Читать книгу Tabu Von Herzen geliebt - Ute Dombrowski - Страница 6
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ОглавлениеKatja hatte Benjamin umarmt und sich zu Nelly ins Auto gesetzt. Arne war im Sportwagen gerade vom Hof gefahren. Katja kurbelte die Fensterscheibe herunter und Benjamin legt ihr eine Hand auf den Arm.
„Wir kriegen das schon hin, auch mit Christian. Lass ihm ein wenig Zeit, zu sich zu kommen und sich zu beruhigen. Du weißt, er liebt Nelly über alles. Finde dich damit ab, dass er Verena hat. Du bist ja mit deinem Arne gut dran. Ich mag ihn sehr und Nelly auch. Beginne dein Leben neu, alles andere bringt die Zeit.“
„Benjamin, ich habe großen Respekt vor dir. Du müsstest mich eigentlich hassen und zum Teufel jagen. Danke für deine Unterstützung.“
Dann fuhr Katja los. Arne war mit Katjas Sportwagen eine Weile vor ihr in Nennhausen und hatte den Wagen in den Hof gefahren. Er saß grübelnd unter dem Nussbaum.
Als erstes, dachte er, muss sie es Nelly erklären. Damit zu warten, wäre unsinnig. Die Kleine würde sowieso durcheinandergeraten. Aber vielleicht spürte sie die Verbindung zu ihrem wirklichen Vater ja auch.
Eine Stunde später rollte sein Auto in den Hof. Katja stieg aus, legte den Zeigefinger auf die Lippen und setzte sich zu ihm.
„Psst! Nelly schläft seit zehn Minuten. Schön, dass du gewartet hast.“
„Süße, ich habe doch gesagt, ich bin bei dir und für dich da. Du hast ja noch einiges zu tun: Cora und Marie anrufen. Nelly alles erklären und dir Gedanken machen über den zukünftigen Umgang deiner Tochter mit ihrem Vater.“
Es hatte sich sehr sachlich angehört und Katja war froh, dass Arne so abgeklärt redete. In seinem Inneren war er allerdings immer noch zerrissen. Aber er fühlte Liebe, Begehren und eine tiefe Verbundenheit zu der Frau, die ihr Leben und das Leben anderer regelmäßig in einen Scherbenhaufen verwandelte.
„Bitte versprich mir eines: Sei immer ehrlich zu mir. Ich kann mich gut in Christian und Benjamin hineinversetzen. Nicht nur wegen dir, auch wegen meiner damaligen Freundin, die gelogen hat, wenn sie den Mund aufgemacht hat.“
„Was ist aus ihr geworden?“
„Sie ist nach Südafrika gegangen und lebt dort, soweit ich weiß, mit einem reichen Typen zusammen. Sie haben drei Kinder. Aber reden wir nicht über sie.“
„Ich will zu dir immer ehrlich sein, das verspreche ich hoch und heilig. Es ist so viel schief gegangen in meinem Leben, jetzt muss ich nach vorne schauen. Bitte hilf mir dabei.“
Sanft legte er den Arm um ihre Schultern und küsste sie auf die Wange. So saßen sie, bis sie Nelly rufen hörten.
„Mama! Nelly fertig mit heia.“
Katja nahm ihre Tochter aus dem Kindersitz und Arne brachte die Sachen ins Haus. Danach nahm er seine Tasche und wollte zu sich hinübergehen.
„Kommst du wieder?“, fragte Katja zitternd.
Sie hatte auf einmal Angst bekommen, er würde sie verlassen. Es wäre sogar zu verstehen, aber sie hoffte, dass er nicht gelogen hatte. Ganz tief in ihrem Inneren hatte sie sich in den Mann verliebt, der Daniel so ähnlich war. Aber die Liebe zu Christian ließ wenig Platz in ihrem Herzen übrig.
„Ich bringe meine Sachen weg, schaue meine Post durch, dann komme ich wieder und kümmere mich um Nelly, damit du in Ruhe telefonieren kannst. Ist das so in Ordnung?“
Arne küsste Katja sanft auf die Lippen, kitzelte Nelly, die sofort kicherte und ging davon. Nelly zappelte und wollte von Katjas Arm, um gleich danach im Garten zu verschwinden. Katja folgte ihr und setzte sich unter den Nussbaum. Nelly lief zur Schaukel, kletterte in den Sitz und bewegte die Beine vor und zurück, so wie ihr Benjamin das in der letzten Woche erklärt hatte.
