Читать книгу Blinder Hass - Ulrike Puderbach - Страница 8

Samstag, 22:50 Uhr

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Ziel- und rastlos streifte er durch die Stadt. Der Mord an Lena Christensen war sein erster gewesen, er hatte jahrelang den Druck ertragen, der sich in ihm aufgestaut hatte und gehofft, dass es ihm helfen würde, seine Wut komplett raus zu lassen. Doch es war, als hätte diese Tat einen Blutrausch in ihm ausgelöst. Er brannte darauf, es noch einmal zu tun, aber dieses Mal würde er es anders versuchen. Von dem Geruch des warmen Blutes war ihm übel geworden, er musste einen anderen Weg finden, sie alle langsam sterben zu lassen. Er hatte noch keine Erfahrung damit, tausende Male hatte er es sich im Kopf ausgemalt, wie es wohl sein würde, aber die Realität war ganz anders als die Theorie in den Romanen, Filmen und im Internet. Zu Beginn des Abends war er mit dem Auto kreuz und quer durch die Stadt gefahren, hatte es an den einschlägigen Straßen versucht, aber nichts gefunden, was ihm zusagte. Er wollte keine Hure, die Kleine im Hotel war ganz ok gewesen, aber sie war auch keine Hure im klassischen Sinn gewesen. Was er wollte, er wusste es selber noch nicht so ganz genau, was es war. Er stellte sein Auto auf dem Parkplatz nahe dem Stadttheater ab. Von hier aus war es nicht weit bis zu den meisten Kneipen. Er betrat die erste, eine klassische Eckkneipe. Es war voll, die Luft war schwanger vom Zigarettenrauch und die Musik laut. An der Theke bestellte er ein Bier. Die vollbusige blonde Wirtin stellte ihm das Glas hin und lehnte sich so weit vor, dass er ihr mühelos tief ins Dekolleté blicken konnte. „Billig“, dachte er abschätzig, nahm einen großen Schluck und schaute sich um. Er brauchte nicht lange zu warten, nach einer knappen Viertelstunde setzte sich eine Frau neben ihn. „Na, auch alleine unterwegs“, fragte sie ihn mit einem aufreizenden Augenaufschlag. Sie war nicht wirklich hässlich, sofern man das unter dem Zuviel an Make-up erkennen konnte. Brünette schulterlange Haare, deren Braunton durch Haarfarbe nachgeholfen worden war, umrahmten ein schmales Gesicht mit hervorstehenden Wangenknochen und braunen Augen. Nicht sein Typ – durchschnittlich eben -, er ließ sich aber trotzdem auf ein Gespräch ein, gab ihr ein Glas Wein aus. Sie erzählte ihm von ihrem Ehemann, der seit Jahren schon neben ihr her lebte, von den Kindern, die gerade ihr Abitur gemacht hatten und zum Studium nach Hamburg gezogen waren. „Ich bin ja so stolz auf meine Zwillinge“, plauderte sie munter drauflos. „Eineiige Zwillinge – vor neunzehn Jahren konnten wir es kaum glauben, als ich es erfuhr. Und jetzt sind sie schon aus dem Haus“, fügte sie wehmütig hinzu. „Ich bin übrigens Christa.“ „Walter“, stellte er sich knapp vor. Ihr weiteres Geplauder ließ er über sich hinweg waschen, streute von Zeit und Zeit ein „Oh ja“, „Interessant“ und „Wirklich“ ein. Es schien sie zufrieden zu stellen, denn nach einem weiteren Glas Wein legte sie die Hand auf seinen Arm und ihre Knie berührten sich wie rein zufällig. Ihm war die Berührung zuwider, er ließ sie mit Abscheu über sich ergehen. Berührungen jeglicher Art waren ihm schon seit seiner frühesten Kindheit zuwider gewesen. Er hatte sich ein weiteres Glas Bier bestellt, während Christa auf der Toilette gewesen war – allerdings alkoholfrei, denn er wollte einen klaren Kopf behalten. Er hatte noch einiges vor in dieser Nacht. Um kurz nach zwölf schaute Christa ihn mit einem Augenaufschlag an, den sie wohl für verführerisch hielt, und fragte. „Wollen wir zwei Hübschen nicht woanders hin gehen, wo wir ein bisschen ungestört sind?