Читать книгу Blinder Hass - Ulrike Puderbach - Страница 5

Freitag, 19:15 Uhr

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Lena Christensen stand vor dem Spiegel, bürstete sich ihre schulterlangen Haare, bis sie seidig glänzten, trug noch etwas Wimperntusche auf und betrachtete dann eingehend ihr Werk. Sie war zufrieden. Sie sah gut aus, sehr gut sogar. Um acht Uhr hatte sie einen Auftrag, sie sollte einen Geschäftsmann zum Abendessen begleiten. Punkt acht Uhr sollte sie in der Lounge des Sheraton-Hotels an der Bar warten. Dort würde er sie abholen. Wahrscheinlich würde er sie nach dem Essen noch mit auf ein Zimmer nehmen. Sie hatte sich darauf eingestellt und schwarze Spitzendessous mit Strumpfhaltern angezogen. Sie hatte geduscht, sich komplett rasiert und eingecremt; sie wusste, worauf Männer standen. Zu Beginn ihres Studiums hatte sie noch mit kellnern, Zeitungen austragen und diversen anderen Jobs versucht, sich finanziell über Wasser zu halten, doch das Geld reichte hinten und vorne nicht. Irgendwann hatte eine Kommilitonin sie angesprochen und gesagt, sie hätte einen Superjob für sie – 200 Euro für einen Abend als Begleitung. Sie müsse nichts tun, lediglich mit essen gehen und freundlich und unverbindlich lächeln. Lena hatte angenommen, der Abend war völlig harmlos verlaufen und sie hatte mehr Geld mit einem Abendessen verdient als den ganzen Monat mit kellnern. Sie hatte diese Aufträge immer öfter angenommen und irgendwann bot ihr der erste reiche Geschäftsmann 500 Euro extra für Sex im Auto. Zunächst hatte sie sich geziert, dann aber eingewilligt und es auch gar nicht so schlimm gefunden. Vor allem unter dem Aspekt, was sie sich mit diesem Geld alles leisten konnte. Sie betrachtete sich noch einmal komplett in dem großen Spiegel im Flur, war zufrieden und schlüpfte in Jacke und Stiefel. Im Hinausgehen nahm sie die Schlüssel zu ihrem Audi A1, den sie sich im letzten Jahr neu gekauft hatte, vom Haken und machte sich auf den Weg zum Sheraton. Den Wagen stellte sie in die Tiefgarage und an der Bar bestellte sie sich einen Tequila Sunrise. Pünktlich um acht kam ein schlanker, gepflegter, gut aussehender Mann im maßgeschneiderten Anzug auf sie zu. Er hatte braune, perfekt geschnittene Haare und eine Aura von Charme umgab ihn. „Warum bestellt der sich einen Escort?“ ging es ihr durch den Kopf. Der würde doch bestimmt auch anders eine Begleitung finden. Naja, wie auch immer, vielleicht arbeitete er einfach lieber mit Profis. „Thomas Winkelmann“, stellte er sich vor. „Lena Christensen.“ Er bot ihr den Arm und sie gingen nach nebenan ins Restaurant. Das Essen verlief wie erwartet. Lena, die Literaturwissenschaft und gehobenes Management an der Hochschule Hannover studierte, besaß eine gute Allgemeinbildung, ausgezeichnete Manieren und konnte sich sehr eloquent ausdrücken. Der Geschäftspartner, wegen dem Winkelmann von ihr zu dem Essen begleitet werden wollte, war begeistert und sie kamen schnell zu einem Abschluss. Er lud sie noch auf einen Drink an der Bar ein. „Kommst du noch mit aufs Zimmer? Ich habe eine Suite hier.“ „Kostet aber 300 extra.“ „Kein Problem“, er zückte die Brieftasche und zählte drei grüne Scheine auf den Tisch. Sie fuhren mit dem Lift nach oben, doch kaum hatten sie die Zimmertür hinter sich geschlossen, fiel die Maske und der biedere Geschäftsmann zeigte sein wahres Gesicht.

Blinder Hass

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