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Amherst Road, Sunderland, Massachusetts,

15. März 2007, 11.30 Uhr (Donnerstag)

Die Spurensicherung im Haus von Doktor Caven war abgeschlossen. Fingerprints von Lukovic und Simmrock waren im gesamten Behandlungssaal verstreut. Sie hatten sich keine große Mühe gegeben, ihre Spuren zu verwischen. Weshalb auch, auf sie wartete sowieso eine Gefängniszelle im Hochsicherheitstrakt, die sie lebend wohl nie mehr verlassen würden. Doch genau dieser Umstand machte sie so gefährlich wie reißende Raubtiere. Noah Fleischman wusste, dass sie alles und jeden aus dem Weg räumen würden, denn sie hatten nichts zu verlieren. Nichts, außer ihrer vor kurzem erlangten trügerischen Freiheit.

Die Fahndung nach dem roten Jeep Comanche des Doktors lief auf Hochtouren. Die Streifen aller Sheriff-Departments entlang der Küste waren verständigt. Inzwischen wusste wohl jeder Polizist, wie gefährlich die beiden Verbrecher waren, die in einem roten Comanche mit einer Zulassung aus Massachusetts auf der Flucht waren.

»Sie werden den Doc nicht töten, solange sie auf ihn angewiesen sind«, sagte Fleischman und schnippte das Zigarillo in hohem Bogen auf die Straße.

»Ich hoffe für den Doc, dass du dich nicht irrst«, antwortete Donovan.

»Gibt es Neuigkeiten von unseren beiden anderen Kandidaten?«

»Tyler und Duval?«

»Nein, Laurel und Hardy«, versetzte Fleischman genervt. »Natürlich, wen sollte ich sonst meinen?«

Donovan schüttelte den Kopf. »Noch keine Spur, es scheint, als seien sie vom Erdboden verschwunden. Macphie und Carter überprüfen alle außergewöhnlichen Ereignisse. Diebstähle, Einbrüche, gestohlene Wagen, aber bislang Fehlanzeige.«

»Tyler und Duval sind mit Sicherheit die härtere Nuss, die wir zu knacken haben«, folgerte Fleischman nachdenklich und kratzte sich am Kinn. »Sie verwischen ihre Spuren und machen sich unsichtbar. Ich denke, Tyler ist in diesem Duo die treibende Kraft. Nach allem, was ich aus seiner Akte herauslesen konnte, hat er Grips.«

»Wenigstens lassen sie keine Leichen zurück. Was machen wir jetzt?«

Fleischman öffnete die Wagentür des Dienstwagens, der ihm vom Sheriff des Franklin Countys überlassen worden war, und kramte im Handschuhfach.

Er fluchte, weil er die Landkarte nicht sofort fand. Schließlich tauchte er wieder auf und breitete die Karte auf der Motorhaube aus. Mit dem Finger zeigte er auf die Amherst Road, in der sie sich befanden. Er schaute auf seine Uhr.

»Sie waren gestern Abend gegen neun hier, jetzt ist es kurz vor Mittag. Angenommen, die Behandlung dauerte ein bis zwei Stunden, bevor sie aufgebrochen sind. Sie haben etwa zwölf bis vierzehn Stunden Vorsprung. Die Straßensperren entlang der Küstenstraße stehen seit zehn Uhr, und bislang gibt es keine Sichtungsmeldung. Das heißt, sie haben Springfield bereits hinter sich gelassen. Sie könnten schon längst in Philadelphia sein.«

Donovan beugte sich über die Karte. »Sie müssen damit rechnen, dass wir wissen, mit welchem Wagen sie unterwegs sind. Sie werden versuchen, den Wagen zu wechseln.«

»Gibt es neue Meldungen über gestohlene Wagen von hier bis nach Pennsylvania?«

Donovan schüttelte den Kopf. »Es könnte sein, dass sie noch immer hier in der Gegend sind oder nach Westen fahren, um New York zu umgehen.«

Fleischman faltete die Karte zusammen. »Das Office soll uns jede Straftat von hier bis nach Montgomery melden, ich will sofort verständigt werden, wenn sich etwas ereignet, das mit unseren beiden Flüchtenden zusammenhängen könnte. Unsere Leute sollen Augen und Ohren offen halten, rund um die Uhr.«

»Das ist verdammt viel, was du verlangst. Du weißt, dass wir knapp an Leuten sind. Sie arbeiten seit sechsunddreißig Stunden und müssen auch mal schlafen.«

»Wann hast du das letzte Mal geschlafen?«, gab Fleischman zurück.

