Читать книгу Dornröschen muss sterben - Ulrike Barow - Страница 6

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Die Leinen und Taue der Segelboote im Baltrumer Hafen sangen eine immer wiederkehrende monotone Melodie, und das dunkle Hafenwasser brach sich mit leisem Gluckern an den Booten, als Hendrik am Himmelfahrtsmorgen die karierte Gardine vor dem kleinen Bullauge zur Seite schob. Was er sah, rief ein zufriedenes Lächeln auf sein Gesicht. Blauer Himmel. Genau das Richtige, wenn man sich mit einer netten Frau in den Dünen treffen wollte. Drei wunderschöne Tage und Nächte hatte er jetzt schon mit Britta verbracht und hätte auch nichts dagegen einzuwenden, wenn es bis zu seiner Abfahrt so weiterginge.

Er stand auf, verstaute sein Bettzeug und öffnete die Luke. Draußen schaute Klaas Bengen bei den drei Neuankömmlingen, ob alles in Ordnung war.

»Moin, Klaas, was macht dein Boot?«, rief Hendrik. Er wusste, dass er den muffeligen Hafenmeister damit ordentlich ärgern konnte, denn dessen Motorboot lag noch hoch und trocken wegen eines Maschinenschadens auf einem Trailer am Bootshaus. Genau konnte er die Antwort nicht verstehen, es klang aber so ähnlich wie ›Leck mich doch‹. Das hättest du wohl gern, dachte er grinsend.

Mit Kulturbeutel und Handtuch machte sich Hendrik auf den Weg zu den Duschen hinter dem Bootshaus.

Fast alle Stege waren mit Booten belegt, und bei den meisten bestand die Besatzung aus ganzen Familien, sogar mit Bordhund. Vater wollte segeln und alle mussten mit. Ein Boot war nicht billig, also wurde es abgewohnt und abgeurlaubt, ob es der Familie nun passte oder nicht. Gelangweilte Ehefrauen, maulende Kinder, der Hund konnte auch nicht immer, wann er musste, Hauptsache: Papa hatte Spaß. Genau vor Hendrik betrat gerade so ein typischer Fall von Segler die Dusche. Klaus Kuhlmann. Er hatte zwar keine Kinder an Bord, soweit Hendrik es mitbekommen hatte, aber einen Hund. Und eine äußerst attraktiv aussehende Gattin. Klaus Kuhlmann war mit der Achteran im Hafen. Blöder Name, fand Hendrik.

»Moin, Hendrik, stell dir vor, meine Fock ist im Eimer, dabei wollten wir noch weiter nach Langeoog. Ich will doch in dieser Woche alle sieben Inseln schaffen. Borkum, Juist und Norderney habe ich schon durch. Leider wartet am Montag aber wieder die Arbeit auf mich. Meine Frau hat sogar schon vorgeschlagen, das Boot bis zum Sommer hier liegen zu lassen und noch zwei Tage lang eine Fahrradtour am Festland zu machen. Habe ich ihr aber gleich gesagt, kommt gar nicht in Frage. Ich fahre nachher nach Norden zum Segelmacher und komme abends wieder. Ich hoffe mal, dass der Zeit hat. Wird auch wieder teuer, aber was soll’s. Meine Schnucki kann solange auf das Boot aufpassen oder mal ’nen Gang zum Strand machen. Morgen geht’s dann weiter. Herrlichstes Segelwetter!«

Der Rest der Ansprache ging im Rauschen der Dusche unter. Das ersparte Hendrik netterweise die Antwort. Heute war Himmelfahrt, auch für Segelmacher ein Feiertag. Aber das sollte der Kerl man selber rausfinden. Vielleicht würde er ›Schnucki‹ zum Kaffee einladen. Falls Britta keine Zeit hatte.

Nach dem Duschen holte er sich einen Becher Kakao vom Verhungernix, dem Hafenkiosk, und beobachtete die Neuankömmlinge, die gerade von der Baltrum I kamen. Es war erstaunlich warm für Anfang Mai. Selbst der Wind, der oftmals die Temperaturen um einige Grade niedriger als am Festland erscheinen ließ, wehte sanft aus Süd und brachte keine Erfrischung mit.

Dornröschen muss sterben

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