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South Bench Lighthouse, Hell’s Kitchen Island, Maine,

13. März 2007, 23.20 Uhr (Dienstag)

Der Leuchtturm von South Bench stand im Südosten der Insel an der steilen Küste oberhalb der Southern Shoals und lag beinahe einhundert Meter über dem Meeresspiegel. South Bench war wohl der zugigste Ort, den es auf der Insel gab, denn beinahe das gesamte Jahr wehte der Wind vom Meer aus über das kleine Eiland. Der Leuchtturm war längst außer Betrieb gestellt, denn mittlerweile gab es GPS und Funknavigation, dennoch lebte Gabriel Jefferson zusammen mit seiner Frau Ava gerne an diesem Ort, an dem er beinahe sein gesamtes Leben zugebracht hatte.

Vor beinahe fünfzig Jahren war er zum Leuchtturmwärter auf Hell’s Kitchen Island ernannt worden, und er nahm seine Arbeit sehr ernst, denn die Untiefen und kantigen Felsen der Southern Shoals waren unzähligen Seefahrern zum Verhängnis geworden. Vor zehn Jahren war der Leuchtturm außer Dienst gestellt worden, aber Gabriel war geblieben. Nun war er vierundsiebzig und bezog eine schmale Rente, doch dafür hatte man ihm und Ava ein lebenslanges Wohnrecht im kleinen Häuschen neben dem Leuchtturm von South Bench eingeräumt, und Gabriel und Ava hatten beschlossen, an diesem Ort auch zu sterben.

Er hatte sich zusammen mit seiner Frau sein kleines Stückchen Erde unmittelbar am Abgrund liebevoll hergerichtet. Das kleine schmucke Holzhaus mit dem Schuppen in unmittelbarer Nähe zum Leuchtturm war in freundlichen, hellen Pastelltönen getüncht und ein kleiner Garten, in dem Ava Salate und Gemüse anbaute, war gegenüber dem Haus angelegt. Anfänglich waren noch ein paar versprengte Schafe in sein Reich eingedrungen und hatten sich an den frischen Kräutern gütlich getan, doch ein eilends errichteter, schmiedeeiserner Zaun hatte Schlimmeres verhindert. Im Village waren Ava und Gabriel nur selten zu sehen. Er war Leuchtturmwärter mit Leib und Seele gewesen, und er liebte es, die Einsamkeit an der unwirtlichen Steilküste am South Bench mit dem einzigen Wesen zu teilen, für das er jemals etwas empfand: mit Ava, die er bereits seit seiner Schulzeit kannte und die er schließlich in Freeport zum Altar führte, nachdem er in der Libanon-Krise als Soldat einer US-Marine-Division an der Operation Blue Bat teilgenommen hatte.

Ab und zu, wenn er Lebensmittel oder neues Material und Werkzeuge für seine Leidenschaft, der Schnitzerei, ergänzte, fuhr er mit seiner Indian Chief, Baujahr 1948, in das Dorf. Dort belud er seinen Beiwagen oder den selbst konstruierten Motorradanhänger und verschwand so schnell wieder, wie er gekommen war. So war es kein Wunder, dass er im Dorf den Ruf eines eigenbrötlerischen Sonderlings innehatte, doch das kümmerte ihn nicht. Er mochte die anderen Insulaner nicht, bis auf Joshua Breed, mit dem ihn eine entfernte Freundschaft verband.

Von ihm hatte er sich auch den Lastwagen geliehen, als er vor ein paar Jahren ein großes Holzkreuz, beinahe drei Meter hoch, direkt an der Steilküste errichtete, das in Richtung der Southern Shoals blickte und den vielen Seefahrern und Fischern gewidmet war, die in den unberechenbaren Untiefen ihren Tod gefunden hatten. Die Southern Shoals bezeichneten ein der Insel vorgelagertes Seegebirge, dessen einzelne Gipfel manchmal nur wenige Zentimeter aus dem Meer ragten und in dem zahlreiche Verwirbelungen und Tiefenströmungen das Wasser ständig in Bewegung hielten. Von der Steilküste aus betrachtet, erschien es beinahe bis zum Horizont wie das Brodeln und Sprudeln von siedendem Wasser in einem Topf. Und eben diese Strömungen waren es, die der Insel den Namen Hell’s Kitchen verliehen, denn hier kochte der Teufel höchstpersönlich eine brodelnde Suppe, die unzählige Seelen in die Tiefe gerissen hatte. Nur eine schmale, schiffbare Rinne zwischen den Shoals und der Nachbarinsel Elm Island im Südosten ermöglichte den Weg hinaus auf die offene See.

