Читать книгу Blinder Hass - Ulrike Puderbach - Страница 6

Samstag, 08:40 Uhr

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Robert und Anna lagen in dem neuen Doppelbett, das sie sich anlässlich des Umzugs gegönnt hatten. Die ersten Sonnenstrahlen lugten durch die Schlitze in der Jalousie, Anna lag zusammengerollt mit dem Gesicht zu ihm und schlief noch tief und fest. Das Licht spiegelte sich in ihren Haaren wieder und Robert wagte kaum, sich zu rühren, um sie nicht zu wecken. Bis nach ein Uhr hatten sie gestrichen, aber jetzt war die Küche fertig und Anna wollte sie heute Abend mit einem schönen Abendessen einweihen, zu dem sie auch Marina und Hartmut eingeladen hatten. Er freute sich auf den gemeinsamen Abend. Seine anfängliche Befürchtung, es könne Spannungen zwischen seiner langjährigen und vertrauten Freundin und Kollegin und der Frau an seiner Seite geben, hatte sich glücklicherweise nicht bewahrheitet. Die beiden Frauen waren von Anfang an gut miteinander ausgekommen und kurze Zeit, nachdem Anna und er ein Paar geworden waren, hatten es auch Marina und Hartmut endlich geschafft. Der gutmütige sanfte KTU-Techniker, der sich so lange nach seiner Kollegin verzehrt hatte, hatte sich irgendwann ein Herz gefasst und ihr seine Gefühle gestanden. Irgendwie lief alles im Moment zu glatt.

Als hätte er es geahnt, fing das Smartphone auf dem Nachttisch an zu vibrieren. Schnell nahm er es auf, um Anna nicht zu wecken, schob sich vorsichtig über die Bettkante und schlich in den Flur. Es war Marina, das konnte nichts Gutes verheißen, denn sie hatten dieses Wochenende Bereitschaft. „Typisch“, grummelte er. „Hallo Lieblingskollegin“, nahm er den Anruf entgegen. „Jetzt sag nicht, dass ausgerechnet dieses Wochenende irgendein Irrer gemordet hat.“ „Doch“, kam es aus dem anderen Ende der Leitung. „Schulze hat mich gerade angerufen. Wir sollen ins Sheraton kommen.“ „Alles klar, ich brauche ungefähr eine halbe Stunde.“ Er wollte eben auflegen, als Marina noch etwas sagte. „Und frühstück besser nichts vorher – es muss wohl ziemlich übel sein.“ „Na prima“, Robert seufzte und schlurfte in Richtung Bad. Nach einer Dusche in Rekordzeit, schlüpfte er in seine Jeans, ein frisches T-Shirt und warf sich die Segeltuchjacke über. Pünktlich eine halbe Stunde später parkte er seinen Wagen auf dem Angestelltenparkplatz vor dem Sheraton. Im Foyer warteten Marina und Prof. Hofmann – ziemlich schlecht gelaunt, weil man ihn so früh aus dem Bett geklingelt hatte. „Guten Morgen“, brummte er. „Dann wollen wir uns die Schweinerei mal anschauen.“ Marina verzog leidend das Gesicht. Dann wandte sie sich ihrem Kollegen zu. „Das Zimmermädchen hat die Leiche heute Morgen gefunden, als sie die Betten machen wollte. Die Tür stand offen, das Schild war umgedreht und laut Computer hatte der Gast aus dem Zimmer – ein gewisser Winkelmann – bereits ausgecheckt. Da drüben sitzt sie.“ Sie wies mit dem Kopf auf eine junge, südländisch aussehende Frau, die wie ein Häufchen Elend an einem Tisch im Empfangsbereich saß. „Aus ihr werden wir wohl nichts herausbekommen“, mutmaßte sie. „Die steht unter Schock. Die Hotelleitung hat einen Arzt gerufen, damit sie versorgt wird. Aus ihrem Gestammel war nur herauszuhören, dass sie wohl in einem See aus Blut gestanden hat, als sie das Zimmer betrat.“ Hofmann holte derweil die Schutzkleidung der KTU hervor. „Und dass mir hier keiner irgendwelche Spuren verwischt. Sie beide bleiben brav an der Tür stehen, bis ich Ihnen erlaube, hereinzukommen.