber es würde mit der Zeit wohl anders werden, wenn sie erst besser reiten konnte. Das war Astrids letzter Gedanke, ehe sie einschlief.
„Hoch soll sie leben, hoch soll sie leben …“
Astrid setzte sich schlaftrunken im Bett auf und hörte, wie ihre Familie durch die Tür ins Mädchenzimmer kam.
„Alles Gute, Astrid!“ schrie Lena und drückte ihrer Schwester ein großes Paket in den Arm.
Astrid horchte auf. Sie merkte an Lenas Stimme, daß etwas Besonderes geschehen sein mußte.
Dann fühlte sie eine Schleife unter den Fingern und begann das Paket zu öffnen. Es enthielt mehrere kleine Gegenstände, die in Seidenpapier eingewickelt waren. Sie rollte den größten davon auf: hartes Holz, lange Borsten – eine Mähnenbürste! Als nächstes kam ein weiches Tuch. Und dann wickelte sie der Reihe nach einen Schwamm, einen Hufkratzer, eine Kardätsche und noch eine kleinere Bürste aus.
„Damit bürstet man die Hufe“, erklärte ihre Schwester.
„Oh, vielen Dank, Lena! Jetzt kann ich Cherokee mit meinem eigenen Putzzeug sauberhalten, statt immer alles von der Reitschule zu leihen.“
Von ihren Eltern bekam Astrid ein ebenso großes Paket. Es enthielt ein Paar Reitstiefel.
„Und dazu kommt noch das Pony – mit Sattel und Trense“, sagte ihre Mutter. „Das zählt wohl auch als Geburtstagsgeschenk.“
„Ja, wir haben den Kauf gestern perfekt gemacht“, fügte ihr Vater hinzu. „Was ist das für ein Gefühl, ein eigenes Pferd zu haben?“
„Oh, ein wunderbares!“
Astrid setzte sich auf die Bettkante und begann die neuen Reitstiefel anzuziehen.
„Die passen genau!“
„Zieh jetzt deinen Morgenmantel an, dann gehen wir frühstücken.“
Astrid behielt die Reitstiefel beim Frühstück an. Ihre Mutter hatte Schokolade gekocht und einen Kuchen gebacken.
Gegen ein Uhr nachmittags kam Petra. Das Paket, das sie anschleppte, war das größte von allen.
„Was hast du dir denn noch einfallen lassen?“ fragte Astrid, während sie das Geschenk betastete. „Ich hab schon Putzzeug und Stiefel bekommen, und eine Reitkappe habe ich längst. – Dein Paket ist auch viel zu groß, als daß es eine Pralinenschachtel oder so etwas Ähnliches enthalten könnte.“
„Mach auf, dann siehst du’s“, sagte Petra lachend.
Astrid riß ein Stück Papier ab und begann eine große Holzkiste auszuwickeln. Sie öffnete den Deckel und steckte die Hand ins Innere. In der Kiste waren mehrere kleine Fächer verschiedener Größe. In einem davon lag ein Metallgegenstand. Astrid nahm ihn heraus und betastete ihn.
„Was ist das?“ fragte sie verwundert.
„Ein Schloß mit einem Schlüssel, um die Kiste zu verschließen“, erklärte Petra. „Damit keiner darin herumwühlen kann, wenn du nicht im Stall bist.“
„Oh … ist es eine Kiste für die Reitsachen? Vielen Dank, das ist eine großartige Idee!“
Astrid holte ihr Putzzeug und legte es liebevoll in die Fächer der Kiste, bis ihre Mutter erschien und sagte: „Mögt ihr jetzt Kaffee und Torte?“ Dagegen hatte natürlich niemand etwas einzuwenden.
„Wollen wir anschließend zum Stall fahren?“ schlug Lena am Kaffeetisch eifrig vor.
„Ja, du mußt doch deine Geschenke ausprobieren, Astrid“, meinte Petra.
„Also gut, wir fahren alle zusammen hin“, sagte Herr Johanson.
Die Torte wurde vollständig aufgegessen, und dann stiegen alle in den Wagen. Lena war so aufgeregt, daß sie kaum stillsitzen konnte.
„Hallo, Cherokee!“
Astrid ging in die Box, doch die anderen blieben auf der Stallgasse zurück. Sie wurde von einem leisen, freundlichen Wiehern begrüßt. Plötzlich schlug ihr Herz einen Purzelbaum. Cherokee hatte doch nie so gewiehert, wenn sie kam. Zeigte er endlich ein wenig mehr Zuneigung für sie? Astrid streckte die rechte Hand aus, in der sie ein Stück Zwieback hielt.
Im nächsten Augenblick berührten weiche Pferdelippen ihre Handflächen, und der Zwieback verschwand.
Astrid hielt den Atem an. Vorsichtig wölbte sie die Hand um das Pferdemaul. Es war ein kleines, festes Maul, das sie kannte. Cherokees Lippen waren weich und ein wenig schlaff. War sie in der falschen Box? Aber nein, das hätten ihr die anderen doch gesagt. Astrid merkte plötzlich, daß es hinter ihr seltsam still geworden war. Sie wagte keine Frage zu stellen. Mit zitternden Fingern tastete sie über den Pferdekopf. Die Stirnlocke war seidenweich und keineswegs so lang und dick wie die von Cherokee. War sie verrückt geworden?