Ava schlief bereits tief und fest, als Gabriel weit nach Mitternacht zu Bett ging. Er hatte noch im Schuppen an einer neuen Skulptur für seinen Skulpturengarten gearbeitet. Die beinahe zwei Meter große Holzfigur eines Seemannes. Draußen tobte wie bereits in den letzten Tagen ein heftiger Sturm, und der windgepeitschte Regen prasselte beinahe waagrecht gegen die östliche Hauswand. Bevor er sich niederlegte, warf er noch einen Blick aus dem Fenster. In der schummrigen Dunkelheit erkannte er die helle Gischt der Wellen, die die felsigen Riffe unterhalb der Steilküste umspülten. Die leisen Atemzüge von Ava erfüllten den Raum. Er setzte sich auf das Bett, doch noch bevor er das Licht gelöscht hatte, hörte er draußen ein lautes Klopfen, zuerst ein einzelner Schlag, dann wiederholte es sich immer und immer wieder. Klopf … klopf … klopf …, es klang, als schlage eine Tür gegen die Hauswand. Hatte er vergessen, den Schuppen zu verriegeln? Hatte der heftige Wind womöglich die Tür aufgedrückt?

Mit einem Seufzer erhob er sich, warf seinen Ölmantel über und ging hinaus in die stürmische Nacht. Doch noch bevor er den Schuppen erreicht hatte, gefror ihm das Blut in den Adern.

Otter-Brook-Damm, Keene, New Hampshire,

13. März 2007, 21.50 Uhr (Dienstag)

Seit sieben Stunden hatten sie nichts mehr gegessen. Mitten in der Einöde hatten sie ihren Wagen zurücklassen müssen, nachdem ihnen der Sprit ausgegangen war. In der Dunkelheit waren sie dann quer durch den Wald gestapft, bis sie nahe der Sullivan Road auf eine kleine, unbewohnte Jagdhütte stießen. Wesley Tyler ging es schlecht. Frank Duval hatte ihn die meiste Zeit stützen müssen, doch Tyler hatte nicht aufgegeben und durchgehalten. Eine halbe Stunde hatten sie im Schatten eines mächtigen Baumes abgewartet und die Hütte beobachtet, die auf einer kleinen Lichtung stand und deren Silhouette sich aus dem Mondlicht schälte. Erst als sie sich sicher waren, dass niemand in der Nähe war, schlich sich Duval zur Tür, die mit zwei Bügelschlössern gesichert war. Das erste Schloss ergab sich bereits nach einer Minute, doch das andere, massivere, leistete erheblichen Widerstand. Duval musste sich mächtig anstrengen, bis er es mit einem Schraubenzieher, den sie im gestohlenen Wagen gefunden hatten, endlich aufhebeln konnte. Nachdem er die Hütte gründlich durchsucht hatte, holte er Tyler, der im Schatten des Baumes zurückgeblieben war und schwer atmend auf dem Boden kauerte.

»Komm! Du schaffst es.«

Tyler versuchte sich zu erheben, doch seine Beine knickten wieder ein. Duval ergriff ihn am Arm und zog ihn hoch. Er schwitzte, nachdem er ihn zur Hütte geschleppt hatte. In der Dunkelheit nahm er nur Umrisse wahr, aber die helle Couch in der Ecke hob sich gut vom dunklen Hintergrund ab. Tyler stöhnte laut auf, als er sich auf der Couch niederließ.

»Leg dich hin und ruh dich aus«, sagte Duval. »Ich schau mal, ob ich etwas zu essen finde.«

Tyler seufzte, als sich Duval den Schränken zuwandte. Auf einer Anrichte fand er eine Öllampe. Streichhölzer lagen daneben. Das Licht breitete sich gleichmäßig aus, als er das Streuglas über den brennenden Docht stülpte. Er öffnete eine Tür des Hängeschrankes und pfiff freudig überrascht durch die Zähne.

»Na, das ist wohl ein Glück, das Schicksal meint es gut mit uns«, rief er, als er die Konservendosen im Schrank entdeckte. In einer Schublade fand er einen Dosenöffner. Er ging hinüber zur Couch und stellte die offene Dose auf den Tisch.

