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Madame Agnes

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Madame Agnes, bei der Faith französische Konversation lernte, trug wie immer ihre graue Wolljacke und eine altmodische Zopffrisur, die hier und da die rosige Kopfhaut durchschimmern ließ.

Sie wieselte vor Faith her in ihr gemütliches Arbeitszimmer.

„Du bist heute wieder mal zu spät“, sagte sie nach einem Blick auf die Uhr in fließendem Französisch. Aber es lag kein Vorwurf in ihrer Stimme.

„Der Schnee ist noch tief, die Rillen nicht ausgefahren, dadurch dauert die Fahrt ein wenig länger“, erwiderte Faith, viel weniger fließend.

„Haben Sie schon mal blaue Schmetterlinge im Winter gesehen, Madame?“

Faith stellte die Frage ganz unbewusst, ihre Gedanken waren immer noch bei der blauen Wolke.

Erschrocken hielt sie inne. Was für eine blöde Frage. Ihre Lehrerin musste sie für verrückt halten. Das tat Madame keineswegs, aber sie beantwortete die Frage ihrer Schülerin auch nicht.

Nach der Stunde sah Madame Agnes Faith gedankenverloren hinterher.

Madame hatte in der Tat schon einmal von blauen Schmetterlingen gehört, vor vielen Jahren, nachdem ihre Tochter, die wie sie selbst den Namen Agnes trug, in Irland Urlaub gemacht hatte.

Im Norden des Landes war es schon kühl gewesen, aber die Schmetterlinge flogen aufgeregt und scheinbar desorientiert in der herbstlichen Kühle.

So hatte die junge Agnes es ihr erzählt.

Eines der kleinen Dinger hatte sie in ihrem Zimmer gefunden, wo es zornig brummend hin- und herflog. Der Falter besaß ein wirres rotes Fellchen und schaute sie aus ganz menschlichen, hellgrünen Augen an.

Damals hatte sie ihrer Tochter nicht glauben wollen, hatte ihr nicht richtig zugehört. Sie war so merkwürdig verändert wiedergekommen, so überspannt, dass sie sich Sorgen um ihren Geisteszustand gemacht hatte.

Die alte Dame seufzte.

Hätte sie ihr damals mehr Glauben schenken sollen?

Vielleicht wäre dann alles ganz anders gekommen ...

FAITH

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