Читать книгу Klingen, um in sich zu wohnen 1 - Gabriele Frick-Baer, Udo Baer - Страница 23
2.8 Die soziale Dimension der musikalischen Biografie
ОглавлениеDie bislang angeführten Beispiele für die Wirkungsmöglichkeiten der musikalischen Biografie haben sicherlich schon gezeigt, dass die musikalische Biografie immer auch eine soziale Dimension hat. Unter sozialer Dimension verstehen wir den Bezug zu anderen Menschen, z. B. ihre Anwesenheit und Bedeutung in der Szene des Vorspielens. Auch die Abwesenheit anderer Menschen („Nie hat mir jemand zugehört.“) kann als soziale Dimension wirken. Wie unterschiedlich und zum Teil gravierend die soziale Dimension der musikalischen Biografie deren Bedeutung bestimmen kann, möchten wir an drei kurzen Beispielen illustrieren:
Eine Frau erzählt, dass sie sich selbst das Spielen von Musikinstrumenten beigebracht hat. Um Unterricht nehmen zu können, reichte das Geld nicht, aber es gab einige Instrumente im Haushalt. Also probierte sie und probierte und brachte sich das Spielen selbst bei. Dafür gab es Wertschätzung, die einzige, an die sie sich erinnern kann. Mit dem Musizieren gelang es ihr, eine Oase in der Wüste der Abwertung zu schaffen: „Das war das einzige, worin ich was konnte.“
Für eine andere Frau war nicht so sehr das Spielen, sondern eher das Hören von Musik in der Jugend wichtig gewesen. Sie war in einer großen Familie aufgewachsen. Die Musik, die sie hörte, war anders als die, welche einerseits bei den Geschwistern und andererseits bei den Eltern „in“ war. Ihre Eigenwilligkeit bei der Musikauswahl stärkte ihren Eigensinn und ihr Freiheitsgefühl. Aber sie zahlte einen Preis dafür: Sie blieb mit ihrer Musik allein, bezahlte Freiheit und Eigensinn einige Jahre lang mit Einsamkeit.
Ein Mann erzählt begeistert von seinen Erfahrungen in einer Jugendband. Er konnte ein paar Griffe auf seiner Gitarre, schon tat er sich mit anderen zusammen, übte, probte und trat auf. „Sicher, die Auftritte waren auch toll. Das gab Punkte bei den Mädchen. Klasse war aber vor allem der Zusammenhalt in der Band. Wir waren Freunde. Und wenn es Meinungsverschiedenheiten gab, haben wir gelernt, das so zu regeln, dass die Gruppe nicht auseinander fiel. Ja, ich habe in der Band Teamgeist gelernt. Du musst auf die anderen hören und trotzdem bei dir bleiben – das bringt’s.“