Donovan fuhr sich über die Stirn, bevor er sich an den Magen fasste. »Geschlafen habe ich im Wagen, aber etwas zu essen könnte ich vertragen.«

»Dann gehen wir jetzt essen. Schlafen können wir noch, wenn die Kerle wieder hinter Gittern sitzen.«

South Bench, Hell’s Kitchen Island, Maine,

15. März 2007, 11.45 Uhr (Donnerstag)

»Sie haben noch nicht einmal nach der Frau gesucht«, fluchte Cathy.

»Logan hat vielleicht recht, der Täter hat sie wohl über die Klippen gestoßen«, antwortete Brian Stockwell, der sich locker gegen das Geländer des Aufganges zum Leuchtturm lehnte. Logan wartete in einiger Entfernung hinter dem Absperrband an seinem Wagen.

»Collingdale hat keine Hinweise gefunden, dass die Frau über die Klippen gestoßen wurde, deswegen müssen wir davon ausgehen, dass sie noch lebt.«

»Der Mann hing an einem drei Meter hohen Kreuz, das wird wohl kaum seine Ehefrau gewesen sein«, wandte Brian ein.

»Das habe ich auch nicht behauptet, aber solange wir keine sicheren Anzeichen dafür haben, dass sie tot ist, gehen wir erst einmal davon aus, dass sie noch lebt. Der Täter könnte sie entführt haben, oder sie ist vor lauter Panik einfach davongelaufen. Logan hat es nicht für notwendig gehalten, nach ihr zu suchen, aber er ist kein Polizist, er ist ein einfacher Fischer, der zum Master der Insel gewählt wurde. Ich will, dass die Insel durchkämmt wird. Ich will, dass wir nach der Frau suchen, mit allen Mitteln, die uns zur Verfügung stehen.«

»Vielleicht sollten wir im Dorf …«

»Und ich will, dass die Polizei nach ihr sucht und niemand von dieser verdammten Insel kommt, hier kann jeder Bewohner der Täter sein.«

Brian richtete sich auf und salutierte. »Okay, Lieutenant. Ich werde alles in die Wege leiten. Der Chief von der Yarmouth Police wird aber nicht begeistert sein.«

»Das ist mir scheißegal, ich leite hier die Ermittlungen, falls du es schon vergessen hast.«

Cathy ging auf Logans Wagen zu.

»Was machst du, wenn ich fragen darf?«

Sie blieb stehen und drehte sich noch einmal um. »Ich fahre mit Logan ins Dorf und sehe mir die Leiche an, bevor sie weggebracht wird.«

»Und ich bleibe hier?«

»Ja, dann bleibst du hier und wartest auf die Kollegen aus Yarmouth.«

»Das kann ganz schön lange dauern«, gab Brian zu bedenken.

»Sobald ich mir die Leiche angeschaut habe, komme ich wieder hierher zurück.«

»Gut.«

Cathy ging ein paar Schritte weiter, ehe sie sich nochmals umwandte.

»Ach so, falls du heute noch mit Stoddart sprichst, dann sag ihm liebe Grüße von mir.«

Brian grinste und hob abwehrend die Hände. »Partner«, rief er ihr nach. »Wir sind doch Partner!«

Als Cathy den schwarzen Pick-up erreichte und zielstrebig auf die Beifahrertür zuging, beeilte sich Logan, ihr die Tür zu öffnen.

»Fahren Sie mich in das Dorf!«, sagte sie mit befehlsgewohnter Stimme.

»Aber ich dachte …«

»Was ist denn nun schon wieder?«

»Sie fahren alleine, ich meine, ohne Ihren Kollegen?«

»Haben Sie damit ein Problem?«, reagierte Cathy schlagfertig und zog einfach die Tür zu. Logan umrundete den Wagen und setzte sich hinters Steuer. Wortlos startete er den Wagen. Er fuhr über den Northern Trail hinunter ins Dorf. Als sie die Peterson Grange passierten, zeigte Cathy auf den Hof. »Wer wohnt dort drüben?«

»Das ist der Hof von Joshua Breed, ein unangenehmer Zeitgenosse. Die Schafe, die dort hinten grasen, gehören ihm.«

»Wir sollten anhalten und fragen, ob er etwas gesehen hat«, schlug Cathy vor.

