Читать книгу Tabu Von Herzen geliebt - Ute Dombrowski - Страница 12
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ОглавлениеDie ersten zwei Tage verliefen recht friedlich. Katja hatte mit Verena gefrühstückt, dann waren sie in Christians Arbeitszimmer gegangen und hatten es ausgemessen. Verena hatte alle Maße notiert. Später saßen sie am Boden vor dem großen Fenster und blätterten in Katalogen, um Ideen für die Gestaltung des Raumes zu besprechen.
„Ich finde ein rosa Mädchenzimmer total abartig. Nelly braucht so etwas nicht.“
„Ganz meine Meinung, Verena. Das Zimmer bei Benjamin ist sehr schön und ich würde es toll finden, wenn wir den Stil hier wiederholen können. Komm, wir fahren in den Baumarkt und kaufen Farbe. Die Männer müssen heute Abend alles ausräumen.“
Man hätte die beiden Frauen für Freundinnen halten können, als sie einträchtig durch die Farbabteilung des Baumarktes bummelten. Am Ende hatten sie einen großen Eimer weiße Farbe und einen kleinen Eimer sonnengelber Farbe im Wagen. Mit Abdeckplanen, Pinseln und Rollen war der Einkauf perfekt.
Sie gönnten sich eine Tasse Kaffee beim Bäcker nebenan. Katja telefonierte kurz mit Bea und berichtete von ihren Plänen. Bea bot ihre Hilfe beim Malern an.
„Das ist lieb von dir, aber Verena und ich schaffen das schon. Wir sind ja zwei tatkräftige Frauen.“
Verena lächelte honigsüß dazu und dachte sich ihren Teil. Sie fuhren zurück und stellten die Farben ins Haus. Danach verabschiedete sich Katja und ging zu Fuß ins Weingut. Nelly war zuerst bei Benjamin in der Vinothek geblieben und nun sah Katja, dass Ursula Heunbach mit ihr in der Küche saß und malte. Die alte Dame war entzückt über das süße, kleine Mädchen.
„Ach, was ist die Nelly doch für ein liebes Engelchen. Wir haben ganz schöne Bilder gemalt.“
Katja lobte die beiden für die Kunstwerke und setzte sich dazu. Sie war ganz zufrieden mit dem Tag. Alles war harmonisch über die Bühne gegangen, selbst das Frühstück und der Einkauf mit Verena. Katja schüttelte den Ärger des Vortages einfach ab. Sie wollte sich weiter um ein gutes Auskommen bemühen.
Das erzählte sie später auch Cora am Telefon. Die hatte sich Sorgen gemacht, ob es zwischen den beiden Frauen ruhig bleiben würde. Jetzt freute sie sich für Katja.
„Ich bin sehr stolz auf dich. Sieh mal, du hast Arne und bist glücklich mit ihm, Verena scheint ja auch ganz gut zu Christian zu passen, also wo ist das Problem? Du und Christian, ihr hattet eure Zeit, jetzt seid ihr auf dem Weg in die Zukunft. Nelly wird immer euer Bindeglied sein.“
„Cora, du hast recht, ich bin viel entspannter und es geht mir gut, seit ich das Schicksal so angenommen habe, wie es ist. Arne ist gut zu mir, ich denke, ich liebe ihn. Und Christian liebt Verena, die ihm gut tut.“
Als sie aufgelegt hatten, nahm Katja Nelly mit nach oben und setzte sie in die Wanne. Danach zog sie ihrer Tochter den Schlafanzug an.
„Papa soll kommen.“
„Papa kommt morgen wieder. Soll ich dir eine Geschichte erzählen? Guck mal, der Benni ist auch schon ganz müde.“
Benni hatte sich vor Nellys Bett lang ausgestreckt und die Augen zugemacht.
„Nein, nicht du. Papa!“, jammerte Nelly.
