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7. Kapitel GROSSER KONFERENZRAUM INNEN/TAG

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Der Konferenzraum ist bereits zum Brechen voll, als ihn Jonas betritt. Neben seiner Cutterkollegin Lisa, die ihm einen Stuhl freigehalten hat, findet er Platz. Rechts von der Tür ist ein Podest aufgebaut worden, auf dem ein Tisch mit drei Stühlen steht. Auf dem linken, etwas fragil wirkenden Plastikstuhl sitzt bereits der Personalchef. Auf dem rechten, ebenfalls instabilen Plastikstuhl sitzt der Chef der Buchhaltung. Nur der massive Stahlsessel in der Mitte ist noch frei. Fast das gesamte fünfundzwanzig-köpfige Team, das über die neuen Begebenheiten in der Causa »Ameisenhaufen« informiert werden soll, sitzt auf Holzstühlen vor dem Podest. SMS und E-Mails werden beantwortet, man unterhält sich, fächelt sich Luft zu, lacht zwischendurch und dennoch ist die Atmosphäre höchst angespannt. Aber trotz dieser Anspannung ist Jonas erleichtert. Das Verhör hat er glimpflich überstanden. Eingangs hat ihm die Polizei nur einige Fragen gestellt und sich in seinem Schnittraum umgesehen. Erst als sie erfahren hat, dass er für seine kleine Tochter regelmäßig Alimente zahlen muss, ist sie misstrauisch geworden und hat ihn gebeten, seinen Rechner anzustellen. Die polizeiliche Untersuchung seines Computers ist dann aber eher oberflächlich verlaufen. Da Jonas seine gehackten Videos in einer unscheinbaren Datei namens »unbrauchbarer Bin« verstaut hält, haben die Polizisten diese Videofiles nur für Ausschnitte vergangener Sendungen gehalten. Dass sie anders formatiert waren als die übrigen eigentlichen Schnitt-Files, ist ihnen nicht aufgefallen. Sie haben auch nicht genug Zeit gehabt, sich die Videos alle anzusehen.

Auf einmal verstummt der gesamte Konferenzraum. Herrschler ist eingetreten. Er lächelt kühl, setzt sich auf seinen Thron und betrachtet die Runde.

Es bleibt kaum Raum zum Atmen. Die Luft ist dick. Der Raum ist überheizt, die Fenster sind zu, die ersten Schweißtropfen perlen. Der Geruch im Zimmer wird streng, die Gesichter werden ernst, die Stimmung ist gespannt – der CEO spricht:

»Die Polizei ist gerade dabei, Spuren zu sichern. In meinem Büro haben sie schon Fingerabdrücke gesichert. Heute Früh habe ich außerdem am Kommissariat als Geschädigter ausgesagt. Die Polizei hat mich darüber aufgeklärt, dass die Ermittlungen nun mindestens vier Wochen lang weitergehen werden. Dabei werden die Kriminalbeamten immer wieder hier sein und euch möglicherweise nach weiteren Details fragen, sofern sie schon ein erstes Verhör durchgeführt haben. Wie auch immer es sich darstellen wird – seid bitte kooperativ. Die Chance, den Dieb zu finden, ist für die Polizei aber eher gering. Leider muss ich euch mitteilen«, er hält inne und scheint ehrlich verärgert, als er weiterspricht, »dass das Geld wegen eines Formalfehlers nicht versichert war. Es ist überhaupt nur deshalb in meinem Büro gelegen, weil wir es für ein Foto-Shooting mit der neuen Moderatorin, Janina Talina, gebraucht haben.«

›Wieso redet Klein-Cäsar immer im Plural, wenn er sich doch nur selber meint?‹, fragt sich Jonas und blickt sich um.

Die Mitarbeiter nicken, ihre Münder bleiben stumm und Herrschler fährt fort: »Euch allen wurde das Überwachungsvideo zugeschickt, aber leider sieht man tatsächlich sehr wenig darauf. Das Einzige, was wir sonst noch wissen, ist, dass der leere Koffer selbst am Wochenende im Donaukanal gefunden worden ist. Wenn einer von euch einen Verdacht hegen sollte, dann behaltet ihn bitte für euch, bis er sich erhärtet hat. Wir wollen hier ja keine Hexenjagd auslösen. Wir bitten um Zeugen, nicht aber um unhaltbare Anschuldigungen. Falls also jemand etwas beobachtet haben sollte oder dergleichen, kommt bitte zu uns.«

Fäuste werden geballt, Lippen geleckt, Nägel gebissen, und das so unauffällig wie möglich. Auf Jonas wirkt es so, als wittere jeder der anwesenden Mitarbeiter seine Chance, seinem persönlichen Rivalen oder Gegenspieler einen Denkzettel zu verpassen. Herrschler setzt sich in seinem Thron zurecht und legt eine künstliche Pause ein. Jonas schaut zu seinen Kollegen, alle wirken verunsichert.

Herrschler ergreift wieder das Wort: »Natürlich werden weder ich noch das Personalbüro jetzt Detektiv spielen, doch wenn sich Verdachtsmomente gegen einen von euch erhärten sollten, werden wir selbstverständlich ein Gespräch mit dieser Person in die Wege leiten! Aber wie gesagt, bitte keine unhaltbaren Anschuldigungen.«

Der Ameisenhaufen

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