»Das halte ich für keine gute Idee«, konterte Logan.

»Weshalb nicht?«

»Ich habe schon mit ihm und seinen Kindern gesprochen, sie haben nichts Ungewöhnliches bemerkt.«

»Ich würde mich gerne selbst davon überzeugen.«

»Der alte Josh ist etwas griesgrämig, wenn sich Fremde auf seinem Hof herumtreiben. Er ist Quäker, müssen Sie wissen, und sehr konservativ.«

»Sie meinen, er hat etwas gegen Fremde, wenn sie dunkler Hautfarbe sind?«

Logan zuckte mit der Schulter.

»Soviel ich weiß, waren es Quäker, die vor Hunderten von Jahren die ersten Sklaven freikauften, so schlimm kann es also gar nicht werden. Fahren Sie auf den Hof!«

Logan seufzte, befolgte aber Cathys Anweisung. Als der schwarze Pick-up vor dem weiß getünchten Haupthaus anhielt, trat Joshua Breed aus der Tür. Auf der Treppe blieb er stehen.

»Warten Sie«, sagte Logan, »ich spreche …«

Noch bevor er seinen Satz zu Ende gesprochen hatte, öffnete Cathy die Tür und stieg aus. Langsam schlenderte sie auf Breed zu, der auf der obersten Stufe der Treppe stehen geblieben war und die Frau misstrauisch musterte.

»Ich bin Detective Lieutenant Cathy Ronsted von der Portland-Police«, stellte sich Cathy vor und präsentierte ihre Polizeimarke. »Ich untersuche den Mord an Mister Jefferson, dem Leuchtturmwärter.«

»Und was habe ich damit zu schaffen?«, gab Breed barsch zur Antwort.

»Ist es nicht unsere Christenpflicht, die Sündigen zu finden und sie auf den rechten Weg zurückzuführen?«, erwiderte Cathy.

»Kommen Sie, Officer!«, forderte der bärbeißige Schäfer Cathy auf. »Aber Ihren Fahrer lassen Sie im Wagen, er steckt mir seinen Kopf zu oft mit dem lausigen Pack der Bratts zusammen.«

Logan blieb verlegen vor seinem Wagen stehen und beobachtete, wie der alte Joshua und Cathy im Haus verschwanden. Kaum eine halbe Stunde später kehrten sie zurück, Joshua Breed winkte ihr noch freundlich nach. Logan hatte wieder im Wagen Platz genommen, als sie sich auf dem Beifahrersitz niederließ.

»Wie … wie haben Sie das gemacht?«, fragte er ungläubig. »Der alte Josh ist normalerweise nicht so handzahm.«

»Das mit den Fremden müssen Sie missverstanden haben, Logan. Er kann Sie nicht leiden, aber gegen Fremde hat er nichts, vor allem, wenn sie bibelfest sind.«

Logan musterte die Frau mit großen Augen.

»Aber Sie haben Recht«, fuhr Cathy fort. »Er hat nichts Ungewöhnliches bemerkt.«

Im Dorf fuhr Logan bis zum Haus des Doktors, dort hielt er an.

»Ich sage Doktor Cameron Bescheid«, sagte er.

»Ist er der Arzt, der die Leichenschau durchgeführt hat?«

»Er ist Veterinär«, erklärte Logan. »Wir haben keinen Arzt auf Hell’s Kitchen Island.«

Doktor Cameron begrüßte Cathy liebenswürdig, als er mit Logan zurück zum Wagen kam. »Ich bin Doktor Cameron. Wie ich hörte, leiten Sie die Ermittlungen. Ich muss zugeben, ich beneide Sie nicht.«

»Sie haben sich die Leiche betrachtet?«

»Logan hat mich darum gebeten«, antwortete der Tierarzt. »Ich habe so etwas noch nicht gesehen. Gabriels gesamter Körper ist von Wunden übersät. Es muss ein Psychopath gewesen sein. Ein Mensch, der noch einen Funken Mitleid besitzt, wäre dazu nicht fähig.«

»Wissen Sie, woran er starb?«

»Er wurde gefoltert, ich nehme an, dass während der Tortur einfach seine Organe versagt haben. Der Blutverlust war zu hoch.«

