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2.2.1.2 Sozialkompetenz einschätzen mit dem Riemann-Thomann-Kreuz

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Im Arbeitsalltag entsteht die Problematik, dass Mitarbeiter sich selbst, ihr sozial kompetentes Verhalten und auch ihre Sozialkompetenz ganz unterschiedlich wahrnehmen. Ein Mitarbeiter, der sich selbst als harmoniebedürftig wahrnimmt, wird von seinen Teamkollegen vielleicht als eher distanziert und eigennützig empfunden. Selbst- und Fremdwahrnehmung weichen, wie im Beispiel, oftmals stark voneinander ab. Hinzu kommt noch, dass Mitarbeiter und Führungskräfte ebenfalls unterschiedliche Blickwinkel einnehmen. Um den Ablauf von Prozessen im Team sowie deren konkrete Ergebnisse beurteilen zu können, ist es aber unabdingbar, die Position des jeweils anderen zu verstehen. Das gilt sowohl für die Interaktion zwischen den Teammitgliedern untereinander als auch für das Beziehungsgeflecht zwischen der Führungskraft und den Teammitgliedern (vgl. hierzu auch Hintz, 2018: 16 f). Bei der notwendigen Betrachtung der Situation mit den Augen des anderen und der daraus resultierenden umfassenden Situationsanalyse ist es hilfreich, das Beziehungsgeflecht untereinander grafisch darzustellen.

In der Unternehmenspraxis hat sich das Riemann-Thomann-Kreuz bewährt, um die Sozialkompetenz von Mitarbeitern abzubilden. Im Folgenden wird das Modell zunächst in Abbildung A.5 dargestellt und dann eingehend beschrieben.


Abb. A.5: Das Riemann-Thomann-Kreuz (Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Thomann, 2004: 235; ähnlich auch in Pellny u. a., 2014: 78; Kanitz, 2015: 30 und Stahl, 2002: 219 ff)

Eine Möglichkeit der grafischen Darstellung der Situationsanalyse ist die Positionierung der Teammitglieder im Riemann-Thomann-Kreuz. Die theoretischen Grundlagen des Modells wurden bereits in den 1960er Jahren im Rahmen der phänomenologischen Persönlichkeitstheorie gelegt. Das Modell selbst und die in Abbildung A.5 gezeigte Darstellungsweise gehen auf Fritz Riemann und Christoph Thomann zurück, daher auch die Bezeichnung als Riemann-Thomann-Kreuz (vgl., auch im Weiteren, Thomann, 2004: 230 f). Die Vielfalt von Persönlichkeitseigenschaften, die unterschiedliche Mitarbeiter auszeichnet, wird im Modell anhand von zwei Achsen zueinander in Beziehung gesetzt.

• Die Raumachse reicht von der Maximalausprägung der Näheorientierung (links Abb. A.5) bis zur Maximalausprägung der Distanzorientierung (rechts Abb. A.5).

• Die Zeitachse wiederum beinhaltet die Maximalausprägung der Dauerorientierung (oben Abb. A.5) bis hin zur die Maximalausprägung der Wechselorientierung (unten Abb. A.5).

Christoph Thomann selbst verwendet übrigens den Begriff der »Strebungen« (Thomann, 2004: 232) und nutzt den Begriff der verschiedenen Orientierungen nicht. Jede dieser Orientierungen ist für den einzelnen Mitarbeiter relevant, allerdings in unterschiedlichem Ausprägungsgrad. Die unterschiedlichen Bedürfnisse der Mitarbeiter in punkto Raum und Zeit sind maßgebend für das Empfinden des Mitarbeiters und beeinflussen das Kommunikationsverhalten und die Beziehungen des Mitarbeiters ganz direkt. Bei den meisten Mitarbeitern lässt sich eine deutliche Zuordnung zu einem der vier Quadranten im Kreuz erreichen. Um die Zuordnung eines Mitarbeiters zu einem der Quadranten überprüfen zu können, bedarf es zunächst der Erklärung, welche Persönlichkeitseigenschaften und Verhaltensweisen der jeweiligen Maximalausprägung zugeschrieben werden. Das Modell lässt sich am besten erläutern, indem die Maximalausprägungen der jeweiligen Orientierung »in Reinkultur« (Thomann, 2004: 230) und damit etwas überzeichnet und klischeehaft dargestellt werden. So gehen auch verschiedene Autoren von Fach- und Lehrbüchern vor, in denen das Modell beschrieben und angewendet wird (vgl. Pellny u. a., 2014: 78 ff; Kanitz, 2015: 24-37; Stahl, 2002: 219 ff sowie Walzik, 2004: 32 ff).

