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2.2.3.2 Das beste Selbst im Spiegel

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Ein Werkzeug aus der Positiven Psychologie ist besonders hilfreich, wenn es darum geht, die eigene Leistungsfähigkeit zu ermitteln. Es handelt sich um eine Methode, die im Deutschen als »Das beste Selbst im Spiegel« bezeichnet wird und im englischsprachigen Raum als »reflected best self« (Dutton u. a., 2005: 712) bzw. als »best-self feedback« (Roberts, 2004 und Cameron, 2012: 73) bekannt geworden ist.

Der Mitarbeiter will durch die Anwendung dieser Methode mehr über die eigenen Stärken erfahren. Er möchte wissen, wie er wahrgenommen wird, wenn er gerade besonders leistungsfähig ist. Die Rückmeldungen, die er erhält, beziehen sich – ganz bewusst – ausschließlich auf Situationen, in denen der Mitarbeiter von seinen Kollegen als besonders effektiv, als besonders vorbildlich oder auch als ganz besonders erfolgreich wahrgenommen wurde. Das ist insoweit bemerkenswert, als dass normalerweise Rückmeldungen zur eigenen Person immer gemischt ausfallen. Indem die Kollegen den Mitarbeiter nun ausschließlich auf seine Stärken und seine besonderen Fähigkeiten hinweisen, helfen sie ihm, mehr zu sein als er (momentan noch) ist. (vgl. Rose, 2018)

»Das beste Selbst im Spiegel« ist nicht fix und unveränderlich. Es kommt zwar nicht häufig vor, dass ein Mensch sein bestes Selbst wieder verändert, aber es ist möglich. Besonders hilfreich bei der Veränderung des besten Selbst sind

• das Vorhandensein positiv-affektiver Ressourcen (»positive affective resources«; Dutton u. a., 2005: 721),

• das Empfinden relationaler Verbundenheit (»relational resources«; Dutton u. a., 2005: 722) und

• die Fähigkeit des Menschen, die eigenen Gedanken, Motive und Handlungen zu kontrollieren (»agentic resources«; Dutton u. a., 2005: 723).

In der konkreten Anwendung funktioniert »Das beste Selbst im Spiegel« wie folgt: Der Mitarbeiter bittet zunächst seine Kollegen, seinen Vorgesetzten und durchaus auch Menschen aus seinem privaten Umfeld darum, kurze Geschichten aufzuschreiben, in denen er die positive Hauptrolle gespielt hat. Die Geschichten beschreiben ganz konkrete Situationen, in denen der Mitarbeiter seine außergewöhnliche Leistungsfähigkeit unter Beweis gestellt hat und »in Höchstform« war. Diese Geschichten sind natürlich individuell von den Erzählenden und deren Perspektiven geprägt. (vgl. Dutton u. a., 2005: 714, Roberts, 2005: 74 f und Cameron, 2012: 73 ff) Damit die Informationsbasis groß genug ist, sollten zwischen zehn und dreißig verschiedene Personen darum gebeten werden, eine Höchstform-Geschichte zu verfassen (vgl. Dutton u. a., 2005: 723).

Für all diejenigen, die sich jetzt sagen »Aber ich kann doch nicht zu meinem Chef gehen und sagen: Lob mich mal!« sei an dieser Stelle auf die Antwort des Autors, Coaches und Karriereberaters Martin Wehrle auf genau diese Frage verwiesen: »Doch. Ich kann meinen Chef bitten: Geben Sie mir eine Rückmeldung auf meine Arbeit. Fragen Sie ausdrücklich nach: Was läuft gut?« (Boldebuck, 2007).

Der Mitarbeiter liest sich in einem zweiten Schritt alle Geschichten aufmerksam durch. Dabei wird er feststellen, dass er viel mehr Stärken hat, als ihm bisher bewusst war. Er sucht in den Geschichten nach wiederkehrenden Mustern und Themen und fasst diese tabellarisch zusammen. (vgl. Roberts u. a., 2005: 75 f) In den meisten Fällen ergeben sich Gemeinsamkeiten zwischen den einzelnen Geschichten, die als Bindeglieder für die anschließende Beschreibung des eigenen Selbst dienen können.

Zum Abschluss verfasst der Mitarbeiter eine Art Destillat der Höchstform-Geschichten. Der Mitarbeiter entwickelt aus den Geschichten und aus seiner eigenen Selbsteinschätzung ein Kurzportrait seines Selbst, das ihm als Ausgangsbasis für die eigene Weiterentwicklung dienen kann (vgl. Dutton u. a., 2005: 712; Robert u. a., 2005: 77 f; zusammengefasst und in deutscher Übersetzung in Rose, 2018).

Die Erstellung dieses »Medleys« (Rose, 2018) kann im Zusammenhang mit der Tätigkeit in einem Unternehmen durchaus eine Herausforderung darstellen. Allzu häufig ist die Information, die der Mitarbeiter erhält, verzerrt und unvollständig. (vgl. Dutton u. a., 2005: 714)

Insgesamt gesehen ist »Das beste Selbst im Spiegel« eine sehr gute Möglichkeit, um

• den eigenen Horizont zu erweitern und sich selbst zu vergegenwärtigen, welche (noch nicht realisierten) Potentiale in einem schlummern, um

• die soziale Interaktion mit Mitarbeitern und Führungskräften zu erleichtern und um

• die eigene Ausdrucksfähigkeit zu verbessern. (vgl. Dutton u. a., 2005: 724)

Der Mitarbeiter ist im Lauf der Zeit immer besser in der Lage, Situationen zu identifizieren und herbeizuführen, die ihm dabei helfen, sein »bestes Selbst« zum eigenen Wohl und zum Wohl des Unternehmens einzusetzen (vgl. Dutton u. a., 2005: 725 f). Eine weitere positive Auswirkung ist die mit der Zeit steigende Stressstabilität des Mitarbeiters (vgl. Dutton u. a., 2005: 727). Darüber hinaus führt die Anwendung der Methode zu einer Stärkung der Beziehung zwischen dem Mitarbeiter, der beschrieben wird und den Kollegen und der Führungskraft, die das »beste Selbst« des betreffenden Mitarbeiters beschreiben (vgl. Cameron, 2012: 75).

Was »Das beste Selbst im Spiegel« nicht leisten kann (und auch nicht will), ist, Grundlage für die Beurteilung eines Mitarbeiters zu sein. Unternehmen können »Das beste Selbst im Spiegel« ihrer Mitarbeiter aber sehr effektiv dazu nutzen, um die Personalentwicklung zu unterstützen. (vgl. Dutton u. a., 2005: 730)

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