»Sind Sie sich sicher?«

Doktor Cameron lächelte. »Wissen Sie, Detective, die Physiologie eines Menschen und eines Schweins sind sich gar nicht so unähnlich. Vor Jahren wurde ich zu einer Muttersau gerufen, die von wilden Hunden angefallen worden war. Der Körper des Schweins war von unzähligen Bissen übersät. Es starb, weil die Vielzahl der Verletzungen einfach dazu führte, dass die Organe ihren Dienst versagten, und die Sau verblutete. Bei Gabriel ist es ähnlich.«

»Ich verstehe«, antwortete Cathy.

Eine halbe Stunde später, nachdem sie sich in der kleinen Leichenhalle von Landsman’s Chapel den Leichnam des Ermordeten angesehen hatte, wusste sie, was Doktor Cameron meinte. Gabriel Jefferson war nicht nur ermordet worden, man hatte ihn zu Tode gequält. Als sie auf der Treppe der Kapelle stand und eine Zigarette rauchte, klingelte ihr Handy. Sie meldete sich. Brian Stockwell war am Apparat.

»Der Chief vom Yarmouth Police Department hat nicht genügend Männer für eine Suchaktion. Er kann einen Helikopter mit Wärmebildkamera schicken. Aber mehr als zwanzig Mann kann er nicht abstellen. Und vor morgen früh läuft sowieso nichts mehr.«

Cathy überlegte. »Haben Sie eine Möglichkeit, ins Dorf zu kommen?«

»Collingdale braucht noch zwei bis drei Stunden.«

Cathy wandte sich an Logan. »Mister Logan, macht es Ihnen etwas aus, wenn Sie meinen Kollegen am Leuchtturm abholen und hierher bringen?«

Logan schüttelte den Kopf.

»Brian, hören Sie, Mister Logan holt Sie in zwanzig Minuten ab.«

Brian bestätigte, bevor Cathy das Gespräch beendete.

»Fahren Sie mit?«, fragte Logan.

Cathy schüttelte den Kopf. »Es soll hier eine Pension geben«, sagte sie.

Logan wies in Richtung des Gebäudes am Ende der Straße. »Hell’s End, gleich gegenüber.«

»Gut«, erwiderte Cathy. »Bringen Sie meinen Kollegen bitte dorthin.«

»Soll ich Sie nicht besser begleiten?«

»Danke, Logan, aber ich komme schon zurecht, ich bin ein Stadtkind, müssen Sie wissen.«

Hell’s End Bar, Hell’s Kitchen Island, Maine,

15. März 2007, 13.25 Uhr (Donnerstag)

Cathy wartete, bis Logan in seinen Wagen gestiegen und losgefahren war, ehe sie sich den Gräbern auf dem angrenzenden Friedhof zuwandte. Zwei Möwen flogen zeternd und kreischend im Tiefflug über sie hinweg. Tief atmete sie die salzige Seeluft in ihre Lungen, ehe sie über den Friedhof in Richtung Straße schlenderte. Die kleinen, weiß getünchten Holzhäuser gegenüber der Main Street wirkten wie aus einem Prospekt, das für einen idyllischen Urlaub auf einer der schönen Inseln im Golf warb. Bevor sie das Hell’s End aufsuchte, schlenderte sie noch zum Hafen hinunter. Das halb verfallene Fabrikgebäude, an dem noch der verblasste Schriftzug Atlantic Seafood Ltd. zu lesen war, passte nicht recht in die malerische Umgebung und trübte den Eindruck einer Ferieninsel. Doch schon als sie am Anleger angekommen war und hinaus auf die raue See blickte, fand der Hochglanzprospekt seine Fortsetzung. Sie setzte sich auf einen der Polder an der Hafenmauer und schaute hinüber zum Bootshafen, wo ein Seemann in gelber Latzhose damit beschäftigt war, ein Fischerboot zum Auslaufen vorzubereiten. Sie erinnerte sich an ihren letzten Segeltörn, zusammen mit Viona, der nun bereits über zwei Jahre zurücklag. Nach der Trennung von Doug, der sie auf das Tiefste verletzt hatte, war Viona ihre einzige Freundin gewesen. Mit ihr konnte sie über alles reden. Damals hatten sie sich täglich getroffen, und Viona war es zu verdanken, dass sie nicht an ihren dunklen Gedanken erstickte, aber ihr letztes Treffen lag nun schon über zwei Monate zurück. Es wurde höchste Zeit, sich mal wieder mit ihr zu verabreden. Die Schreie der Möwen rissen sie aus ihren Gedanken. Sie erhob sich, verließ den Hafen und schlug den Weg zur Pension ein.