Zunächst zur Erklärung der Positionierung auf der Zeitachse:

Von einem Mitarbeiter, der eine hoch ausgeprägte Dauerorientierung aufweist, wird angenommen, dass er Entscheidungen basierend auf einer eingehenden, detaillierten Planung trifft. Er bezieht alle ihm zur Verfügung stehenden Informationen ein und wägt sämtliche erkennbaren Alternativen sorgfältig ab, bevor er eine Entscheidung trifft (vgl. zur betriebswirtschaftlichen Abwägung von Entscheidungsalternativen auch Wöhe/Döring, 2013: 90 und Bea, 2009: 343). Ein dauerorientierter Mitarbeiter wird als sehr diszipliniert und verlässlich beschrieben (vgl., auch im Weiteren, Thomann, 2004: 233 f sowie 240 f). Das Vernachlässigen von Aufgaben würde ihm nie in den Sinn kommen. Die Maßstäbe, die er an sein eigenes Verhalten anlegt, gelten aus seiner Perspektive auch für seine Teamkollegen. Dementsprechend neigt der dauerorientierte Mitarbeiter dazu, seine Teamkollegen (oder auch seine Mitarbeiter, falls es sich um eine Führungskraft handelt) zu kontrollieren. Seine Arbeitsweise ist gekennzeichnet von Ordnungsliebe und Ausdauer. Eine Aufgabe, die er begonnen hat, führt er auf jeden Fall zu Ende, notfalls auch gegen Widerstände aus dem eigenen Team. Dabei vertritt er die einmal gefasste eigene Meinung unnachgiebig und versucht zuweilen auch, Teamkollegen zu missionieren und von seiner Doktrin zu überzeugen. Aufgrund seiner sehr genauen, detailverliebten Arbeitsweise eilt ihm auch stellenweise der Ruf voraus, ein Pedant zu sein. Wie die jeweiligen Teamkollegen den dauerorientierten Mitarbeiter wahrnehmen, hängt in hohem Maße davon ab, welche Orientierung sie selbst vertreten. Eine Verhaltensweise, die ein wechselorientierter Teamkollege als Zumutung empfindet, kann von einem dauerorientierten Teamkollegen als Wohltat empfunden werden – und umgekehrt. Auf Teamkollegen z. B., die eher wechselorientiert sind, kann der dauerorientierte Mitarbeiter zuweilen starrsinnig und unflexibel wirken.

Ein Mitarbeiter mit einer stark ausgeprägten Wechselorientierung zeichnet sich im Modell des Riemann-Thomann-Kreuzes durch Spontaneität aus (vgl., auch im Weiteren, Thomann, 2004: 234 f sowie 241 f). Routinevorgänge sind ihm ein Graus. Er ist sehr veränderungsbereit und steht Prozess- und Produktinnovationen grundsätzlich positiv gegenüber. Für alles Neue ist er schnell zu begeistern (vgl. hierzu auch die Merkmale eines Early Adopters in Wozniak, 1987: 101 ff). Es bietet sich aus Sicht des Teamleiters an, den wechselorientierten Mitarbeiter bei anstehenden Veränderungen z. B. in der Prozessorganisation direkt einzubeziehen. So kann dessen Begeisterungsfähigkeit als Motor der Veränderung genutzt werden. Der wechselorientierte Mitarbeiter ist außerdem sehr fantasievoll. Seine Ideen möchte er am liebsten sofort in die Tat umsetzen. Das führt stellenweise dazu, dass er begonnene Aufgaben nicht zu Ende bringt, weil er sich spontan einer neuen Aufgabe widmet. Auf den dauerorientierten Teamkollegen oder Teamleiter wirkt er flatterhaft und strukturlos. Er lässt sich leicht ablenken und zeigt in der Ausführung von (aus seiner Sicht) langweiligen Tätigkeiten wenig Disziplin. Er ist sowohl in der Arbeitsweise als auch in der Arbeitsdauer sehr flexibel. Seine Verlässlichkeit lässt dementsprechend eventuell zu wünschen übrig und er ist (bei dauerorientierten Teamkollegen) bekannt und gefürchtet für seine Launenhaftigkeit. Trotzdem wird er aufgrund seiner Kreativität von (ebenfalls wechselorientierten) Teamkollegen und Vorgesetzten sehr geschätzt.

