Читать книгу Sechs Romane Die Raumflotte von Axarabor - Der unendliche Ozean - W. A. Hary - Страница 16

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Posh spürte es mit aller Deutlichkeit. Er spürte die Macht, die sein Denken überschattete und es sich zu eigen machen wollte. Doch er konnte es abblocken.

Es war ungeheuer selten in seinem Leben vorgekommen, dass jemand versucht hatte, seine Gedanken zu lesen. Er hatte es jedes Mal mit Leichtigkeit verhindern können. Außerdem hatte er sich niemals als Esper zu erkennen gegeben. Die einzigen Wesen, die überhaupt um seine Gabe wussten, das waren seine beiden Piratenfreunde. Und es war wirklich das allererste Mal, dass jemand nicht nur seine Gedanken versuchte zu lesen, sondern sogar, ihn zu beherrschen.

Ihn!

Das ging schon mal gar nicht! Das konnte eine noch so große Macht sein. Bevor er seinen freien Willen verlor, würde er lieber sterben, und das sagte er diesem Ad-Aberitsch auch in aller Deutlichkeit – so deutlich eben, wie es nötig war, damit dieser es auch kapierte.

Nicht mit gesprochenen Worten natürlich, sondern mit seinen eigenen Gedanken.

Im Grunde genommen hatte es in seinem ganzen Leben niemals Gelegenheit gegeben, sein eigentliches Potential auch nur annähernd auszuschöpfen. Wenn er es recht besah, wusste er selber nicht, wozu er überhaupt fähig sein konnte.

Die anderen belächelten nur seinen Aberglauben. Aber den benötigte er dringend, weil er sonst nicht erklären konnte, was ihm widerfuhr, wenn er beispielsweise eine Gefahr voraus ahnte. Sie wären ja in der Tat niemals in diese Situation geraten, hätten die anderen beiden auf ihn gehört. Und sie hatten nicht auf ihn gehört, weil sie ihm die Geschichten von den Raumverschlingern und sonstigen Gespenstern nicht glauben mochten. Wie konnten sie auch, wo sie doch nicht das Geringste von dem spürten, was er spürte?

Und jetzt diese konkret vorhandene Macht. Nicht einfach nur ein Gefühl, wie eine Vorahnung. Auch kein Gegner, dessen Gedanken er lesen konnte, was er bei seinen Freunden grundsätzlich vermied, um das Vertrauensverhältnis nicht zu gefährden... Nein, es war eine Macht, die sie vernichten konnte, wie mit einem einzigen Wimpernschlag.

Aber war es nicht dieselbe Macht, die ihm signalisiert hatte, die einzig mögliche Rettung zu sein vor den Raumverschlingern?

»Eine Falle!«, klagte er sie an. »Eine verdammte, beschissene Falle!«

Andererseits: Hatte es denn auch nur die geringste Alternative gegeben?

Dies war der Zeitpunkt, an dem das Schiff verschwand. Einfach so. Als würde es sich in Nichts auflösen. Genauso wie Per-nat und Sergeant Proll.

Halt, nein, nicht sie lösten sich auf, sondern er, Posh!

Er hatte für einen Augenblick lang nicht aufgepasst, war in Zorn geraten, weil ihm diese fremde Stimme etwas versprochen hatte, nur um sie alle drei einzufangen: Schutz vor den Raumverschlingern.

»Aber ich schütze euch doch tatsächlich!«, verteidigte sich der Herr aller Dinge. »Wenn ich euch gelassen hätte, wären die Raumverschlinger über euch hergefallen, die euch verfolgt haben.«

»Nun, es war doch eher die Raumflotte von Axarabor«, räumte Posh ein, während die Finsternis um ihn herum allmählich wieder wich und einer angenehmen Helligkeit Platz machte. Er spürte sogar festen Boden unter seinen ganz besonderen Insektenfüßen.

»Es gibt keine Raumflotte von Axarabor«, widersprach der Herr aller Dinge. »Es gibt nur das innere und das äußere Universum und... mich! Wenn etwas aus dem äußeren Universum zu mir stößt, dann nur deshalb, weil ich es erschaffen habe, wie jedwedes Ding von mir erschaffen wurde und immer erschaffen werden wird.«

»Du spinnst! Also ehrlich, sei mir nicht böse, aber du tickst nicht richtig. Bist du wahnsinnig oder so etwas?«

Er schaute sich aufmerksam um.

War das eine Insel? Ganz flach, keinerlei Erhebung. Was, wenn ein Sturm aufkam und die Insel überspülte?

