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29.12.2013

Meine geliebte Zwillingsschwester!

Bald beginnt ein neues Jahr. Von meinem Doktor Dudszinski habe ich heute im Briefkasten eine Ansichtskarte aus Davos in der Schweiz gefunden. Er schreibt nebst den besten Wünschen zum Neuen Jahr, dass er bedauere, dass ich nicht bei ihm sein könne. Und er unterschreibt mit „in Liebe M.“ Liebt er mich, oder begehrt er mich nur als eine Trophäe in seiner Sammlung weiblicher Ent- bzw. Aufdeckungen? Ich weiß nicht. Soll ich mich ihm anvertrauen und mich ihm hingeben? Er sieht sehr gut aus, ist sehr gescheit, wird von den Kollegen geschätzt und ist zu uns Schwestern immer sehr verbindlich und nett, fragt oft, wie es uns geht. Und jeder von uns dreien ließ er durch die Oberschwester zum Fest in einem Weihnachtstütchen eine Tafel Schokolade überreichen mit einer Weihnachtskarte. Ich glaube, Felicitas schwärmt heimlich von ihm. Denn als sie seine Weihnachtskarte las, drückte sie, unbeobachtet, wie sie wohl glaubte, einen Kuss darauf. Zeigst du William alle meine Mails? Sprecht ihr eigentlich deutsch oder englisch miteinander? Wenn ich bei mir in der warmen Badewanne sitze, denke ich oft an euch, wie ihr dort im Meerwasser schwimmt. Aber passt auf. Ich habe in einer Zeitung gelesen, dass ein Hai bei Sydney einen Badenden angegriffen hatte, er aber von zwei Tauchern noch rechtzeitig gerettet werden konnte. Jetzt habe ich mir die Winterreifen aufziehen lassen, so, dass ich in weniger als zwanzig Minuten in der Klinik sein kann. Schneit es denn auch mal in Sydney, wenn wir hier Sommer haben? Im Radio höre ich gerade Songs von Udo Jürgens, den wir beide so sehr verehrten. Ich denke noch oft an unseren gemeinsamen Abend zurück, als wir nach seinem Konzert ihn zufällig in jenem Restaurant trafen und er vor unserem Tisch in Begleitung einer Brünetten stehen blieb und uns Zwillingsschwestern ein Kompliment über unsere Schönheit machte, nach unseren Namen und nach unserem Wohnort fragte, während seine Begleiterin ihn von uns wegzuziehen versuchte. Er hätte sich bestimmt gerne zu uns gesetzt. Und dann meinte er noch, wir müssten zum Film gehen, denn man würde sicherlich wieder mal ein Doppeltes Lottchen gebrauchen wie die damaligen Kesslerzwillinge. Schade. Denn hätte er sich zu uns gesetzt, hätte er bestimmt uns an eine Film- oder Fernsehagentur vermitteln können. Er wird wohl außer uns Zweien Tausende von weiblichen Fans haben, die auch im Bett an ihn denken mögen. Doch als wir uns William teilten, hörten wir zwar Udos Schlager im Radio, aber unser Traummann war dann William. Soll ich es dir gestehen? Ich vermisse euch beiden, vor allem wenn ich einsam im Bett liege.

Gruß und Kuss von deiner Leo.

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Geliebte Zwillingsschwester

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