Читать книгу A song of Catastrophe - Victoria M. Castle - Страница 5

Оглавление

Sie konnte nicht atmen.

Nicht sprechen.

Jeder Atemzug brach augenblicklich ab, als sie ansetzte, Luft zu holen. Kleine Messerstiche stachen tief in ihrem Oberkörper, als würde die Luft an falscher Stelle wieder austreten, ehe sie in ihren Lungen hätte ankommen können.

Es fühlte sich an, als hätte man ihr den Brustkorb zertrümmert.

Wie konnte ein einzelner Mensch nur so grausam sein?

Ihr ganzer Körper war wie gelähmt.

Am liebsten hätte sie laut geschrien, gebrüllt, bis ihr die Stimmbänder brachen, doch das waren sie bereits.

Ob sie je wieder würde singen können?

Die Musik in ihr war verklungen.

Die Nacht war vorbei.

Beinahe wie eine leichte Erinnerung war sie an Lexi vorbei gerauscht.

Michelles Bruder hatte versucht, an ihr Rache auszuüben, und Castiel und Bastian hatten ihn und seine beiden Kumpel daran gehindert.

Zumindest vor dem Schlimmsten, wenn er auch seine Rache sicherlich gehabt hatte.

Auch wenn Lexi dabei verletzt wurde, waren die Verletzungen bei weitem nicht so schlimm gewesen wie zuerst vermutet.

Natürlich, es hatte ihr das ein oder andere Mal den Atem geraubt, aber sicherlich hatte sie doch schon in ihrer Jugend Schlimmeres erlebt als das, nicht wahr?

Lexi würde an diese Nacht keine Gedanken mehr verschwenden.

Sie war nun einmal passiert.

Das kam schon mal vor.

Ihre Hand hatte er dank der kleinen Schiene nicht gebrochen, wenn auch der Tritt auf den frisch verheilten Knochen arg geschmerzt hatte.

Auch ihre Rippen hatten ein paar Prellungen abbekommen, waren aber doch nur das gewesen: ein paar Prellungen.

Lexi hatte darauf verzichtet, irgendetwas aus dieser Nacht auch nur irgendwem zu erzählen.

Nicht Carrie, der sie nach deren Umzug ohnehin längst nicht mehr alles sagte, erst recht nicht irgendwelche dramatischen Begebenheiten, noch ihrer Managerin.

Natürlich würde die Prellung verdammt weh tun, wenn sie ihr Zwerchfell anspannen, eine gute Gesangsstütze aufbauen und aus voller Kehle singen würde.

Aber es war nicht die erste heftige Verletzung, nicht die erste geprellte Rippe, die sie in ihrem Leben hatte und sie würde drüber stehen können.

Lexi war gut darin, sich nicht alles anmerken zu lassen, und noch mehr schlechte Publicity konnte sie gerade wirklich nicht gebrauchen. Oder eine Managerin, die gerade nach der letzten Verletzung erst Termine hatte verschieben müssen, die wichtig für ihre Karriere gewesen waren, zu verärgern.

Nein, für ein weiteres Drama würde Lexi nicht sorgen.

Und was genau in dieser Nacht geschehen war, ließ sie sich nicht einmal mehr ins Bewusstsein schießen.

Lexi blendete die drei Kerle aus, ihre Handlungen und sie blendete die beiden anderen Kerle aus, die sie sehr wohl kannte, die ihr den Arsch gerettet hatten. Auf welche Art und Weise auch immer das gewesen war.

Nein, nicht einmal mehr daran würde sie denken.

Diese Nacht hatte nicht existiert.

Sie hatte lediglich mit einem längeren Heilprozess ihrer Hand von Halloween und ihrer Rippe aus dem Sommer zu tun.

Im November jedoch hatte es keinen Zwischenfall gegeben.

Definitiv nicht.

Und mit dieser neuen Art, mit Dingen umzugehen, verdrängte Lexi auch den Gedanken daran, dass Castiel zurück war.

Zugegeben, sie hatte es für eine Sekunde in Erwähnung gezogen, sich den Flashbacks hinzugeben, ein paar Erinnerungen aufleben zu lassen, erst recht nach seiner kleinen Ansprache im Backstageraum an Halloween.

Aber dann hatte sie sich wieder an alles erinnert, was damals zwischen ihnen gewesen war und sich bewusst für das entschieden, für das sie sich schon damals entschieden hatte.

Kein Comeback.

Er war ihr Bassist, mehr nicht.

Und Bastian war ihr Gitarrist.

Mehr nicht.

Sie hatte genug von komplizierten Geschichten, schmerzenden Momenten und Gedanken, die in ihrem Schädel umherrasten, als seien sie auf einer Kartbahn.

Sie musste da nicht mitmachen, richtig?

Sie musste nicht die leidende, verletzte Frau spielen, die nie gelernt hatte, was Liebe bedeutet.

