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Wie das gute Bier nach Bayern kam

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Denken Sie jetzt einfach mal an Bier.

Womöglich landen Sie alsbald in Bayern, beim Oktoberfest vielleicht. Haben Sie auch gerade die Vision von Damen in Dirndln, die vor ihrem üppigen Dekolleté eimergroße Gläser zu feschen Buam in Krachledernen schleppen?

Ja, Bier klingt irgendwie nach Bayern - wie Camembert nach douce France, Pasta nach bella Italia und Sashimi nach rohem Fisch.

Der wahre Norddeutsche lehnt sich nun mit einem dezenten Lächeln zurück: Sollen die Bajuwaren doch ihren Bierzirkus veranstalten! Der ist doch einfach nur laut ...

Sodann nimmt der Flachlandbewohner einen schönen Schluck seines kühlen Blonden und genießt mit einem weisen Lächeln die Stille der Tiefebene. Denn er weiß: Das beste Bier stammt traditionell aus dem Norden - und ohne die Entwicklungshilfe, die von hier ausging, wäre Bayern vielleicht noch heute eine Zwergnation in Sachen Gerstensaft ...

Aber der Reihe nach: Als historisches Zentrum der zivilisierten Bierwelt gilt nachweislich das hübsche niedersächsische Hansestädtchen Einbeck. Die Braumeister der Stadt hatten bereits im ausgehenden Mittelalter ein ausgesprochen leckeres obergäriges Bier entwickelt, das durch seinen relativ hohen Alkoholgehalt praktischerweise sehr gut haltbar war - und damit transportierbar. Der exzellente Ruf dieses edlen Getränks hallte durch Europa und so wurde es - ähnlich wie Champagner heute - zu einem gefragten Luxusartikel der Reichen und Schönen zwischen Stockholm und Norditalien, Riga und Antwerpen.

Als vielleicht erster Werbetexter der Neuzeit wurde für die Verbreitung dieses Edelstoffs kein Geringerer als der Kirchenreformator Martin Luther gewonnen - wenn denn die Legende stimmt. Angeblich soll er nämlich nach dem Genuss eines kräftigen Schlucks vom „Einbecker“ auf dem Reichstag zu Worms spontan gedichtet haben: „Der beste Trank, den einer kennt, der wird Einbecker Bier genennt.“

Belegt ist auf jeden Fall, dass Herr Luther zu seiner Hochzeit einige Fässer dieses Tranks nach Wittenberg kommen ließ.

Zu dem Kundenkreis der norddeutschen Braumeister gehörte seit 1555 ferner auch der Hof der Wittelsbacher, also der Herrscher über Bayern. Die importierten erst einmal fleißig aus dem Norden, bis sie 1573 auf die Idee verfielen, ein eigenes Hofbräuhaus zu gründen (zuerst auf Burg Traunstein, dann in München, wo es noch heute steht). Vielleicht waren ihnen die Importe einfach zu teuer geworden, vielleicht konnten die Einbecker auch einfach nicht genug für die Suffköppe im Süden liefern - die genauen Gründe kennt man nicht.

Das mit dem Selbstgebrauten schien aber irgendwie nicht sooo der große Hit gewesen zu sein: Im Jahre 1614 wurde der Braumeister Elias Pichler (Sprachwissenschaftler sind sich übrigens uneinig ... aber womöglich stammt der Begriff „picheln“ - also vulgo: „saufen“ - von eben-diesem Namen her) für viel Geld aus Einbeck abgeworben, um den bayrischen Gerstensaft auf Vordermann zu bringen.

Nun endlich begann auch trinkbares Bier made in Bavaria aus dem Zapfhahn zu sprudeln. „Ainpöckisch Bier“ wurde das genannt - so klingt „Einbecker Bier“ auf Bayrisch. Wenn man es genau nimmt, hätte es „Bier nach Einbecker Art“ heißen müssen - aber wir wollen ja nicht kleinlich sein. Zumal die maulfaulen Südländer im Laufe der Jahre eh die Verballhornung „Bockbier“ daraus machten ...

Als solches kennen - und lieben - es viele noch heute.

In Nord und Süd.

Allerdings wollen wir uns einen Nachsatz erlauben, gerade angesichts des kühlen, blonden Pilseners, das wir gerade trinken. Bockbier á la Einbeck ist ein Auslaufmodell: Rund 70% aller Biere, die heute in Deutschlnd getrunken werden, sind „auf Pilsener Art“ gebraut!

Die sind untergärig und... ch, lassen wir das Fachsimeln!

Nur kurz: Diese Bierart wurde 1842 ausgerechnet von inem Bayern im tschechichen Pilsen entwickelt - also und 300 Jahre nachdem ein Norddeutscher den Bayern das Biermachen beibrachte ... So ist der Lauf der Welt -und das ist gut so!

50 Dinge, die ein Norddeutscher wissen muss

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