„Papa ist bei Verena und erzählt ihr eine Geschichte. Guck mal, ich habe hier ein schönes Märchenbuch. Was willst du hören? Rotkäppchen?“
„Geißlein“, sagte Nelly besänftigt.
Sie kuschelte sich in ihre Kissen und Katja begann zu lesen. Sie bemerkte nicht, dass die Tür sich öffnete und Arne sich hinter sie setzte. Erst, als sie das Buch zuklappte und sich hinausschleichen wollte, sah sie Arne dort sitzen. Er lächelte und küsste Katja sanft. Dann zog er sie hinter sich her ins Zimmer nebenan.
„Na, wie war dein Tag? Wir waren gerade bei Christian und haben das Arbeitszimmer ausgeräumt. Ihr könnt morgen streichen. Ich kann dir sagen, so eine Weinlese ist ganz schön anstrengend. Mir tut der Rücken weg und die Füße sind schwer wie Blei. Ich muss in die Wanne, kommst du mit?“
Arne hatte begonnen, Katja in den Nacken zu küssen. Sie lehnte sich an ihn und schloss die Augen. Seine Arme schlangen sich um ihren Körper. Es klopfte leise an die Tür und Benjamin steckte den Kopf herein.
„Oh, ich hoffe, ich störe nicht. Ich dachte, wir könnten vielleicht noch ein bisschen zusammensitzen, eine Kleinigkeit essen, aber wenn ihr etwas anderes plant …“
„Nein, wir planen nichts, Arne muss jetzt in die Wanne. Ich komme mit runter und wir überlegen, was wir noch essen können.“
Arne seufzte und legte seinen Kopf auf Katjas Schulter, als Benjamin wieder weg war.
„Ich Armer, der Entzug von Zärtlichkeit kann schwere Folgen für einen Mann haben. Nun gut, ich dusche, esse und unterhalte mich. Aber später entkommst du mir nicht.“
Er schlug mit der flachen Hand auf Katjas Hinterteil und schob sie aus der Tür. Benjamin lachte, als Katja mit rotem Gesicht in der Küche erschien.
„Nelly schläft“, sagte sie zur Ablenkung. „Wir habe nur gekuschelt, nicht, was du denkst. Arne hat Muskelkater vom Arbeiten.“
„Süße, mach dir mal keine Sorgen, was ich denke. Es ist sehr nett von euch, dass ihr noch ein bisschen Zeit mit mir verbringt. Auch wenn ihr etwas anderes vorhattet. Bist du glücklich mit ihm?“
„Ja, sehr glücklich. Arne hat mich aufgefangen, glaube ich. Er ist ein guter Mensch, ich liebe ihn, doch, ja, ich liebe ihn. Ich habe eine Zeit gebraucht, mich auf ihn einzulassen, aber nun bin ich froh. Es ist wirklich egal, wie alt jemand ist, solange man diese innere Bindung spürt.“
Sie deckten den Tisch, Katja schnitt Brot, Benjamin machte Salat, dann legten sie Schinken und Käse auf einen Teller. Nach dem Duschen kam Arne und sie aßen und besprachen die kommenden Tage. Benjamin gähnte danach theatralisch. Er erhob sich und streckte sich.
„Ich räume noch schnell ab. Gute Nacht, Benjamin, schlafe gut und du, mein Lieber, hilfst mir hier schnell.“
Arne und Katja räumten ab, dann gingen auch sie ins Bett und liebten sich zärtlich. Auch der nächste Tag lief gut. Die Frauen strichen Nellys Zimmer in Christians Haus. Danach fuhren sie zu Bea, tranken dort Kaffee und machten sich gemeinsam auf den Weg zum Möbelladen, wo Katja mit Verena ein Bett, einen kleinen Sessel, zwei flache Schränke und einen Tisch aussuchte. In dem Zimmer gab es einen hellen Teppich, der sollte liegenbleiben. Die Möbel würden morgen geliefert werden. Katja hatte eine Sonderzahlung für sofortige Lieferung getätigt.