Die Rollen, die dem wechselorientierten Mitarbeiter zugeschrieben werden, sind »Innovator, Zukunftsplaner, Veränderungsmanager« (Thomann, 2004: 247).

Hat sich der Mitarbeiter auf der Zeitachse positioniert und ist sich darüber klar geworden, wie stark dauer- bzw. wechselorientiert er ist, dann geht es in einem zweiten Schritt darum, die Positionierung auf der Raumachse zu klären:

Die Raumachse weist einerseits die Maximalausprägung der Distanzorientierung auf (vgl., auch im Weiteren, Thomann, 2004: 232 f sowie 239 f). Mitarbeiter, die distanzorientiert sind, zeichnen sich durch einen hohen Grad an Autonomie aus. Sie brauchen ihre Unabhängigkeit, um effizient und effektiv arbeiten zu können. Am produktivsten sind sie in einem Einzelbüro, in dem sie einen gewissen räumlichen Abstand zu anderen Mitarbeitern wahren können. Ihre Arbeitsweise ist gekennzeichnet durch ein hohes Maß an Sachlichkeit und Rationalität. Auf eher näheorientierte Mitarbeiter wirken sie bisweilen kühl und unnahbar. Auch die Attribute arrogant, eigensinnig und egozentrisch werden dem distanzorientierten Mitarbeiter des Öfteren zugeschrieben.

Ein distanzorientierter Mitarbeiter kann die verschiedenen Ebenen der Kommunikation nutzen und mit Hilfe der sozialen Sprache maximale Distanz zu anderen Mitarbeitern aufbauen. Seine Kommunikation wird durch höfliche Distanziertheit gekennzeichnet sein. (vgl. Juul/Jensen, 2019: 152)

Thomann benennt folgende Rollenzuschreibungen für den Mitarbeiter mit einer ausgeprägten Distanzorientierung: »Fachautorität, Kritiker, Nörgler, Einzelkämpfer« (Thomann, 2004: 245).

Die andere Maximalausprägung der Raumachse ist die Näheorientierung (vgl. hierzu, auch im Folgenden, Thomann, 2004: 231 f sowie 239 f). Ein Mitarbeiter mit einem hohen Grad an Näheorientierung legt großen Wert auf Harmonie und Geborgenheit im Team. Er braucht die vertraute Zusammenarbeit mit anderen Teammitgliedern, um sich wohl zu fühlen und produktiv arbeiten zu können. Im Team ist ihm kooperatives Verhalten sehr wichtig. Vom näheorientierten Vorgesetzten werden Entscheidungen nicht nur einfach getroffen, sondern transparent gemacht und auch durchaus im Team zur Diskussion gestellt. Das Verhalten des näheorientierten Mitarbeiters ist geprägt von Empathie und Einfühlungsvermögen. Sein Wunsch nach einer guten Teamatmosphäre steht immer im Vordergrund. Von einem distanzorientieren Teamkollegen kann der näheorientierte Mitarbeiter als aufdringlich empfunden werden, wenn er sich z. B. tagtäglich nach dessen Befinden erkundigt und sich insoweit »anbiedert«.

Ein näheorientierter Mitarbeiter kann die verschiedenen Ebenen der Kommunikation ebenfalls nutzen, allerdings mit anderem Ergebnis als der distanzorientierte Mitarbeiter. Er wird durch den gezielten Einsatz sozialer Sprache langsam Nähe entstehen lassen, ohne sich selbst dabei verletzlich zu zeigen. (vgl. Juul/Jensen, 2019: 152)

Die Rollen, die dem näheorientierten Mitarbeiter in der Arbeitswelt zugeschrieben werden, sind die Folgenden: »Teamentwickler, Moderator, Vermittler, Ausgleicher, Beziehungs- und Personalmanager« (Thomann, 2004: 243).