“ „Keine Sorge“, murmelte Marina. „Ich war sowieso nicht so scharf auf die Überreste des Kettensägenmassakers.“ Und an Robert gewandt. "Sagte ich, dass es das ist, was ich an unserem Job verabscheue?“ Er grinste leicht gequält. „Lass mich nachdenken – ja, ich glaube mich dunkel zu erinnern, dass du es mal am Rande erwähnt hattest. Keine Angst, ich kann dich gut verstehen. Komm, wir bringen es hinter uns.“ Er hakte seine Kollegin unter und gemeinsam gingen sie in Richtung des Aufzugs, der sie in die oberste Etage zu der Suite bringen sollte. Bereits in der Tür sahen sie, was das Zimmermädchen so geschockt hatte. Auf dem Bett lag bäuchlings eine junge Frau, Laken und Decken waren von Blut nur so getränkt und es war am Bett weiter hinunter gelaufen und hatte sich überall auf und in dem flauschigen Teppichboden verteilt. Selbst Hofmann verzog angewidert das Gesicht. „Was für eine Schweinerei – diese Suite können sie wohl dann komplett renovieren. Warum müssen die Irren immer so eine Sauerei hinterlassen, statt einfach gepflegt ihren Mord zu begehen?“ Da war er wieder, der morbide Humor. Auf Marinas entrüsteten Blick hin, sagte er kleinlaut. „Tut mir Leid, am besten wären natürlich gar keine Morde.“ Er streifte sich die weißen Plastikschuhe über, schlüpfte in den Anzug, zog die Kapuze über und die sterilen Handschuhe an. Ein bisschen sah er aus wie ein Außerirdischer. Vorsichtig nahm er das Fieberthermometer aus seiner Tasche und ging vorsichtig zum Bett hinüber, um rektal die Temperatur zu messen. „36,2°“, murmelte er. „Unter Berücksichtigung der Temperaturen hier im Raum würde ich sagen, der Todeszeitpunkt liegt zwischen 0:00 und 1:00 Uhr. Die Todesursache ist ganz offensichtlich …“, er drehte sich mit einem entschuldigenden Grinsen zu Marina um. „Blutarmut – die gute Frau ist schlicht und ergreifend ausgeblutet. Ich tippe darauf, dass er ihr in noch lebendigem Zustand die Halsschlagader aufgeschnitten hat - längs, damit der Blutstrom auch nicht versiegt.“ „Warum sind Sie so sicher, dass sie noch gelebt hat, als er ihr die Verletzung zugefügt hat?“ hakte Robert nach. „Also wirklich, jetzt sind Sie schon so lange bei der Mordkommission“, entrüstete sich Hofmann und erklärte dann in einem Ton, wie man kleinen Kindern erklärt, warum sie jetzt ins Bett müssen. „Erstens bluten Tote nicht komplett aus, weil das Herz ja nicht mehr schlägt, um das Blut aus dem Körper zu treiben und zweitens hat sie an Hand- und Fußgelenken Fesselspuren – ich vermute von Handschellen. Sie muss im Todeskampf daran gerissen haben wie eine Irre, hatte aber natürlich keine Chance. So ein hübsches, junges Ding. Ihr Todeskampf hat lange gedauert.“ Er drehte sich zu den beiden Kommissaren um. „Erinnert mich ein bisschen an Jack, the Ripper, allerdings hat er sie wohl nicht ausgeweidet und auch die blutigen Wandmalereien unterlassen, wobei das bei der Schweinerei hier nichts mehr gemacht hätte.“ Er griff nach einer Handtasche, die am Fußende des Bettes stand und brachte sie zur Tür. Robert und Marina streiften sich die Handschuhe über, die sie bis jetzt in der Hand gehalten hatten und öffneten die Tasche vorsichtig. Darin waren neben diversen Schminkutensilien und einer Haarbürste ihr Portemonnaie und ein Autoschlüssel, sowie eine Dose Pfefferspray. Robert hielt es in die Höhe. „Das hat ihr auch nicht mehr geholfen. Aber ganz offensichtlich ging es unserem Täter weder um ihr Geld noch um ihr Auto.