„Mama! Nelly schaukelt!“
Katja applaudierte und lief zu ihr, um sie noch ein bisschen anzustoßen. Nelly jauchzte mit jedem neuen Schubs, der sie höher und höher schaukeln ließ. Herausfallen konnte sie nicht, also forderte sie ihre Mutter auf, ihr immer wieder Schwung zu geben.
Als Arne um die Ecke kam, rief sie begeistert: „Arne, guck! Nelly schaukelt ganz hoch.“
„Gehst du mit Arne ein bisschen auf den großen Spielplatz? Die Mama muss telefonieren.“
Nelly ließ sich sofort von Katja aus der Schaukel heben, dann griff das kleine Mädchen Arnes Hand und schaute ihn freundlich an. Sie verließen den Garten, Katja setzte sich wieder zurück unter den Nussbaum und nahm ihr Handy. Zitternd wählte sie Coras Nummer.
„Hallo, Cora, ich bin es.“
Sie nahm noch einmal Glückwünsche zum Geburtstag entgegen und begann dann ohne Umschweife von dem katastrophalen Abend zu erzählen. Für Cora waren das Neuigkeiten, die ihr die Sprache verschlugen. Die sonst so impulsive Frau legte einfach auf, nachdem Katja ihre Beichte beendet hatte.
Katja liefen die Tränen herunter, hatte sie doch eher damit gerechnet, dass Cora laut werden würde. Dieses Schweigen tat mehr weh als jedes Schreien. Sie zog die Füße auf die Bank und schlang die Arme um die Knie. Nach einer halben Stunde klingelte das Handy, auf dem Display stand Coras Name.
„Katja, du hast mich sicher noch niemals sprachlos erlebt, auch wenn du noch so blöden Mist angestellt hattest, aber nun hast du es geschafft, mir fehlen die Worte. Sei froh, dass ich so weit weg bin, du dämliches Weibsbild, ich würde dir jetzt gerne eine klatschen. Was hast du dir denn dabei gedacht? Bist du von allen guten Geistern verlassen?“
Katja erklärte Cora genau das, was sie auch den anderen gesagt hatte, aber sie erwartete kein Verständnis. Umso erstaunter war sie, als Cora ganz ruhig blieb.
„Du wirst es nicht glauben, aber ich verstehe deine Motive sogar. Es ist jedoch sowas von bekloppt, dass du und Christian euch gleichzeitig wie in einem Kindergarten aufführt. Hättet ihr euch nicht einfach lieben können? Der ist irgendwie schon genauso dusselig wie du. Aber das habt ihr jetzt gründlich verdorben. Arme Nelly, armer Benjamin. Und glücklicher Christian, denn Nelly ist so sehr seine Tochter, es sah schon immer so aus. Was sagt er dazu?“
„Christian ist weggelaufen …“
„Verständlich!“, rief Cora dazwischen.
„Er ist weg und Verena, seine Neue, ist hinterher. Ich habe sie seither nicht mehr gesehen, Arne und ich sind heute früh abgereist. Er ist jetzt mit Nelly auf dem Spielplatz, damit ich in Ruhe mit dir reden kann. Es tut mir alles so leid.“
„Tja, Katja, das tut es dir ja immer, wenn es zu spät ist. Wie geht Benjamin damit um?“
Katja berichtete von Benjamins sehr abgeklärtem Verhalten ihr gegenüber und von seiner uneingeschränkten Unterstützung. Cora äußerte ihre Bewunderung.