“ „Was ist denn mit deinem Mann? Wird er sich nicht wundern, wenn du nicht nach Hause kommst?“ „Ach der“, Christa schüttelte den Kopf. „Der hat doch heute Abend noch nicht einmal gemerkt, dass ich überhaupt ausgehen wollte.“ Er traf eine blitzschnelle Entscheidung, übernahm die Rechnung und ging mit ihr zu seinem Auto. In der Nähe gab es eine kleine Pension, in der man Zimmer auch stundenweise mieten konnte. Christa plauderte auf der Autofahrt weiter. Sie erzählte, dass sie ihrem Mann immer treu gewesen war, dass sie ihn noch nie zuvor betrogen hatte. „Dass du es jetzt tust, macht die Sache nicht besser“, dachte er grimmig. „Warum müssen alle Frauen Schlampen sein?“ ging es ihm weiter durch den Kopf. Nach einer Viertelstunde erreichten sie die Pension in der Nähe des Bahnhofviertels. Er mietete das Zimmer an, zahlte bar. Einen Ausweis wollte in dieser Art Etablissement niemand sehen. Im Zimmer bedeutete er ihr sich auszuziehen. „Ich möchte dich nackt und in deiner ganzen Schönheit sehen“, sagte er, auch wenn ihm der Gedanke allein schon fast körperliche Übelkeit verursachte. Christa errötete wie ein Backfisch, aber sie zog sich folgsam bis auf die Unterwäsche aus. Er fasste sie an den Schultern, drehte sie mit dem Rücken zu sich und drückte sie aufs Bett, so dass sie bäuchlings auf dem Laken lag. „Und jetzt spielen wir ein Spiel. Du musst mir nur vertrauen und es wird eine Nacht werden, wie du sie noch nie erlebt hast und die du auch nie vergessen wirst.“ Sie hauchte: „Natürlich vertraue ich dir.“ Und legte sich folgsam mit gespreizten Armen und Beinen auf das Bett. „Du dumme Gans“, dachte er verächtlich. Dann zog er die Kordel, die er vorsorglich eingesteckt hatte, aus der Tasche seiner Jacke und fesselte ihre Hände und Füße an die metallenen Bettpfosten. Sie ließ alles mit sich geschehen. Dann zog er langsam den Gürtel aus seiner Hose und beugte sich zu ihr. „Es tut mir Leid, aber ich muss dich bestrafen. Du hast in deinem Eheversprechen Treue gelobt, aber was machst du, dreckige Schlampe? Bei der ersten Gelegenheit, die sich dir bietet, versuchst du, mit mir ins Bett zu steigen – widerlich.“ Seine Stimme war kalt und hart, ohne jedes Mitgefühl. Sie drehte den Kopf zur Seite und blickte ihn an. Noch begriff sie nicht, was das hier zu bedeuten hatte. Sie hatte sich doch nur nach ein bisschen körperlicher Nähe und Bestätigung gesehnt, sie wollte sich doch nur auch einmal wieder geliebt und begehrenswert fühlen. Als der Gürtel das erste Mal auf ihren Rücken klatschte, wo er einen dicken roten Striemen hinterließ, schrie sie auf. „Halt den Mund!“ zischte er sie an. „Du hast deine Strafe verdient, weil du eine untreue Schlampe bist.“ Dann nahm er die Rolle mit dem Klebeband, riss einen Streifen ab und klebte ihn ihr unsanft über den Mund. Sie rang nach Luft, durch die Nase bekam sie kaum welche. Unerbittlich prügelte er weiter mit dem Gürtel auf sie ein. Es verschaffte ihm Erleichterung und Genugtuung. Endlich konnte er einmal etwas von dem zurückgeben, was sie ihm jahrelang angetan hatte. Christa Weber wand sich verzweifelt, soweit es die Fesseln an Armen und Beinen zuließen und wusste, dass sie diese Schmerzen nicht mehr lange würde aushalten könne, doch ihr Martyrium hatte gerade erst begonnen.

Blinder Hass

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