“ Marina hatte inzwischen einen Blick in das Portemonnaie von desigual geworfen. Sie fischte mehrere kleine Plastikkärtchen heraus. „Sie hieß Lena Christensen, 26 Jahre alt, war Studentin an der hiesigen Hochschule und verfügte über …“, sie pfiff leise durch die Zähne „eine Platinkreditkarte und jede Menge Bargeld. Welche Studentin schleppt abends fünfhundert Euro mit sich rum?“ „Das ist allerdings eine Menge Geld. Da drängt sich doch der Verdacht auf, dass sie nicht neben dem Studium gekellnert oder Nachhilfestunden gegeben hat.“ „Danach sieht das hier auch nicht aus“, stimmte Marina mit einem Blick auf die schwarzen Spitzendessous zu. Sie rümpfte angewidert die Nase. „Brauchen Sie uns hier noch, Professor Hofmann?“ fragte sie. Es fiel ihr schwer, nicht zu hoffnungsvoll zu klingen. Der Geruch nach geronnenem Blut in Kombination mit dem langsam einsetzenden Verwesungsgestank verursachte ihr Unbehagen und leichte Übelkeit. „Nein, Sie beide können ruhig schon zum Revier fahren und nach dem Papierkram in ihr wohlverdientes Wochenende gehen. Die junge Dame hier läuft uns definitiv nicht mehr weg. Am Montagmorgen haben Sie den Obduktionsbericht auf dem Tisch.“ „Danke“, sagte Marina. „Ihnen auch ein schönes Restwochenende.“ Sie zogen die Handschuhe aus, warfen sie in den Müll und fuhren zum Präsidium. Robert schickte Anna schnell eine SMS, wo er war und dass er auf dem Heimweg Brötchen für ein verspätetes Frühstück mitbringen würde. Ihre Antwort war ein Smiley, der ihm einen Kuss zuwarf. Sie hatte immer Verständnis für seinen Job, sie zeterte nicht, wenn er am Wochenende plötzlich raus musste oder nachts das Telefon klingelte. Mit Anna war alles so unglaublich unkompliziert, ganz anders als in seiner Ehe. „Du grinst schon wieder wie ein Honigkuchenpferd“, zog seine Partnerin ihn auf. „Ist ja gut“, grinste er zurück. „Du bist doch auch nicht besser. So, auf ins Büro, wir haben heute beide noch was vor.“ Sie erledigten den Papierkram und saßen danach noch ein paar Minuten nachdenklich am Schreibtisch. „Wer tut so etwas und warum?“ fragte Marina schließlich. „Keine Ahnung, aber auf mich wirkt es, als wären da jemandem alle Sicherungen durchgebrannt. Blinder Hass und unbändige Wut.“ Marina nickte zustimmend. „Wir müssen noch zu den Eltern – oh Mann, wie ich das hasse.“ „Ich auch. Komm, lass uns zusammenpacken und gemeinsam hinfahren.“ Sie räumten ihre Tische ab, fuhren die Rechner herunter und nahmen den Zettel, auf dem sie sich die Adresse des Ehepaars Christensen notiert hatten und machten sich auf den Weg. „Die armen Leute“, sagte Robert auf der Fahrt an seine Kollegin gewandt. „Nicht nur, dass wir ihnen sagen müssen, dass ihre Tochter tot ist, ich gehe mal davon aus, dass sie keinen blassen Schimmer haben, womit Lena Christensen sich ihr Studium verdient hat. Das ist dann ein richtiger Schlag ins Gesicht.“ Schweigend fuhren sie, bis sie den gepflegten kleinen Ort Ronnenberg erreichten. Ordentliche Vorgärten reihten sich aneinander, als sie die Straße zum Einfamilienhaus der Familie Christensen entlang fuhren. Wie jedes Mal, wenn sie eine Todesnachricht überbringen mussten, hatten beide ein flaues Gefühl im Magen. Dagegen wurde man nicht immun und das war auch gut so. Robert ging etwas durch den Kopf, das Anna bei einem ihrer ersten Dates gesagt hatte, als sie sich über Kriminalromane unterhalten hatten. Sie hatte ihn gefragt, wie er all dieses Elend auszuhalten vermochte. Es war nicht das Elend, das es auszuhalten galt, es waren die Menschen, denen