Читать книгу Dornröschen muss sterben - Ulrike Barow - Страница 14
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Оглавление»Netter Mann, dein Kollege«, sagte Hendrik. »Solche Stammgäste sind Gold wert für diese Insel. Komm, ich bring dich noch zum Heimatverein, Rolle, und dann werde ich mal wieder zum Boot schauen.«
Einträchtig liefen die beiden zum alten Bummert, der die Ausstellung des Heimatvereins beherbergte. Vor der Tür verabschiedeten sie sich. Sie tauschten ihre Handynummern aus und beschlossen, sich nicht wieder aus den Augen zu verlieren.
Auf dem Weg zum Hafen versuchte Hendrik noch einmal, Britta zu erreichen. Diesmal hatte er Glück.
Sie meldete sich sofort nach dem ersten Klingelton, aber ihre Stimme klang ganz klein und belegt. Hendrik merkte sofort, dass etwas nicht in Ordnung war. Ganz und gar nicht in Ordnung. »Britta, was ist los? Wo warst du die ganze Zeit? Ist was passiert?«
Er hörte Britta leise atmen, dann sagte sie: »Ach, Hendrik, ich musste mal kurz abtauchen. Mein Ex hat angerufen und gedroht, auf die Insel zu kommen. Und das wäre eine mittlere Katastrophe. Er lässt einfach nicht locker und wenn der seine Eifersuchtsanfälle kriegt, dann Gnade uns Gott. Ich bin gleich heute Morgen ganz früh aus dem Haus und um die Insel gelaufen. Damit mein Kopf wieder klar wurde. Ich habe nur der Chefin vom Küchenteam Bescheid gesagt, und die hat das leider nicht weitergegeben. Ich bin jetzt wieder in der Halle, da fühle ich mich sicher mit den ganzen Menschen um mich rum.«
Hendrik wusste nicht, wie er mit der Situation umgehen sollte, fragte dann aber: »Soll ich kommen?«
»Nee, lass man, ich habe heute den ganzen Tag so viel zu tun, wir treffen uns um neun bei dir auf dem Boot. Fünf Uhr schaffe ich nicht.«
Hendrik war froh, nicht ihre Probleme teilen zu müssen. Spaß haben war gut, aber Beziehungskisten? Davon hatte er die Nase gestrichen voll.
Am Anleger war Ruhe eingekehrt. Einige Wattwanderer saßen mit bloßen Füßen vor dem Verhungernix und warteten auf den Wattführer, der ihnen bei Niedrigwasser die Geheimnisse des trocken gefallenen Landstriches zwischen Insel und Festland näherbringen wollte.
Am Steg sah Hendrik sein Boot träge in der Sonne dümpeln. Gleich daneben lag die Achteran.
Aus der Ferne konnte er keine Bewegung auf dem Boot ausmachen. Aber je näher er kam, desto deutlicher schälte sich ein Paar endlos langer Beine heraus, die sich in ihrer Bräune deutlich vom Weiß des Vordecks abhoben. Hendrik dachte an Wolfs Frage nach ›einer anderen netten Dame‹, mit der er eine Nacht auf der Antje hätte teilen mögen. Ob da wohl so eine Art Vorsehung drin gelegen hatte? Tatsächlich war in dem Moment vor seinem geistigen Auge das verheißungsvolle Lächeln von Hedda Kuhlmann erschienen. Genannt Schnucki. Vorsichtig näherte er sich, bemüht, die Planken des schmalen Steges nur ein klein wenig ins Wanken zu bringen. Sozusagen gerade genug, dass Schnucki die Augen aufschlug, jedoch ihre laszive Körperhaltung ansonsten nicht veränderte. Er hatte Glück. Schnucki hatte keinerlei Hemmungen, sich von ihrem Bootsnachbarn ausgiebig betrachten zu lassen.
»Ist es nicht herrlich ruhig hier?«, seufzte sie nach einer Weile. »Klaus ist an Land und hat Wuffel mitgenommen. Welch ein erholsamer Nachmittag. Jetzt noch eine Tasse Kaffee und mein Glück wäre perfekt.«
Eines begriff Hendrik sofort: Dies war eine Aufforderung zum Tanz, wie sie deutlicher nicht sein konnte. »Kein Problem, in zehn Minuten bei mir auf dem Boot, einverstanden?«
»Bring den Kaffee doch lieber hier rüber. Ist gemütlicher.«
In diesem Moment kam Klaas Bengen angeschlürt. »Ist Ihr Mann da? Er wollte mir einen ganz speziellen Schraubendreher ausleihen! Komme schon zum zweiten Mal!«
Hedda Kuhlmann schüttelte den Kopf. »Nein, der ist erst heute Abend wieder auf der Insel. Du kommst am besten morgen noch mal vorbei.«
Klaas Bengen nickte, drehte sich um und verschwand wieder.
»Komischer Kerl«, sagte sie. »Hätte ich ihm ja auch geben können, aber wenn er sich so stur anstellt, bitteschön. Gott sei Dank sind nicht alle Männer so, der eine oder andere würde sich schon von mir was geben lassen, oder? Na, was ist, wo bleibt der Kaffee?«
Hendrik legte einen Zahn zu und verschwand unter Deck.
Oh Mann, oh Mann, dachte er, das ist ja vielleicht ’ne Granate. Ich will doch nur einen Kaffee mit ihr trinken und nicht auch noch die Koje auf der Achteran ausprobieren. Nachts Britta und tags Hedda, das schafft auch der stärkste Schipper nicht. Ich bin gespannt, wie ich aus der Nummer wieder rauskomme. Aber andererseits, wo liegt das Problem? Ich werde ganz cool das Getränk zu mir nehmen und dann abhauen. Termine, und so … kennt man ja. Auf der anderen Seite, wenn sich die Gelegenheit bietet, solch ein Superweib mal aus der Nähe, ganz aus der Nähe, und ohne lästigen Ehemann kennen zu lernen, wie blöd müsste ich dann wohl sein, diese Gelegenheit nicht zu ergreifen, dachte er, während das Wasser langsam durch den Filter sickerte.
Er hatte sich so auf Britta gefreut heute. Dann war sie einfach abgetaucht, hatte sich nicht gemeldet, und nun das: ein aggressiver Ex. Hendrik wollte eine richtig nette Beziehung ohne Verpflichtung, Altlasten und dem ganzen Kram.
Nach dem Kaffeestündchen mit Schnucki würde er aber vielleicht doch noch mal in die Halle schauen. Und Kaffeestündchen war auch so gemeint. So und nicht anders. Das war ihm in diesem Moment völlig klar geworden.
Vorsichtig stellte er die Kanne, Milch, Zucker und zwei Becher auf ein Plastiktablett und jonglierte es auf das Nachbarschiff.
»Komm rein, es muss nicht jeder seine neugierigen Blicke auf uns werfen.« Hedda hatte sich während seiner Abwesenheit ein Nichts von einem Top übergeworfen und winkte ihn in die Kajüte.
Also blieb ihm nichts anderes übrig, als ihr zu folgen. Aus dem Augenwinkel sah er, dass sie hinter ihm die Tür zum Niedergang schloss.