»Roastbeef«, sagte er und hielt Tyler ein Stück Fleisch unter die Nase, das er mit dem Messer aufgespießt hatte.

Tyler öffnete seine Augen und schüttelte den Kopf. Ihm war nicht nach essen zumute.

»Du musst essen, wenn du wieder zu Kräften kommen willst.«

»Ich kann nicht!«, jammerte Tyler.

»Wir sind schon so weit gekommen, du darfst jetzt nicht aufgeben. Denk nur an die Palmen und an die weißen Strände in der Karibik, wir werden reich sein und unser Leben genießen.«

»Ich gebe nicht auf, gib mir nur etwas Zeit.«

»Natürlich gebe ich dir Zeit, wir bleiben erst einmal hier. Im Schrank lagern Konserven, die ein halbes Jahr reichen. Morgen schaue ich mich etwas in der Umgebung um.«

»Wenn sie den Wagen finden, werden sie den Wald durchsuchen.«

Duval lächelte und wischte Tylers Bedenken mit einem Handschlag beiseite. »Der Wagen ist gut versteckt, so schnell finden sie ihn nicht. Und jetzt schlaf erst mal. Ich werde dir eine Suppe kochen. Wir haben hier alles, was man zum Leben braucht.«

U.S.-Marshall Service, District Headquarters, Boston,

14. März 2007, 05.55 Uhr (Mittwoch)

»Grünes Nummernschild, 4378 MBA aus Massachusetts«, bestätigte Donovan. »Ein grauer Buick Century, Baujahr 1998, der Wagen ist registriert auf einen gewissen Jimmy Ray Larkin aus Dalton, Massachusetts.«

Er umklammerte den Telefonhörer, während Fleischman die Akte studierte, die ihm Macphie auf den Schreibtisch gelegt hatte.

»Nein, er ist nicht mit dem Wagen unterwegs«, schnauzte Donovan ins Telefon. »Wir gehen davon aus, dass zwei Ausbrecher aus Cedar Junction den Wagen gestohlen haben. Zuvor haben sie Larkin umgebracht. Die beiden Verbrecher sind bewaffnet und gefährlich. Es handelt sich um einen gewissen Dan Lukovic und …«

Nach einer kurzen Pause buchstabierte er den Namen in einer Lautstärke, dass Fleischman nur noch mit dem Kopf schüttelte.

»… und der andere heißt Martin Simmrock, Simmrock mit S, S wie Sierra.«

»Ist dein Gesprächspartner schwerhörig«, unkte Fleischman.

»… sofort Nachricht an das US-Marshall-Büro, das versteht sich von selbst, klar!«

Donovan knallte den Telefonhörer auf die Gabel. »Schwerhörig ist gar kein Ausdruck, eher schwer von Begriff, der Deputy von Lawrence. Aber ich glaube, er hat am Ende doch noch kapiert, was ich will. Die Straßensperren stehen jedenfalls. Zivilstreifen entlang der Highways und den Interstates.«

»Hoffentlich gibt es diesmal keine weitere Pressemeldung. Wir können nicht riskieren, dass die beiden Kerle weitere Leute um die Ecke bringen, das beschert uns eine schlechte Publicity.«

»Der Sheriff von Norwood hat es jedenfalls kapiert, so wie du ihn fertiggemacht hast.«

Fleischman lächelte. »Normalerweise verspeise ich solche Idioten zum Frühstück, er hat noch Glück gehabt.«

Donovan deutete auf die Akte. »Wie sieht es aus?«

Fleischman schob ihm die Akte über den Schreibtisch zu. »Fingerabdrücke von Lukovic im Bad, auf einem Glas und neben dem Bett, Simmrocks Prints waren auf der Klobrille, auf dem Lampenschirm und an der Zimmertür. Damit besteht wohl kein Zweifel mehr an der Täterschaft. Letztlich ist es egal, wer abgedrückt hat, wenn wir sie kriegen, dann kommen sie nie mehr aus dem Knast.«

»Eben, das ist genau, was mir Sorgen macht«, entgegnete Donovan. »Lebenslang hatten sie schon vor ihrer Flucht, mehr geht nicht. Und genau deswegen gehen sie so sorglos vor und versuchen erst gar nicht, ihre Spuren zu verwischen. Ich glaube nicht, dass sie sich so einfach festnehmen lassen. Die gehen bis zum Äußersten.«