„Was für ein Mann. Vielleicht wäre er sogar der beste Mann von allen für dich gewesen. Ich mag den Kerl sehr gerne. Ach Katja, was soll nur aus dir werden? Musst du erst hundert Jahre alt sein, um endlich erwachsen zu werden?“
„Ich weiß nicht, ob das jemals klappt. Ich werde jetzt versuchen, alles einigermaßen ins Reine zu bekommen. Arne ist bei mir und steht zu mir. Ich glaube, wir haben eine ganz gute Chance auf eine gemeinsame Zukunft. Benjamin ist auch immer für mich da. Bea hat getobt. Ich danke dir, dass du nicht vollkommen ausgeflippt bist. Ich hoffe, ich habe Bea nicht verloren. Cora, bitte verachte mich nicht für das, was ich getan habe. Ich mache mir selbst die größten Vorwürfe.“
„Liebes, ich verachte dich nicht, ich bin nur froh, dass es in meinem Leben nicht so ein Chaos gibt und liebe Michel nun umso mehr. Du bist mir immer ein großes Vorbild, wie ich es nicht haben will. Bitte verzeihe mir meinen Sarkasmus, aber nur so kann ich gerade ruhig bleiben.“
Sie legten auf und Katja atmete tief durch. Nach ein paar Minuten kamen Nelly und Arne in den Garten.
„Und?“, fragte er knapp.
„Alles in Ordnung. Es war ein gutes Gespräch. Gehst du Nelly baden? Dann rufe ich noch Marie und Bea an.“
In dem Moment klingelte Katjas Handy und sie sah Beas Namen.
„Hallo, Miss Unvernunft. Wie geht es euch? Seid ihr heil nach Hause gekommen?“
„Danke, Bea, dass du dich meldest, ich wollte dich auch noch anrufen. Ich habe eben bei Cora gebeichtet.“
„Ich weiß“, entgegnete Bea, „sie hat mich angerufen und wir haben ordentlich über deine Blödheit gelästert. Cora hat dann zu mir gesagt, dass ich dich nicht anschreien soll, gestern Abend meinte Hannes dasselbe. Also habe ich mich dazu durchgerungen und bin ganz entspannt. Wir werden dich in allem unterstützen, was nötig ist. Eines Tages wirst du es uns wiedergeben können. Freunde sind nun mal füreinander da, auch wenn es schlecht läuft.“
Nach dem nächsten Telefonat mit Marie, die nun auch noch ihre Unterstützung zusicherte, fühlte sich Katja viel besser. Die Freunde, die sie da hatte, bewiesen wieder einmal, dass sie die besten der Welt waren. Katja schämte sich, dass bei ihr immer alles schief ging und fragte sich, wann dieses Elend mal vorbei war. Sie ging ins Bad, wo Arne gerade Nelly in ein Badetuch gehüllt hatte.
„Nelly, du bist aber ein feines, sauberes Mädchen. Mama bringt dich jetzt ins Bettchen, aber vorher muss ich dir noch etwas erklären. Arne, kommst du mit?“
Er nickte, trug Nelly in ihr Zimmer und gab Katja den Schlafanzug aus dem Bett. Katja setzte sich mit Nelly nach dem Umziehen auf die Couch.
„Mein großes, kluges Mädchen, du hast den Arne lieb?“
Nelly nickte mit großen Augen, als spürte sie die Wichtigkeit des Gesprächs.
„Und du magst den Christian?“
Jetzt strahlte Nelly über das ganze Gesicht.
„Und den Benjamin?“
„Papa.“
„Mein Schatz, die Mama hat einen Fehler gemacht. Ich habe etwas Dummes getan. Der Benjamin ist nicht dein Papa, sondern der Christian. Verstehst du das?“
„Benjamin nicht Papa.“
Nelly nickte ernst.
„Papa Christian. Fein.“
Katja wusste nicht, ob das Mädchen sie verstanden hatte, aber in ihrem kindlichen Glauben an das Gute im Menschen wusste Nelly instinktiv, dass sie ihrer Mutter vertrauen konnte und dass das, was sie sagte, richtig war. Arne hatte gelächelt und Katja über die Schulter gestreichelt. Gemeinsam legten sie Nelly in ihr Bett, schalteten das kleine Nachtlicht an und sahen, wie sich die Kleine zufrieden zusammenrollte.
„Das war gut, Katja“, sagte Arne kurze Zeit später im Wohnzimmer. „Es ist wichtig, dass du es erklärt hast, aber ob sie es verstanden hat, sehen wir später. Lass uns auch ins Bett gehen. Ich denke, wir brauchen mal eine Runde Nähe.“
Katja schlang die Arme um seinen Hals und küsste Arne liebevoll. Sie liebten sich und Katja schlief endlich wieder die ganze Nacht durch.