Als sie am Abend fertig waren und sich verabschiedet hatten, fuhren Katja und Bea ins Weingut. Sie wollten dort gemeinsam essen. Hannes war auf einer Fortbildung.
„Ich finde das bewundernswert, wie du und Verena miteinander umgehen. Dabei dachte ich, ihr würdet euch am liebsten die Augen auskratzen.“
„Wir sind zivilisierte Menschen. Außerdem liebe ich Arne und sie liebt Christian, also ist alles in Ordnung, wie es ist.“
„Ach, Katja, spiel mir doch nichts vor. Mit mir kannst du doch reden. Ist es wirklich so? Empfindest du gar nichts mehr für Christian?“
Katja schlug die Hände vor das Gesicht. Tränen liefen über ihre Wangen und sie war froh, dass die Männer noch arbeiteten und Ursula Heunbach Nelly mitgenommen hatte zu den Hühnern. Bea legte einen Arm um ihre Schulter.
„Was soll ich denn machen? Christian und ich, das ist Geschichte. Er hat Verena und ich habe Arne. Ich liebe ihn wirklich, aber ich liebe auch Christian. Ich will mich ja gar nicht beklagen, aber es ist sehr schwer, den Mann, den ich liebe, in den Armen einer anderen zu sehen.“
Katja nahm ein Küchentuch und wischte sich die Tränen ab, dann putzte sie sich geräuschvoll die Nase. Bea klopfte ihr auf die Schulter.
„Sieh es als Chance für einen Neuanfang. Arne ist einer von den Guten. Er ist immer für dich da. So manch einer wäre nach der Aktion im Sommer weggelaufen, aber er ist da! Und er liebt dich. Versuche, Christian zu vergessen. Ihr hattet eure Zeit. So, wie ich Verena kennengelernt habe, ist sie gut für ihn. Denkst du, er liebt dich noch?“
Katja zuckte mit den Schultern. Wenn Christian sie ansah, dann blickte sie direkt in sein Herz und ihr wurde immer ganz anders, aber sie zog auch in Betracht, dass sie sich das alles nur einbildete.
„Keine Ahnung und es ist auch gar kein Thema mehr zwischen uns. Jetzt lass uns über etwas anderes reden, Ursula bringt gleich Nelly zurück und die Männer kommen auch jeden Moment.“
Es klopfte und Katja hörte eine ihr wohlbekannte Stimme rufen: „Christian? Bist du da?“
Katja rutschte das Herz in die Hosen, denn es war Luises Stimme. Dann hörte sie Verena sagen, dass die Männer bestimmt noch arbeiteten.
„Es ist doch fast dunkel, was wollen die so lange draußen? Und was will Benjamin da? Im Dunkeln im Weinberg, das kann nicht gutgehen.“
Sie traten durch die Tür in die Küche. Katja war sehr froh, dass Bea hier war. Im Ernstfall würde sie ihr beistehen, wenn Luise wieder ihr Gift verspritzte. Die vier Frauen standen sich schweigend gegenüber.
Verena fing als Erste an zu reden: „Hallo, Katja, sind die Männer noch gar nicht da? Hallo, Bea.“
„Guten Abend.“
Mehr sagte Luise nicht.
„Wir dachten, wir können alle zusammen essen“, plapperte Verena weiter. „Was gibt es denn? Wollen wir kochen oder habt ihr schon?“
„Es gibt Nudeln mit Tomatensoße. Ihr könnt gerne mitessen. Ich stelle gleich noch zwei Teller hin.“
Katja war froh, dass Luise nichts sagte. Sie ging zum Schrank, nahm zwei weitere Teller heraus, legte Gabel und Löffel dazu.