er geholfen hatte, die denen er zumindest ein bisschen Genugtuung hatte verschaffen können. Und vielleicht hatten sie in ihrer langen Karriere auch das eine oder andere Leben gerettet, weil sie einen weiteren Mord hatten verhindern können. Er hatte immer nur Polizist werden wollen, eine Alternative hatte es für ihn nie gegeben. Und selbst nachdem seine Ehe an seinem Job und den unmöglichen Arbeitszeiten zerbrochen war, hatte er es nicht bereut. Mit Anna war das jetzt sowieso anders. Anna war pflegeleicht, wenn man dieses profane Wort dafür überhaupt benutzen durfte. Natürlich freute sie sich nicht, wenn er nachts oder am Wochenende los musste und sie den gemütlichen Abend zu Hause oder im Kino wieder verschieben mussten. Aber sie meckerte auch nicht. Für sie gehörte es einfach dazu. Sie hatte sich in einen Polizisten verliebt, also nahm sie auch die Nachteile ohne jedes Klagen hin. Er dachte, dass es nach dem ganzen Umzugs- und Renovierungsstress mal wieder Zeit sei, sie ein bisschen zu verwöhnen. Er beschloss, bei nächster Gelegenheit ein Wochenende mit ihr weg zu fahren – London, Paris, Rom, Venedig – was auch immer. Hauptsache, sie hatten mal wieder ein wenig Zeit für sich. Aus den Fehlern der Vergangenheit hatte er gelernt, er war aufmerksamer, nahm nichts mehr für selbstverständlich. Ihm war klar, dass eine Beziehung kein Selbstläufer war – beide mussten kontinuierlich daran arbeiten und das würde er tun. „Worüber denkst du nach?“, unterbrach Marina seine Gedanken. „Nichts Besonderes“, er blickte sie an. „Nur daran, dass ich unbedingt mal wieder Zeit mit Anna verbringen möchte. Ich werde das nächste freie Wochenende mit ihr wegfahren.“ „Das ist eine gute Idee. Das ist überhaupt die Idee“, Marina strahlte. „Hartmut wird nächsten Monat vierzig und ich zermartere mir schon seit Wochen den Kopf, was ich ihm schenken soll.“ „Er ist ein absoluter Motorsportfreak“, gab Robert zu bedenken. „Fahr doch ein Wochenende mit ihm zum 24h-Rennen – nehmt euch einfach ein schönes Hotel in der Nähe vom Nürburgring.“ „Das ist eine klasse Idee, du bist der Beste.“ „Ich weiß“, grinste Robert. „Vergiss aber bitte nicht, das ab und zu mal Anna gegenüber zu erwähnen.“ Sie hatten das Haus der Christensens im Rosenweg 5 erreicht. Ein hübsches Reihenhaus, hellblau gestrichen mit einem akkuraten Vorgarten. Auf dem Messingschild über der Klingel stand: Hier wohnen Werner, Ramona und Lena Christensen. „Sieht so aus, als wäre sie das einzige Kind gewesen.“ „Was die Sache um einiges schlimmer macht“, Marina zog die Augenbrauen in die Höhe. Dann drückte sie auf den Klingelknopf. Drinnen erschall ein melodischer Ton, kurz darauf öffnete eine gepflegte Frau Ende Vierzig die Tür. Man konnte auf den ersten Blick sehen, dass sie die ältere Ausgabe von Lena Christensen war. Die gleichen dunkelblauen Augen und blonden Haare, auch wenn sie von einigen grauen Strähnen durchzogen waren. Das freundliche, fast faltenlose Gesicht blickte die Kommissare fragend an. „Guten Tag, was kann ich für sie tun.“ „Marina Thomas, K9 Mordkommission“, stellte Marina sich vor, während sie der Frau ihren Ausweis hinhielt. „Das ist mein Kollege Robert Kunz. Dürfen wir einen Moment herein kommen? Wir würden uns gerne kurz mit Ihnen unterhalten.“ Es war immer das Gleiche, die Leute ahnten, dass es nichts Gutes bedeuten konnte, wenn die Mordkommission vor der Tür stand. „Geht es um Werner?