Astrid beugte sich vor und betastete das rechte Vorderbein des Ponys. Nein, das war keinesfalls Cherokees Fell. Das Pony hob den Fuß und legte einen kleinen, runden Huf in ihre Hand. Als Astrid den Huf auf den Boden stellte, spürte sie einen leichten Puff im Rücken.
„Svala?“ flüsterte sie.
„Ja, es ist Svala“, sagte ihr Vater laut. „Sie gehört jetzt dir. Wir haben Cherokee zurückgeschickt.“
„Oh!“
Das blinde Mädchen schlang die Arme um Svalas Hals. War sie wirklich wach, oder träumte sie nur? Sie vergrub ihr Gesicht in der Mähne des Ponys, und plötzlich füllten sich ihre Augen mit Tränen.
„Astrid, bist du nicht froh?“ fragte Lena beunruhigt.
Ihre Schwester lächelte unter Tränen.
„Ach, das ist das schönste Geschenk, das ich in meinem ganzen Leben bekommen habe. Es ist wunderbar! Ich bin noch nie so glücklich gewesen!“
Dann kam ihr jedoch ein anderer Gedanke.
„Aber Petra, jetzt hast du kein Pony mehr!“
„Ich werde mir ein neues, großes Pferd kaufen. Svala ist fabelhaft, aber sie wäre wohl sowieso bald zu klein für mich geworden.“
Petra war nicht sicher, ob sie ihr Gesicht völlig unter Kontrolle hatte, und war zum erstenmal fast froh, daß Astrid nicht sehen konnte. Es war so ein seltsames Gefühl, Svala in einer Box der Reitschule stehen zu sehen und zu wissen, daß ihr das Pony nicht mehr gehörte.
Ein paar Stunden später ging sie allein durch den Wald nach Hause; über den Pfad, auf dem sie so viele Male mit Svala geritten war – auch an diesem Morgen, doch in entgegengesetzter Richtung. Lena hatte sich zwar erboten, zu kommen und das Pony zu holen, doch Petra hatte abgelehnt. Sie wollte an diesem Morgen mit Svala allein sein.
Sie hatte die kleine schwarze Stute gestriegelt, bis ihr Fell glänzte. Dann hatte sie das Halfter gelöst und Svala aus der Box geführt, durch die Stalltür ins Freie und an der Schafweide vorbei.
Schließlich kamen Petra und Svala zum Waldrand und ließen die Wiesen hinter sich. Die Luft war klar und ein wenig kühl. Vereinzelte Sonnenstrahlen sickerten durchs Laub, und der Septemberhimmel war herrlich blau.
Seite an Seite gingen Petra und ihr Pony. Nach einer Weile begann Petra mit Svala zu sprechen, als wäre die kleine Stute ein Mensch und könnte ihre Worte verstehen.
„Ich würde dich nie gegen ein anderes Pferd tauschen oder dich an einen Fremden verkaufen, Svala. Aber Astrid braucht dich, und deshalb muß ich dich jetzt hergeben. Sie sagt zwar, daß sie Cherokee haben will, aber es ist nicht wahr. Ich fürchte, sie würde bald die Lust am Reiten verlieren, wenn sie dich nicht mehr hätte. Sie läßt ja schon jetzt ihre Schwester häufiger auf Cherokee reiten und steht selbst meist zurück. Ich will nicht, daß Astrid zu reiten aufhört. Verstehst du das, Svala?“
Das Pony schmiegte sein weiches Maul an Petras Arm.
„Astrids Vater hat recht. Wenn ich auch kein Pferd finde, das dir gleicht, so kann ich doch eines bekommen, das ich liebgewinne. Für Astrid ist das viel schwieriger.“
Während Petra nun allein nach Hause zurückkehrte, dachte sie jedoch nicht an das neue Pferd, das sie kaufen wollte. Nein, sie dachte an die leere Box im heimatlichen Stall. Kein kleines schwarzes Pony wartete mehr auf sie, nie wieder würde sie das vertraute Wiehern hören, wenn sie die Stalltür öffnete. Die Zeit mit Svala war vorbei.
Sie erinnerte sich noch gut an den Tag, an dem Svala auf den Hof kam. Als das kohlschwarze Fohlen den Transportwagen verließ, war sie das glücklichste Mädchen der Welt gewesen. Und die Jahre, die seitdem vergangen waren, hatten ihre Liebe zu dem Pony noch vertieft. Doch sie spürte, daß Svala der blinden Astrid vielleicht noch mehr bedeuten würde als ihr selbst. Deshalb wußte sie, daß sie das Richtige getan hatte, als sie sich von ihrem Pony trennte. Und sie wußte, daß ihre geliebte Svala in guten Händen war.
Petra fragte sich plötzlich, ob sie je wieder so enge Freundschaft mit einem anderen Pferd schließen würde. Doch dann dachte sie an Astrids fast feierliches Gesicht, als sie zum erstenmal auf ihrem eigenen Pony geritten war, und bereute nicht, was sie getan hatte.
Der Septemberhimmel war noch immer strahlend blau, und Petra ging mit leichten Schritten durch den Wald nach Hause.