»Price ist informiert, die Kollegen in Philadelphia sind Gewehr bei Fuß. Sobald sie dort auftauchen, stehen zwei Squad-Teams bereit. Sie wissen, wie gefährlich Simmrock und Lukovic sind, da mache ich mir keine Sorgen. Vielmehr hoffe ich, dass sie nicht zufällig auf einen übereifrigen Streifenpolizisten treffen, der sich auf einen Schusswechsel mit ihnen einlässt. Das könnte ganz schön ins Auge gehen.«

Donovan warf einen Blick auf die Pepsi Cola-Uhr an der Wand. »Sie benutzen bestimmt Nebenstraßen, in ein bis zwei Stunden könnten sie es bis Philadelphia schaffen.«

»Du hast Recht«, antwortete Fleischman. »Der Hubschrauber steht bereit.«

Donovan erhob sich und nahm seine Pistole aus der Schublade. Er versicherte sich, dass sie geladen war, ehe er sie ins Holster steckte.

»Also, auf nach Pennsylvania!«

Fleischman zog sich seine Jacke über und öffnete die Tür.

»Es geht los!«, rief er den Gang hinunter, wo sich die Büros der Deputy-Marshalls befanden.

Conner Macqueen und Kyle Clarkson stürmten aus ihren Zimmern.

»Lasst uns die Kerle dingfest machen«, wurden sie von Donovan empfangen, ehe alle vier den Fahrstuhl auf das Dach bestiegen, wo ein Sikorsky-Hubschrauber des US-Marshall-Bureau of Boston auf sie wartete.

Peterson Grange, Hell’s Kitchen Island, Maine,

14. März 2007, 09.22 Uhr (Mittwoch)

»Du bist der Master hier auf der Insel, du kannst die Dinge nicht einfach als dummes Geschwätz abtun«, hatte Meg Logan zu ihrem Mann gesagt, als er ihr von Hursts nächtlichem Erlebnis in der Schutzhütte am Northern Trail erzählt hatte. Im Grunde genommen hatte sie Recht. Als Master of the Island war er die einzige Instanz, die sich auf dem sturmgeplagten Eiland im Golf von Maine um Recht und Ordnung kümmerte. Dafür erhielt er sogar ein paar Dollar Aufwandsentschädigung im Jahr vom Cumberland County, dem zuständigen Regierungsbezirk für Hell’s Kitchen Island.

Also hatte er sich am frühen Morgen in seinen Toyota Pick-up gesetzt und war die schlammigen Straßen über den Poundrell Spring hinauf an den Northern Trail gefahren. Zweimal wäre er auf der durchnässten und schmierigen Piste beinahe stecken geblieben, und einmal schaffte er eine Anhöhe nur dank seines Allrad-Antriebes und im zweiten Anlauf. Auf der Peterson Grange hatte er Halt gemacht und mit Joshua Breed und seiner Frau Ella gesprochen und gefragt, ob ihnen etwas Ungewöhnliches aufgefallen war. Breed hatte sich wie immer über seinen Konkurrenten Otis Bratt beschwert, der zunehmend die offenen Weiden am Northern Trail für sich vereinnahme. Doch als Logan ihn in seinem Redeschwall bremste und ihn auf die vergangene Nacht ansprach, schüttelten Joshua wie auch Ella den Kopf. Zuerst hatte er es vermieden, über den nächtlichen Vorfall am Northern Trail zu berichten, doch dann war Alex Breed, Joshuas ältester Sohn, zu der kleinen Gruppe gestoßen und hatte sofort von Malcom Hursts Gruselgeschichte angefangen, während Joshua Breed zunehmend die Zornesröte ins Gesicht stieg.

»Da machst du dich wegen so einem Spinner und Säufer bei diesem Wetter auf den Weg«, polterte der alte Breed, »und wenn ich mich bei dir beschwere, dann sitzt du tatenlos in diesem Sündenpfuhl, die sich Bar nennt, und schenkst mir ein müdes Lächeln.«

Logan hob abwehrend die Hände. »Ich sagte dir schon, Joshua, deinen Clinch mit Otis musst du alleine austragen. Solange alles nach Recht und Ordnung verläuft, mische ich mich in diese Sache nicht ein. Und die Schutzhütten mit Ketten abzusperren, das ist nun einmal nicht in Ordnung.«