„Das ist hoffentlich nicht so eine Chemie-Soße aus der Dose? In meinem Alter ist es wichtig, dass man sich gesund ernährt. Abends Nudeln essen ist schon eine Sünde.“
„Entschuldige, Luise, aber es gibt auch noch Salat und die Männer haben Hunger, da sind Nudeln sehr gut.“
Katja war mutig genug gewesen, ihr Wort direkt an Luise zu richten und nun sahen sich die beiden in die Augen. Luises Blick war voller Hass, aber sie versuchte zu lächeln. Katja hielt dem Blick stand und langsam entspannte sie sich. Sie ging auf Luise zu und hielt ihr die Hand hin.
„Luise, ich weiß, du magst mich nicht, aber du bist nun mal die Oma meiner Tochter, sollten wir nicht Frieden schließen?“
Mit Bea im Rücken fühlte sich Katja sicher. Luise kniff die Lippen zusammen und schluckte. Ganz langsam streckte sie nun auch die Hand aus und griff zu. Ihr Blick sagte etwas anderes, aber es schien Entspannung einzukehren. Wenn es auch kein Frieden war, so war es doch eine Art Waffenstillstand. Verena hatte zwischen den Frauen hin und her geschaut. Jetzt umarmte sie Luise.
„Fein! Ich freue mich. Für Nelly ist das doch besser, wenn ihr euch vertragt.“
Die Tür ging auf und Nelly kam an der Hand von Ursula Heunbach in die Küche. In der anderen Hand hielt sie ganz vorsichtig ein Hühnerei.
„Mama! Guck Ei!“, rief sie fröhlich, aber als sie Luise sah, zuckte sie zurück.
Sie zog die Stirn kraus und versteckte sich hinter ihrer Mutter. Verena nahm ihr das Ei ab und verstaute es im Kühlschrank. Ursula Heunbach küsste die Kleine, wünschte allen einen guten Abend und verschwand.
„Das ist die Mama von deinem Papa. Deine Oma Luise“, erklärte Katja ihrer Tochter.
Luise probierte ein Lächeln, was ihr auch ganz gut gelang und ging auf Nelly zu. Die versteckte sich immer noch hinter Katja und schaute die Frau ernst an, die ihre Oma sein sollte.
„Oma?“
„Ich bin die Oma Luise und du bist die Nelly? Guten Abend.“
Vorsichtig trat Nelly nun hinter Katja hervor. In dem Moment kamen die Männer mit Benni von draußen herein. Christian schaute ungläubig von einem zum anderen. Was war hier los? Es sah alles so friedlich aus.
„Guten Abend, Mutter. Schatz!“
Er küsste Verena, dann kam Arne durch die Tür und küsste Katja. Als Letzter humpelte Benjamin in die Küche, ließ sich auf einen Stuhl fallen und nahm sein Kunstbein ab. Nelly schaute interessiert zu. Aber das kannte sie schon, Benjamin hatte ihr die Sache mit dem Bein erklärt und gezeigt. Nelly lief voller Freude auf Christian zu und warf sich in seine ausgebreiteten Arme.
Dann zeigte sie auf Luise und sagte: „Oma.“
Christian nickte.
„Wo ist Benni?“
Der Hofhund hatte sich zu Benjamin gelegt. Nelly wollte zu ihm und Christian stellte sie wieder auf den Boden. Gemeinsam setzten sich alle an den Tisch und aßen. Christian konnte noch nicht so recht glauben, dass Luise und Katja tatsächlich Frieden geschlossen hatten, aber er sah es als Zeichen für einen Neustart. Luise würde Nelly lieben, denn sie war einfach bezaubernd. Christian sah Benjamin lächeln und nickte ihm zu. Alles würde gut werden.
Bald darauf verabschiedete sich Bea. Die anderen blieben in der Küche sitzen. Katja ging mit ihr zum Auto.
„Ich finde diese Luise ein wenig anstrengend. Aber du hast dich gut gehalten. Vielleicht ist sie doch nicht so böse, wie du gesagt hast.“
„Mal abwarten, wie es sich entwickelt. Ich traue ihr nicht über den Weg und sie versteht sich blendend mit Verena. Gute Nacht und danke für deine Hilfe.“
„Gute Nacht.“