Und was bedeutete Liebe denn auch schon?

Für Lexi sicherlich nun nach all dem nichts mehr.

Sie hatte genug von den Jungs.

Auf Alex konnte sie getrost verzichten, zumindest außerhalb der Band. Es machte Spaß mit ihm auf der Bühne zu stehen, ganz ohne Frage. Aber er war nicht mutig genug, um auch nur hinter der Bühne weiter in Frage zu kommen.

Nein, Alex war definitiv gestrichen.

Und sein Cousin, Bastian, der düstere Hoodie, der ihr nachts nachgestellt, sich in ihre Band eingeschleust hatte und wegen dem sie nun wiederholt im Krankenhaus gelandet war?

Natürlich war Lexi selbst schuld daran gewesen.

Sie hätte nicht auf Bastian hereinfallen dürfen.

Ja, natürlich war der Gedanke an den düsteren Rächer aus der Nacht wirklich heiß gewesen.

Aber dieser Kerl war einfach viel zu kompliziert.

Er hatte diese Ex, die ihm ständig hinterherlief, seine merkwürdige Art und Weise, ihr einfach nicht klar und deutlich sagen zu können, was er eigentlich wollte und mit ihr Emotionspingpong zu spielen.

Nein, Lexi hatte sich nun einfach mal dagegen entschieden.

Sie musste nicht mitspielen, richtig?

Und dann war da noch Castiel.

Bei dem Gedanken an ihn hätte Lexi beinahe laut gelacht.

Und eigentlich jeglichen Gedanken verscheucht.

Castiel hatte ihr so vieles im Leben beigebracht und genau das war es gewesen, woran sie sich in dieser einen Nacht im November erinnert hatte.

Die Person, die sie vor all dem Drama war.

Die Nacht, die natürlich nicht existiert hatte.

Aber immerhin brachte sie Lexi wieder auf den Boden der Tatsachen und nichts davon musste weiter thematisiert werden.

Nicht Michelles Bruder, der seine Schwester hatte rächen wollen, indem er Lexi übel zurichtete.

Oder seinen Kumpel, der zuerst wie ihre Hoffnung in dieser Misere gewirkt hatte, um dann ihre Hose herunter zuziehen und – nein, auch nicht Bastian, der aus dem Nichts aufgetaucht war, als hätte Michelles Bruder beinahe nur auf ihn gewartet und den Retter spielte mit – nein, auch Castiel musste nicht mehr thematisiert werden. Wie seine Wut vollkommen außer Kontrolle geraten war, welche Augen Lexi von ihm gesehen hatte und dass er den einen Kerl sicherlich getö- nein.

All das war nie passiert.

Und dieses ganze Gefühlsding drum herum, dass sie verwirrt war von Bastian, der als Hoodie wieder in ihrem Leben auftauchte oder von Castiel, der da einfach auf der Bühne neben ihr stand als neuer Bassist.

Lexi musste deswegen nicht gleich in Ohnmacht fallen, Herzrasen bekommen und eine kitschige Romanfigur in einem Liebesdrama werden.

So war sie nie gewesen.

So war sie damals schon nicht gewesen, als diese eine Sache in ihrem Leben schiefgelaufen war.

So war sie vielleicht, als Bastian ihr für einen flüchtigen Moment den Kopf verdreht hatte, aber eigentlich hatte sie auch damals unterkühlt reagiert und über all dem gestanden.

Warum sollte sie das jetzt ändern?

Nur weil Bastian UND Castiel zeitgleich zurückgekehrt waren?

Na und?

Das würde nichts daran ändern, dass Lexi einfach nicht der Typ dafür war.

Sie würde keinem von beiden nun die große Liebe gestehen und Arm in Arm in den Sonnenuntergang reiten.

Oder eine große Runde „Wer ist der Richtige für mich?“ spielen.

Nein, so war Lexi nicht.

Liebe war nur ein kitschiges Wort, eine Farce.

Menschen wurden zu Marionetten, wenn es über dieses magische Wort ging, verloren sich in irgendwelchen Lügen und würden alles für ihr Gegenüber tun.

Lexi war nicht so.

Sie war nicht biegsam und für Lügen war sie zu ehrlich.

Sie brauchte keinen Menschen, der sie liebte.

Dem sie hinterherlaufen musste, dem sie Versprechungen machen musste und für den sie ihr Leben würde ändern müssen.

Denn sie konnte auf all diese Dramen verzichten.

Sie brauchte einem Menschen nur so nah zu kommen, wie dieser einen Nutzen für sie hatte oder ihr ein gutes Gefühl gab. Aber sobald sich eines von beidem änderte, würde Lexi dem aus dem Weg gehen.

Diese Einstellung hatte sie damals besessen, bevor es in ihrer Welt einen Bastian und nachdem es in ihrer Welt einen Castiel gegeben hatte.

Und diese Einstellung hatte sie auch jetzt wieder.