Um die Gegensätze an einem Beispiel zu verdeutlichen, kann der Distanztyp mit dem Nähetyp verglichen werden. Der Distanztyp schätzt bei seiner Arbeit seine Eigenständigkeit. Er hält sich an feststehende Fakten und ist sehr realistisch. Der Nähetyp hingegen bildet sich seine eigene Meinung erst auf Basis der gründlichen Abwägung aller anderen Meinungen in seinem Team und stellt die gute Arbeitsatmosphäre über alles. Im Zweifelsfall wird er seine eigene Meinung ändern, um des lieben Friedens willen. Diese völlig unterschiedlichen Einstellungen und Arbeitsweisen führen dazu, dass der Distanztyp den Nähetypen als Traumtänzer empfindet und ihn möglicherweise sogar für ein Weichei hält. Der Nähetyp hingegen empfindet den Distanztypen als unnachgiebigen Hardliner und lehnt seine »Hau-drauf-Mentalität« ab. Es fällt beiden Typen im täglichen Miteinander im Team sehr schwer, den eigenen Toleranzbereich zu verlassen. Das gegenseitige Verstehen und die Zusammenarbeit erfordern von beiden ein hohes Maß an Kooperationsbereitschaft. (vgl. Pellny u. a., 2014: 79)

Die Positionierung der Teammitglieder im Riemann-Thomann-Kreuz verdeutlicht die Unterschiede zwischen den jeweiligen Teammitgliedern. Die Wahrnehmung des Einzelnen zu den Eigenschaften und Verhaltensweisen von ihm selbst und den anderen wird geschärft. Vielfach ist allein schon das Erkennen der unterschiedlichen Positionierungen ein erster Schritt auf dem Weg zum besseren gegenseitigen Verständnis. Es werden »Mindeststandards, die für beide Seiten gelten« (Kanitz, 2015: 34) entwickelt. Die Gegenüberstellung von Selbst- und Fremdwahrnehmung und deren Relativierung ermöglicht also die weitgehend objektive Darstellung der Situation im Team. Hierzu bedarf es der Bereitschaft von allen Seiten, sich auf die Erstellung des Riemann-Thomann-Kreuzes einzulassen und sich mit der Fremdwahrnehmung durch die anderen Teammitglieder bzw. durch den Teamleiter konfrontieren zu lassen.

Nun kann es sein, dass ein oder mehrere Teammitglieder Schwierigkeiten haben, sich im Riemann-Thomann-Kreuz zu positionieren, weil sie in sich selbst sowohl eine gewisse Nähe- als auch eine gewisse Distanzorientierung spüren, je nach Situation und Gegenüber. Gleiches kann auch für die Dauer- und die Wechselorientierung gelten. Das ist vollkommen normal, denn »jeder ist ein Gemisch aus allen vier Strebungen« (Thomann, 2004: 235). In dem Fall kann zu folgender Interpretation gegriffen werden, um die Positionierung trotzdem zu ermöglichen:

• Die Raumachse wird als zweigeteilt verstanden. Im Schnittpunkt der Raum- und der Zeitachse wird die Näheorientierung als 0 Prozent ausgeprägt betrachtet, wohingegen die 100 Prozent bei einer Positionierung ganz weit links auf der Raumachse erreicht werden. Die Distanzorientierung wiederum wird ebenfalls im Schnittpunkt der Raum- und Zeitachse als zu 0 Prozent ausgeprägt angesehen. Die 100 Prozent Ausprägung der Distanzorientierung werden ganz rechts auf der Raumachse realisiert.

• Die Zeitachse wird ebenfalls als zweigeteilt verstanden. Im Schnittpunkt der Raum- und der Zeitachse sind sowohl die Dauer- als auch die Wechselorientierung mit 0 Prozent ausgeprägt. Ganz oben auf der Zeitachse erreicht die Dauerorientierung 100 Prozent, wohingegen die Wechselorientierung ganz unten auf der Zeitachse zu 100 Prozent realisiert wird.