“, fragte Frau Christensen, die merklich bleicher geworden war, mit tonloser Stimme. Marina fasste die Frau vorsichtig am Arm und dirigierte sie sanft in den Flur hinein. Frau Christensen ließ sich schieben wie eine Strohpuppe, alle Energie war aus ihr gewichen. „Vielleicht setzen wir uns in die Küche“, schlug die Kommissarin vor. Mechanisch bewegte sich die Mutter des Opfers bis an den Küchentisch und ließ sich auf einen Stuhl fallen. Marina nahm auf dem Stuhl neben ihr Platz, Robert setzte sich gegenüber. Er schluckte einmal, räusperte sich entschlossen und begann zu sprechen. „Es geht nicht um ihren Mann, Frau Christensen, aber leider haben wir trotzdem keine guten Neuigkeiten für sie. Es geht um ihre Tochter Lena.“ „Was ist mit ihr?“ Frau Christensen wurde kreidebleich und ihre Augen waren weit aufgerissen. „Wir haben Lena heute Morgen im Sheraton gefunden. Sie ist einem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen.“ Die Frau begann völlig unkontrolliert zu zittern. Marina sprang auf und nahm eine Flasche Wasser und ein Glas von der Spüle. Dann zog sie ihr Handy aus der Jackentasche und wählte den Notruf. Kurz und knapp schilderte sie, dass hier dringend ein Arzt benötigt wurde. „Mein armes Mädchen, mein armes süßes Mädchen“, schluchzte Frau Christensen vor sich hin. Beiden Kommissaren war klar, dass sie von der Frau heute nichts mehr erfahren würden. „Wo ist denn ihr Mann?“ wagte Robert einen Vorstoß. „Er hilft einem Bekannten beim Umbau seiner Gartenlaube. Gegen 15:00 Uhr wollte er wieder zurück sein.“ „Wir haben einen Arzt gerufen, der wird gleich hier sein und Ihnen ein Beruhigungsmittel geben. Ihren Mann verständigen wir auch. Können Sie uns seine Mobilnummer geben?“ Frau Christensen wies wortlos auf das Notizbuch auf der Fensterbank. Robert stand auf, nahm es in die Hand und wählte die Mobilnummer, die hinter dem Namen Werner Christensen stand. Er ging in den Flur zum Telefonieren. Drei Minuten später betrat er die Küche wieder. „Ihr Mann wird gleich hier sein“, wandte er sich an Frau Christensen. Es klingelte an der Tür. „Das wird der Arzt sein“, Robert verließ die Küche wieder, um die Tür zu öffnen. Er erklärte dem jungen Notarzt die Situation, dieser brachte Frau Christensen, die sich willenlos führen ließ, ins Wohnzimmer, wo er sie auf die Couch legte, den Arm freimachte und ihr eine Spritze gab. Sie zuckte noch nicht einmal zusammen, als sich die Nadel in die Vene bohrte. „Das ist ein relativ starkes Beruhigungsmittel, sie sollte aber die nächsten Stunden auf keinen Fall alleine sein.“ „Ihr Mann wird gleich hier sein, wir warten solange.“ Der Arzt verabschiedete sich, Robert brachte ihn noch zur Tür. Frau Christensen lag bleich und teilnahmslos auf der Couch. Die beiden Kommissare sahen sich ratlos an. Einige Minuten später hörten sie den Schlüssel in der Haustür. Herr Christensen betrat bleich und abgehetzt die Wohnung. Sie gingen mit ihm in die Küche, erklärten ihm die Situation und sagten Herrn Christensen, dass sie Montag wieder kommen würden. Sie wünschten herzliches Beileid und verließen das Haus. Der Rückweg verlief ziemlich schweigsam. Beide hingen ihren Gedanken nach. Sie stellten den Dienstwagen auf dem Parkplatz vor dem Präsidium ab. „Bis heute Abend“, sagte Robert. „Sollen wir noch etwas mitbringen?“ „Nur gute Laune und Turnschuhe“, zitierte Robert den vielgeschriebenen Spruch früherer Kindergeburtstagseinladungen und lächelte seiner Kollegin zu, die nicht anders konnte, als zurück zu lächeln.

Blinder Hass

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