Ein Hoch auf den kalten, regnerischen, düsteren November.

Lexi hatte in der letzten Novemberwoche einen Termin mit ihrer Managerin gehabt.

Es war um einige wichtige Dinge gegangen, die in der Zukunft auf sie warten würden.

Nachdem der Fotoshooting-Termin für das Albumcover Anfang November geplatzt war, hatte sie mehrere Gigs gespielt und ihre Songs, welche sie im Sommer bereits geschrieben und überarbeitet hatte, finalisieren müssen.

Lexi hatte schon ein paar der Songs im Sommer ihrer Managerin geschickt und mit Alex zusammen ein paar kleine Änderungen an den bisherigen Songs vorgenommen. Dabei war es lediglich um Kleinigkeiten gegangen, die bei den zukünftigen Studioaufnahmen Beachtung finden würden.

Lexi hatte bisher ihre neuen Songs nur immer kurz und knapp mit ihrer Managerin besprochen. Es gab Verbesserungswünsche und Lexi hatte diese umgesetzt, oder Kompromisse, wenn Lexi einer anderen Meinung gewesen war, wie ihre Managerin.

Alles in allem war ziemlich reibungslos verlaufen.

Auch in den vergangenen Tagen hatte Lexi noch an ein oder zwei Songs gearbeitet, welche sie ihrer Managerin noch hatte zukommen lassen. Schließlich stand die finale Songauswahl für das Album fest, welche sie bei diesem Termin noch einmal durchgegangen waren.

Ab nun würde es ernst werden.

Allein deswegen war schon keine Zeit, sich mit irgendwelchen Kerlen herumzuschlagen. Auch wenn sie jeden Einzelnen von ihnen wohl in der nächsten Zeit deutlich häufiger sehen würde.

Der Dezember war taff geplant, schließlich hatte Lexi aufgrund ihrer Verletzungen einiges nachzuholen.

„In diesem Business darf man keine Zeit verlieren“, hatte ihre Managerin altklug von sich gegeben und ermahnend mit dem Finger vor Lexi herumgefuchtelt. Was so viel heißen sollte, wie „erlaube dir jetzt keine weiteren Probleme“.

Und das hatte Lexi schließlich auch vor.

Keine Probleme mehr, keine Dramen.

Lexi hatte sich jetzt für ein unkompliziertes Leben entschieden und wenn etwas zu nervig werden würde, dann würde sie eben davon ablassen.

Fertig.

Und Gefühle würden ihr bei diesem Vorhaben schon nicht im Weg stehen.

Sie hatte es früher bereits vorzüglich drauf gehabt, Gefühle zu kontrollieren und nun nach dieser Nacht wurde sie daran erinnert.

Lexi würde nun ein unkomplizierter, lässiger Mensch werden.

Keine Dramen, keine Probleme.

Ganz so, wie man es schließlich auch von ihr erwartete.

Es war Zeit, sich nur noch ihrer Musik zu widmen. Und sollte dann doch einmal der Keim eines Gefühls auftreten, dann würde Lexi eben einen Song darüber schreiben. Fertig.

Damit wären sicherlich alle Beteiligten glücklich.

Gleich in der ersten Dezemberwoche würde es für sie losgehen. Die ersten fünf Tage würde sie mit Alex und den Jungs im Tonstudio verbringen.

Lexi hatte eine Auswahl von fünfzehn Songs vorbereitet. Dreizehn davon würden es am Ende auf das Album schaffen, eventuell würde man die anderen beiden als Bonustracks hinzufügen, aber diese Option würde ihre Managerin nach den Aufnahmen abwägen.

Dann hatte Lexi genau einen Tag, sich von den Aufnahmen zu erholen und es würde eine atemberaubende Reise anstehen.

Das Fotoshooting würde nicht hier stattfinden, nein, sie würden doch tatsächlich alle in die USA fliegen!

Verdammt, die USA!

Lexi war noch nie in Amerika gewesen.

Und zu allem Überfluss würde Lexi dort ihren nächsten Videodreh erleben dürfen!

Doch das war noch immer viel zu weit weg, zu irreal war dieser Gedanke. Lexi konnte es nicht einmal fassen, als ihre Managerin dies bei ihrem Termin erwähnt hatte.

Gut, von dem Videodreh wusste Lexi schon ein wenig länger, doch das war, wie auch die Produktion ihres ersten Studioalbums, in weiter Ferne gewesen.

Und noch war November.

Das bedeutete, Lexi würde noch ein paar wichtige Termine mit den Produzenten ihres Albums haben.

Und wie immer hatte sich Lexi da natürlich zu benehmen, schließlich war es deren Geld, das Lexi all das in der nahen Zukunft ermöglichen würde.

Und sie hatte dieses Mal beschlossen, sich von ihrer besten Seite zu zeigen.

Zeit, dass ein neuer Wind herrschte.

A song of Catastrophe

Подняться наверх