Die Teammitglieder werden dazu aufgefordert, sich auf allen vier Teilachsen zu positionieren und zwar in Abhängigkeit von der Stärke der jeweils wahrgenommenen Orientierung zwischen 0 und 100 Prozent. Ein Mitarbeiter, der sich als meist näheorientiert empfindet, sich aber in manchen, wenn auch selten vorkommenden Situationen auch mal zum konzentrierten Arbeiten in ein Einzelbüro zurückzieht, der wird seine Kreuzchen an zwei Stellen der Raumachse setzen. Zum einen ganz weit links für die als sehr hoch empfundene Näheorientierung und zum anderen direkt rechts vom Schnittpunkt der Raum- und Zeitachse für die als zumeist gering empfundene Distanzorientierung. Eben dieser Mitarbeiter wird sich auch auf der Zeitachse positionieren. Vielleicht empfindet er sich als meistens stark dauerorientiert, manchmal aber auch als kreativ und spontan. Dann wird er seine beiden Kreuzchen auf der Zeitachse entsprechend setzen. Verbindet er nun die Kreuzchen für die jeweilige Orientierung miteinander, dann ergeben sich vier Dreiecke mit ganz unterschiedlichem Flächeninhalt. Im gerade beschriebenen Fall hat das Dreieck im linken oberen Quadranten den größten Flächeninhalt. Demensprechend stellt sich der betreffende Mitarbeiter als überwiegend nähe- und dauerorientiert heraus. (vgl. Thomann, 2004: 236)

Für die Bewertung der Positionierung der Teammitglieder im Riemann-Thomann-Kreuz ist es von besonderer Bedeutung, dass die Positionierung in allen vier Quadranten als wertneutral anzusehen ist. Keine Positionierung ist besser als die andere – nur anders. Thomann formuliert das so: »Im zwischenmenschlichen Kontakt geht es mehr darum, mit den Unterschieden umgehen zu lernen, als sie zu verkleinern oder zu vermeiden« (Thomann, 2004: 237). Jeder Typ Mitarbeiter eignet sich für andere Aufgaben. Besteht ein Team aus Teammitgliedern aus allen vier Quadranten, so ist die Zusammensetzung des Teams sehr heterogen. Die Teambildung und das Vertrautwerden mit den Teammitgliedern dauern voraussichtlich länger und fallen schwerer als in einem homogenen Team. Möglicherweise kann ein derart heterogenes Team die anstehenden Aufgaben aber besser erfüllen als ein homogenes Team. Die Fähigkeiten und Talente der Teammitglieder sind so verschieden, dass jedes Teammitglied eine andere Teilaufgabe optimal erledigen kann. Ein Team, bei dem alle Teammitglieder in einem Quadranten verortet sind, wird als homogenes Team gesehen. Das bedeutet zwar, dass die Teammitglieder sich ähnlich sind, aber dadurch sind sie nicht unbedingt effizienter. Das hat etwas mit den in Teams manchmal auftretenden Teamphänomenen zu tun, die in Kapitel B.3 eingehend besprochen werden. Letztendlich hängt die erfolgreiche Zusammenarbeit im Team davon ab, inwieweit sich die Teammitglieder selbst verstehen und ob sie bereit sind, den anderen Teammitgliedern Verständnis entgegenzubringen.

Nun sind nicht alle Teams so homogen oder heterogen wie gerade beschrieben und damit so einfach zu analysieren. Grundsätzlich erfolgt die Analyse nach folgender Vorgehensweise: Der Quadrant, in dem sich der jeweilige Mitarbeiter befindet, wird als dessen Heimatfeld bezeichnet:

• Das Heimatfeld eines Mitarbeiters mit einer hohen Distanz- und Dauerorientierung (rechts oben Abb. A.5) ist der Quadrant der Leistungsorientierung.

• Das Heimatfeld eines Mitarbeiters mit einer hohen Distanz- und Näheorientierung (links oben Abb. A.5) ist der Quadrant der Teamorientierung und der Vertrautheit.

• Das Heimatfeld eines Mitarbeiters mit einer hohen Nähe- und Wechselorientierung (links unten Abb. A.5) ist der Quadrant der Kreativitätsorientierung und der Lebendigkeit.

