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4.3 Die Grundsatzfrage und der Zukunftsimperativ

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Die Probleme sind also offenkundig wie virulent. Die führenden Volkswirtschaften stehen zweifelsfrei besonders in der Pflicht, auf ein Umsteuern ihrer Lebens- und Wirtschaftsweise hinzuwirken. Was ist aber der richtige Ansatz, um zu handeln? Die Diskussion speist sich entlang der Frage, ob das natürliche Kapital in Form von Ressourcen durch ökonomisches und soziales Kapital ersetzt werden kann oder nicht. In der Fachwelt spricht man von Weak Sustainability (schwache Nachhaltigkeit) versus Strong Sustainability (starke Nachhaltigkeit) (vgl. Ekin et al. 2003). Nachhaltigkeit wird oftmals mit drei Säulen erklärt – dem Ökologischen, dem Ökonomischen und dem Sozialen. Alle drei sind nach dieser Auffassung gleichwertig und dürften nicht gegeneinander ausgespielt werden ( Abb. 7).


Abb. 7: Das propagierte Modell der Nachhaltigkeit

Dieses Prinzip bildet seit Jahrzehnten die herrschende Meinung unter den Entscheidungsträgerinnen und -trägern und ist als Ausdruck der schwachen Nachhaltigkeit zu sehen. Es basiert vor allem auf dem Glauben, dass die jeweils gegenwärtigen und zukünftigen ökologischen und sozialen Probleme durch neue technologische und ökonomische Lösungen überwindbar sind. Zu konstatieren ist jedoch, dass dieser Ansatz bisher dem Prinzip der Nachhaltigkeit unter ökologischen Gesichtspunkten nur unzureichend zu einer durchdringenden Wirkung verholfen hat. Vielmehr wird das gegenwärtige Modell durch die Abbildung 8 wiedergegeben.

Demgegenüber rüttelt die starke Nachhaltigkeit am Kern des heutigen kapitalistischen Systems mit seinen effizienzgetriebenen und technikorientierten Paradigmen. Das Konzept der starken Nachhaltigkeit akzeptiert die planetaren Grenzen und möglichen Kipppunkte der Ökosysteme und legt damit auch den Grundstein für Regeln und Bedingungen des gesellschaftlichen und ökonomischen Handelns ( Abb. 9).

Meine zentrale These lautet daher: Wenn der Handlungsdruck so groß ist, wie es die wissenschaftlichen Erkenntnisse nahelegen, dann muss es ein klares Primat für die Ökologie geben, das durch die Politik verbindlich umgesetzt wird und dem sich Gesellschaft und Wirtschaft unterzuordnen haben.

Gleichwohl sind Gesellschaft und Wirtschaft aufgefordert, gemeinsam mit der Politik in demokratisch transparenten Prozessen, diese Vorgaben zu definieren. Die Umsetzung einer starken Nachhaltigkeit bedarf mithin eines transdisziplinären Ansatzes, in dem Natur- sowie Sozial-, Kultur- und Wirtschaftswissenschaften


Abb. 8: Das gegenwärtige Modell der Nachhaltigkeit


Abb. 9: Das anzustrebende Modell der Nachhaltigkeit

gemeinsam mit Politik, Zivilgesellschaft und Unternehmen nach neuen Lösungen suchen, das natürliche Kapital nur in den erneuerbaren Mengen zu nutzen. Neuere ökonomische Ansätze wie z. B. die Gemeinwohlökonomie von Christian Felber oder die Doughnut Economics von Kate Raworth streben bereits danach, in den planetaren Grenzen und unter Beachtung des sozialen Ausgleichs, ökonomisches Handeln radikal zu transformieren.

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