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1.2 Forschungsinteressen und Fragestellungen

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In dem erhobenen Korpus überwiegen die Gespräche mit anwesenden Kindern bzw. Jugendlichen und nur zwei Gespräche finden ausschliesslich zwischen den Lehrpersonen und den Eltern statt. Dass die SchülerInnen bei den Beurteilungsgesprächen mitanwesend sind, entspricht einem beobachtbaren Trend an Schweizer Schulen und deckt sich auch mit Empfehlungen in pädagogischer Fachliteratur (vgl. Sacher 2014; Vögeli-Mantovani 2011). Wie sich die Anwesenheit der Kinder bzw. der Jugendlichen auf die Interaktionen auswirkt und welche Rolle sie dabei einnehmen, wurde hingegen bisher noch kaum untersucht (vgl. aber Silverman, Baker & Keogh 1998; Walker 2002) und wird allenfalls am Rande erwähnt (vgl. Ackermann 2014: 71ff.; Baker & Keogh 1995: 270ff.; Korn 2013: 81f.; MacLure & Walker 2000: 22).

Wie Schwabe (2006: 17) betont, lag der Fokus in der gesprächsanalytischen Forschung im Bereich der institutionellen Kommunikation generell meist auf Gesprächen zwischen Erwachsenen oder dann auf der Unterrichtskommunikation. Die Kind-Erwachsenen-Interaktion sowie spezifisch im schulischen Kontext die Aussenkommunikation zwischen Schule und Familie, steht erst seit jüngerer Zeit im Fokus der empirischen Gesprächsforschung. Dadurch dass die SchülerInnen oftmals in den Gesprächen anwesend sind, entsteht eine anspruchsvolle Gesprächssituation: Einerseits handelt es sich bei der Mehrparteieninteraktion aus Sicht der Gesprächsorganisation um komplexere Konstellationen, da Rederecht und Sprecherwechsel interaktiv ausgehandelt werden müssen. Andererseits wird in verschiedenen Publikationen zu institutionellen, aber auch alltäglichen Gesprächen zwischen Erwachsenen und Kindern darauf hingewiesen, dass Kinder in der Interaktion nicht dieselben Rechte besitzen und häufig als „less-than-full members“ (Shakespeare 1998: 23f.) konstruiert werden (vgl. auch Butler & Wilkinson 2013; Hutchby & O’Reilly 2010). Dies äussert sich durch Rederechtsübernahmen durch die Erwachsenen an Stellen, an denen eigentlich ein Kind hätte antworten sollen. Wenn also beispielsweise in einem Beurteilungsgespräch eine Frage an das Kind gerichtet wird und ein Elternteil anstelle des adressierten Kindes antwortet, wird dem Kind das Rederecht abgesprochen und die erwachsene Person präsentieret sich selbst als kompetentere Teilnehmende, die oder der über das Befinden und Denken des Kindes Bescheid weiss und dementsprechend urteilen kann. Im Rahmen der Erforschung schulischer Beurteilungsgespräche besteht also ein besonderes Interesse darin, die Beteiligungsstrukturen im Hinblick auf die Interaktionsmöglichkeiten der mitanwesenden SchülerInnen zu untersuchen.

Aufgrund der Datenlage und der bisherigen Forschung sind die folgenden Forschungsinteressen zentral für die vorliegende Arbeit:

Insgesamt herrscht im Bereich der Kommunikation zwischen Lehrpersonen, Eltern und SchülerInnen ein Mangel an (gesprächsanalytischen) Studien, die sich auf authentische Gesprächsdaten stützen. Wenn auch in den letzten Jahren ein steigendes Interesse an dem Gesprächstyp zu verzeichnen ist, bleiben viele Fragen noch unbearbeitet. Insbesondere die Anwesenheit von SchülerInnen in Beurteilungsgesprächen sowie deren Einfluss auf die Interaktion wurde noch nicht hinreichend betrachtet.

Ziel und Anspruch dieser Forschungsarbeit ist es, am Beispiel von Beurteilungsgesprächen neue Erkenntnisse zu Beteiligungsstrukturen und Positionierungsaktivitäten in der Kind-Erwachsenen-Interaktion zu erarbeiten. Dabei interessieren insbesondere die spezifischen Design-Aktivitäten (vgl. Schmitt & Knöbl 2014) vonseiten der Erwachsenen, welche einerseits eine Orientierung am anwesenden Kind oder Jugendlichen aufzeigen oder aber eine Involvierung ebendieser begünstigen. Es interessiert dabei die Frage, welche Interaktionsmöglichkeiten den anwesenden SchülerInnen geboten werden und wie diese von denen genutzt werden können.

Im Folgenden lege ich dar, welche spezifischen Bereiche in der vorliegenden Arbeit fokussiert werden.

Beurteilungsgespräche in der Schule

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