Alex nahm Logan ein Stück zur Seite. »Ach, Vater und diese Bratts, das wird niemals mehr enden«, seufzte er. »Aber ich kann dir versichern, dass keiner unserer Leute in der Nacht am Northern Trail war. Otis grast mit seiner Herde dort, wir sind an den Poundrell ausgewichen, da pfeift der Wind nicht ganz so stark, und das Gras dort ist saftig und wächst im Überfluss. Von unseren Männern hat Malcom keiner einen Streich gespielt. Ich glaube eher wie Vater, dass der die Geschichte einfach erfunden hat. Wenngleich irgendetwas auf dieser Insel in den letzten Tagen und Wochen nicht stimmt.«

Logan wurde hellhörig. »Was meinst du damit?«

Alex beugte sich verschwörerisch ein Stück vor und begann zu flüstern. »Randy war vor drei Tagen am Violent Beach. Er meint, dort kurz vor Sonnenuntergang eine Gestalt gesehen zu haben. Ein Kerl hat sich in der Nähe des Klosters herumgetrieben, und er hat ihn nur bemerkt, weil die Schafe plötzlich unruhig wurden.«

»Und warum habt ihr das nicht gemeldet?«

Alex zuckte mit der Schulter. »Es hätte auch jemand aus dem Dorf sein können oder der neue Lover von unserer Diva, der keinen Schlaf findet und draußen herumwandelt.«

»Bei dem Wetter?«

Alex runzelte die Stirn. »Na ja, du hast recht, bei diesem Wetter geht keiner freiwillig hinaus, der nicht hinaus muss. Aber du kennst Vater, wenn Randy etwas gesagt hätte, dann würde Vater wieder das alte Lied vom Alkohol und der Sauferei anstimmen. Du kennst seine Einstellung. Und Randy trinkt nicht. Aber in so einem Fall hält man besser den Mund. Ich meine ja nur, schließlich gab es ja auch diese komischen Einbrüche.«

»Du meinst die Scheune mit den Löchern im Boden?«

»Genau«, bestätigte Alex. »Irgendein Spinner treibt sich in der Nacht hier auf der Insel herum, und da es in den beiden letzten Wochen stürmt, blitzt und hagelt und kein Schiff vom Festland auf die Insel gekommen ist, kann es nur einer von der Insel sein.«

Logan nickte nachdenklich. »Vielleicht hast du Recht. Und wer käme dafür deiner Meinung nach in Frage?«

»Ich sagte doch schon, der neue Lover von unserer Schreiberin. Er ist erst seit dem Winter bei uns. Oder vielleicht Travis, diesem Sonderling würde ich es ebenfalls zutrauen. Ich meine, wer lebt schon seit Jahren ohne Kontakt zu den Menschen im Dorf auf der Insel. Wenn man einsam ist, dann wird man eben irgendwann sonderbar.«

»Gabriel und Ava lassen sich auch nur ab und zu im Dorf blicken«, entgegnete Logan.

Alex zuckte mit der Schulter. »Gabriel ist ein alter Mann, der zeit seines Lebens am Leuchtturm lebte, und außerdem hat er Ava und seine Holzfiguren. Er ist es mit Sicherheit nicht gewesen, aber dieser dunkelhäutige Afroamerikaner stammt aus einer großen Stadt. Ich würde mich nicht wundern, wenn er in dieser Einsamkeit mit der alten Crawford langsam den Inselkoller kriegt.«

Logan nickte und bedankte sich bei Alex Breed.

»Und was machst du jetzt?«, fragte er Logan, der sich anschickte, in seinen Wagen zu steigen.

»Ich denke, ich fahre mal hoch an den Northern Trail, mal sehen, ob ich etwas entdecke. Außerdem ist es bestimmt kein Fehler, mal bei Gabriel und Ava am Leuchtturm vorbeizuschauen. Die beiden waren schon über einen Monat nicht mehr im Village. Vielleicht haben sie etwas bemerkt.«

»Dann wünsche ich dir viel Glück bei deiner Suche nach dem Inselphantom, und nimm Vater nicht ernst, du kennst ihn ja.«

Logan nickte, schlug die Tür zu und startete den Wagen. Als er vom Hof fuhr, winkte ihm Alex nach. An der Abzweigung bei Sandfort bog er links in Richtung des Northern Face ab. Der Tag war noch jung. Es regnete leicht, und der stürmische Wind der Nacht hatte nachgelassen. Doch die Wolken, die von Osten über die Insel zogen, waren noch immer dunkel und hingen tief am Horizont.

Blutinsel

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