Hell’s End, das Ende der Hölle, welch ein seltsamer Name für eine Herberge, dachte sie, als sie die Tür öffnete. Eigentlich hatte sie eine Rezeption erwartet, doch plötzlich stand sie mitten im Gastraum einer Kneipe. Eine Frau war hinter dem Tresen mit dem Spülen von Gläsern beschäftigt. Die meisten Plätze waren leer, nur neben dem Tresen an einem runden Tisch saßen drei ältere Männer, die verstummten und ihr argwöhnische Blicke zuwarfen, als sie sie entdeckten.

»Hat sich wohl ein Paradiesvogel zu uns verirrt«, sagte einer der Männer mit einem dichten grauen Bart. Die anderen am Tisch lachten. Cathy trat vor den Tresen, während die Frau ein Glas auf der Spüle platzierte.

»Ich hörte, hier ist so etwas wie ein Hotel?«, fragte Cathy.

»Motel, Pension, Bar, Restaurant und Café«, antwortete die Frau hinter dem Tresen. »Alles, was Sie wollen, und absolut konkurrenzlos im Umkreis von zweihundert Meilen.«

»Gut, ich suche zwei Zimmer.«

»Da sind Sie hier aber ganz falsch, am anderen Ende der Insel steht eine Villa, ich glaube, da sind Sie viel besser aufgehoben«, sagte der bärtige Mann, der am runden Tisch saß und sich erhob. »Da passen dann auch die Farben viel besser zueinander.«

»Halt’s Maul, Malcom«, wies ihn die Frau hinter dem Tresen barsch zurecht. »Ich bin Mia Honeywell, die Besitzerin dieses Etablissements. Ich hätte zwei Zimmer für Sie frei, Miss …«

»Ich dachte nur, bestimmt gehören Sie zu diesem Cole und der Crawford«, bemerkte der Bärtige abfällig, ehe er sich wieder niedersetzte und mit seinen Tischnachbarn tuschelte.

Cathy lächelte und trat an den runden Tisch, sie zückte ihre Polizeimarke und streckte sie dem Bärtigen vor die Nase. »Ich bin Detective Lieutenant Ronsted, und Sie müssen Malcom Hurst sein, wenn ich mich nicht irre.«

Hurst schaute Cathy verdattert an. »Ja«, krächzte er verlegen.

»Hatten Sie bei dem Gespenst, das Sie auf der Hochebene gesehen haben, auch so eine große Klappe?«

Er wurde weiß wie eine Wand. »Ma’am, woher wissen Sie …?«

»Ich leite die Ermittlungen im Mordfall Jefferson, und ich denke, wir sollten uns unterhalten. Morgen, sagen wir um zehn, hier in dieser Pension.«

Der Mann in der Ecke, der wohl noch ein paar Jahre älter als Malcom Hurst war und wie ein Aristokrat aus dem alten England wirkte, erhob sich, ließ seine Hacken zusammenknallen und salutierte. »Admiral Anthony Broon, US-Navy!«, sagte er förmlich. »Zu Ihren Diensten, Ma’am. Einige der besten Offiziere meines Kommandos waren Farbige.«

»Du bist nicht mehr bei der Navy«, konterte der Dritte im Bunde.

»Sie sind …?«

»Stone, Joseph Stone, Miss … ähm … Officer«, stotterte der Angesprochene.

Cathy lächelte in die Runde. »Ich denke, wir werden uns alle noch einmal unterhalten müssen, später, und falls Sie noch keine Farbigen gesehen haben, gehen Sie einfach aufs Festland, dort laufen viele davon herum. Und Sie werden es nicht glauben, aber sie tragen Anzüge und keinen Lendenschurz. Also, meine Herren, Admiral, einen schönen Tag noch.«

Als sie sich Mia Honeywell zuwandte, grinste die Wirtin breit. »Denen haben Sie es aber gegeben, diesen alten, senilen Holzköpfen«, flüsterte sie.

Blutinsel

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