• Das Heimatfeld eines Mitarbeiters mit einer hohen Distanz- und Wechselorientierung (rechts unten Abb. A.5) ist der Quadrant der Freiheitsliebe und der Unabhängigkeitsorientierung.

In seinem Heimatfeld fühlt sich der Mitarbeiter am wohlsten. Dementsprechend wird der Mitarbeiter mit dem Heimatfeld der Leistungsorientierung sich am wohlsten fühlen, wenn er von Teamkollegen umgeben ist, die ebenfalls leistungsorientiert sind. Deren Verhalten und Handlungsweise kann er nachvollziehen und kann sich in sie gut hineinversetzen, da er selbst so empfindet wie sie. Das Feld, das dem Heimatfeld diagonal gegenüberliegt, wird als die sog. Antiheimat des Mitarbeiters bezeichnet. Mit einem Teamkollegen in der Antiheimat fällt die Zusammenarbeit besonders schwer, weil er so anders denkt und handelt als der Mitarbeiter selbst. Die Antiheimat des Mitarbeiters mit der Leistungsorientierung ist dementsprechend der Quadrant der Kreativitätsorientierung und der Lebendigkeit. Dem ständig vorausplanenden, verlässlichen und sehr auf die eigene Autonomie bedachten Mitarbeiter im Quadranten der Leistungsorientierung ist die Zusammenarbeit mit dem kreativen, begeisterungsfähigen und sehr spontanen Mitarbeiter im Quadranten der Kreativitätsorientierung zutiefst suspekt. Er kann sich in die Gedankenwelt des Mitarbeiters in seiner Antiheimat nur schwer bis gar nicht hineinversetzen und versteht ihn schlicht nicht. Die Zusammenarbeit mit Teamkollegen, die in der eigenen Antiheimat verortet sind, fällt dementsprechend schwer.

In einem Team, in dem geteilte Führung praktiziert wird, ist die Arbeitsweise von den Mitarbeitern geprägt, die sich mehrheitlich in einem der Quadranten befinden. Was unter geteilter Führung zu verstehen ist, wird in Kapitel A 3.5 eingehend besprochen. In einem Team mit einer Mehrheit an Teamplayern ist bei geteilter Führung die Arbeitsatmosphäre von Vertrautheit und Wärme geprägt und das Wir-Gefühl wird hochgehalten. Ist ein einzelner Teamkollege im Quadranten der Freiheitsliebe und Unabhängigkeit verortet, so wird er sich gegen die Mehrheit der anderen nicht durchsetzen können, weder bei demokratisch geprägten Entscheidungen noch bei Entscheidungen im Konsens.

In einem Team mit hierarchischer Führung ist entscheidend, in welchem Quadranten der Teamleiter beheimatet ist. Für die Zusammenarbeit im Team ist es dann besonders bedeutsam, dass der Teamleiter seine Entscheidungen transparent begründet, wenn er und seine Mitarbeiter sich in unterschiedlichen Quadranten befinden oder gar die Mehrheit der Teammitglieder in der Antiheimat des Teamleiters zu finden ist. Wer ein Team führt, sollte sich mit der Frage beschäftigen, wo auf der Raum- und Zeitachse seine Mitarbeiter positioniert sind. Die Positionierung der Mitarbeiter im Riemann-Thomann-Kreuz kann zum einen im Rahmen der Fremdeinschätzung erfolgen, d. h. der Teamleiter positioniert seine Mitarbeiter, oder zum anderen im Rahmen der Selbsteinschätzung, d. h. jeder Mitarbeiter positioniert sich selbst und es erfolgt im Anschluss daran eine Teamsitzung, in der die Positionierung besprochen wird. Ein Mitarbeiter, der sich bei einer Positionierung allein in einem Quadranten wiederfindet und damit nicht da verortet ist, wo sich die Mehrheit der Teammitglieder befindet, wird oftmals als anstrengend empfunden. An der Stelle ist der Teamleiter gefordert, um zu verhindern, dass ein solcher Mitarbeiter zum Außenseiter (gemacht) wird und es zu Konflikten im Team kommt.

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