Читать книгу FAITH - Ursula Tintelnot - Страница 10
Robert denkt an Irland
ОглавлениеWährend Faith mit Lisa im Mommsen auf ihr Eis wartete, saß Robert, ihr Vater, an seinem Schreibtisch und starrte auf den dunklen Bildschirm.
Er dachte an seine Tochter, die nun fast 17 Jahre alt war.
Irgendwann würde er ihr die Wahrheit sagen müssen, ihr erklären müssen, wer sie war.
Seine Finger trommelten eine nervöse Melodie. „Vertraute Grenzen ihrer Wahrnehmung würden sich auflösen“, dachte er. Würde er die richtigen Worte finden? Nichts würde für sie wie vorher sein.
Als er, 18 Jahre zuvor, nach Irland gereist war, um Material für ein Buch zu sammeln, hatten das Land und die Menschen ihn so fasziniert, dass er beschloss, sich dort für eine Weile niederzulassen.
Er fand ein winziges Steinhaus im Norden der Insel.
Das Haus bestand nur aus zwei Kammern. Einer Küche mit der Feuerstelle, die sowohl als Kochherd als auch als Heizung gedacht war, und einem angrenzenden Raum, der ihm zum Schlafen diente.
Der Pub, zwei Kilometer entfernt, deckte seine Ansprüche, was das Essen anlangte, völlig.
Er kochte fast nie selbst.
Robert saß lieber bei den Einheimischen in der Kneipe und hörte ihnen zu.
Er liebte es, ihren Geschichten und Liedern zu lauschen.
Wenn er damals nachts, auf dem Weg nach Hause, oberhalb der Steilküste entlanglief, spürte er manchmal Blicke, die ihm folgten.
Kein Wunder, die Geschichten der Männer im Pub waren beinahe immer unheimlich.
Schauergeschichten eben.
Einmal glaubte er, einen schwarzen Schatten zu sehen, der ihn eine ganze Weile begleitete.
Bewegliche, goldene Lichter, die ihn aus dem kleinen Wald heraus beobachteten.
Wenn er stehen blieb, waren sie verschwunden.
Weiße Nebel waberten um ihn herum, während die Wellen unter der Steilküste laut schmatzend an die grauen Felsen schlappten.
Er näherte sich dem Rand des dunklen Wäldchens, aus dem keuchender Atem zu hören war. Robert hielt die Luft an und horchte.
Der Nebel hüllte ihn immer dichter ein, fühlte sich an wie eine feuchte Decke aus Watte, schärfte aber gleichzeitig seine Sinne.
Das Schmatzen der Wellen am Fuß der Felsen verwandelte sich in zorniges Gebrüll, gerade so, als ob das Meer das Land gleich verschlingen wollte.
Als er sich auf den Weg zurückzog, stolperte er und fiel über eine Wurzel.
Mit den Händen versuchte er sich abzustützen und griff dabei in eine weiche, glibberige Masse, die sich unter seinen Händen wand und lauthals quietschte. Widerlicher, süßlicher Gestank stieg in seine Nase.
Hilflos mit den Armen rudernd, versuchte er den Glibber loszuwerden und sich aufzurichten, als ihn ein schwerer dunkler Schatten ansprang und zu Boden drückte. Niemals in seinem Leben hatte Robert sich so hilflos gefühlt, dachte er noch, bevor ihm die Sinne schwanden.
Als er erwachte, lag er in der Schlafkammer seiner Hütte. Sein Körper fühlte sich an, als sei er durch den Fleischwolf gedreht worden, aber er konnte sich bewegen. Hatte er geträumt?