Читать книгу 50 Dinge, die ein Norddeutscher wissen muss - Ulfert Becker - Страница 4
Wie das Wetter ist Es ist eine lauschige Maiennacht.
ОглавлениеLauschig ist sie aber nur deshalb, weil wir gerade eben die Heizung angestellt haben. Draußen prasselt ein Dauerregen, das Thermometer zeigt 9° C. Noch vier Wochen bis zum Sommeranfang - aber das Wetter unterscheidet sich kaum von jenem, das wir bereits Ende Februar hatten.
Ein Südländer, der hier im Norden zu Gast sein mag, beginnt nun irgendwann, nach den übrig gebliebenen Psychopharmaka seines letzten Depressionsanfalls zu suchen. Oder nach der Pistole, mit der sich schon sein Onkel das Leben nahm. Oder er bucht einen Flug, der ihn einfach wieder nach Süden bringt.
Der Norddeutsche hat all dies nicht nötig. Er geht einfach ins Internet, schaut auf die Statistiken - und sieht, dass dort, wo er gerade ist, einfach der tollste Platz zum Leben ist. Weil es an anderen Orten nämlich noch viel schlimmer sein kann. In München zum Beispiel.
Von wegen „sonniger Süden“! Die Münchner haben genauso viele Regentage wie die Hamburger, 133 pro Jahr - sagt der Deutsche Wetterdienst, und hat noch mehr Überraschendes zu bieten: In München gehen nämlich fast 970 Liter Niederschlag pro Quadratmeter und Jahr herunter, in der Hansestadt sind es nur lächerliche 770 Liter. Der Nordmensch wundert sich fast, dass die Bajuwaren noch nicht abgesoffen sind - bei soviel Wasser und ganz ohne Deiche ... Am schlimmsten sind in Deutschland allerdings die Wuppertaler dran: Denen tropfen pro Jahr statistische 1154 Liter auf den Kopf.
Und von wegen, der Norden sei kalt!
Angenehme 17,6 °C Durchschnittstemperatur haben wir hier - im Juli. Das ist doch geradezu tropisch angesichts der -45,8 °C, die am Heiligabend 2001 im bayrischen Funtensee herrschten.
Kälter war es seit Beginn der Wetteraufzeichnungen in ganz Deutschland allerdings noch nicht. Bei den Menschen, die anderswo auf dem gleichen Breitengrad wie wir wohnen, jedoch schon: Am Baikalsee in Sibirien zum Beispiel soll es im Winter ja empfindlich kalt werden - bis zu -50°C. Genauso in Alaska - das liegt auch auf der gleichen Höhe wie Norddeutschland.
Kuschelige Wärme also in Norddeutschland - dem Golfstrom sei Dank! Und wenn es auch nur mal 9° C im Mai sind - selbst dabei würde so mancher Sibirier ja schon ins Schwitzen kommen.
Dann aber erst unsere gute Luft!
Mit ihren herrlichen Aromen von Seesalz, fruchtbarem Landboden, grünen Blättern und Regentropfen! Gut aufgerührt durch die Winde, die ständig über unsere Tiefebene streichen- und allen Schiet in der Luft vornehmlich nach Südosten blasen. Feinstaub z.B. - da weiß der Norddeutsche doch erstmal gar nicht, was damit gemeint ist. Und warum er für sein Auto irgendeine Plakette braucht ...
Dann aber recherchiert er im Internet - und findet eine Karte zu dem Thema. Rot und Gelb sticht es ihm in die Augen - Hilfe, ganz Deutschland ist feinstaubverseucht!
Nein, nicht ganz Deutschland ... die norddeutsche Tiefebene ist mit sanftem Hellblau koloriert. Hier lässt es sich durchatmen! Na gut, ganz da unten, in den Alpen, auch. Aber da ist es ja viel kälter als hier, es kommt mehr Regen runter und Berge sind da auch noch... Nee, nee, denkt sich der Norddeutsche: Der tollste Platz ist doch genau hier, wo er immer schon gelebt hat!