Nein, das schien schon lange nicht mehr passiert zu sein, denn das satte Grün erschien wie neu, und es gab keinerlei Spuren vorangegangener Verwüstungen.

»Hier gibt es keinen Sturm. Das ist der unendliche Ozean, mein inneres Universum!«, erklärte Ad-Aberitsch großmutig.

»Hast du etwa meine Gedanken gelesen, obwohl ich sie blockiere?«

»Ich kann leider nur diejenigen lesen, die entsprechend deutlich sind, wie wenn du sprichst.«

»Dann weißt du zumindest, dass jemand sprechen kann.«

»Wieso siehst du so seltsam aus? Ich habe noch niemals eine solche Lebensform gesehen.«

»Gibt es denn hier keine Insekten?«

»Hier gibt es nur, was ich selber erschaffen habe, und ich erschaffe keine Insekten, weil ich gar nicht weiß, was Insekten sind.«

»Du weißt nicht, was...?« Posh brach verblüfft ab. »Aber wie willst du dann mich erschaffen haben, wenn du gar nicht weißt...?«

Diesmal wurde er unterbrochen:

»Ich weiß es nicht. Ich erschaffe im äußeren Universum sozusagen unbewusst.«

»Die Raumverschlinger haben uns nicht gejagt. Das weiß ich jetzt. Ich hatte solche Angst vor ihnen, aber es war eigentlich die Angst davor, was uns bevor stand. Da hatten wir halt nur die Wahl, der Raumflotte zum Opfer zu fallen oder dir.«

»Du hast eine künstliche Erinnerung an ein Leben, das es niemals gegeben hat. Du existierst durch meinen Willen, genauso wie deine Erinnerung«, belehrte ihn Ad-Aberitsch.

»Und wie erklärst du dir dann die Tatsache, dass ich mich dir widersetzen kann?«

»Das kannst du gar nicht!«

»Aha, dann pass einmal auf.«

Sprachs und wandte sich in die Richtung, aus der ein Boot nahte, mit Menschen an Bord. Sie wollten ganz offensichtlich zu ihm kommen.

»Was hast du vor?«

»Versuche doch einmal zu verhindern, dass ich diesem Boot entgegen gehe.«

»Niemand kann über das Wasser gehen!«

»Doch, ich, denn die Welt, von der ich stamme und nach der ich mich selber Posh nenne, weil ich meinen wirklichen Namen verheimlichen muss, wegen der Fahndung und so... Ach, das verstehst du sowieso nicht. Also, auf dieser Welt sieht es ähnlich aus wie hier: Ein unendlicher Ozean und jede Menge Inseln, auf denen wir leben. Wir können von einer Insel zur anderen laufen, denn wir alle sind dort Wasserläufer.

Sieh zu und lerne!«

Kaum berührten seine Insektenfüße das Wasser, quollen sie scheinbar auf wie Schwämme, die das Wasser aufsaugten und dabei mehrfach so groß wurden wie auf dem Trockenen. Aber das, womit sie sich selbst aufbliesen, war kein Wasser, sondern umgebende Luft.

»Wer selber zum Boot werden kann, braucht kein Boot mehr!«, philosophierte Posh anzüglich und ging mit gleitenden Schritten auf das herannahende Boot zu.

Als die Insassen ihn sahen, erschraken sie schier zu Tode. Der Anblick war für sie dermaßen schrecklich, dass Posh fürchten musste, sie würden einem Herzinfarkt erliegen.

Er wusste aus Erfahrung, dass Menschen so auf seinen Anblick reagierten, aber in diesem speziellen Fall genoss er es sogar, denn nicht nur die Menschen erschraken nämlich, sondern auch der Herr aller Dinge, der offensichtlich der Meinung war, er habe Posh aus dem Nichts erschaffen.

Wie kam er nur dazu?

Das konnte nur das sein, was man unter den Menschen als Wahnsinn bezeichnete. Posh kannte das von seiner insektoiden Rasse nicht. Da gab es keine Geisteskrankheiten, sondern nur lebenslangen Gehorsam und perfekte Eingliederung in die Gemeinschaft.

Falls man kein Esper war, so wie er, und damit einmalig. Dann hatte man nämlich irgendwann keine Lust mehr auf ein solches Leben und nahm die nächstbeste Gelegenheit wahr, um dem zu entfliehen.

Nur einem Esper hatte das gelingen können, und er hatte zum ersten Mal feststellen können, wie mächtig er eigentlich selber war.

Um jetzt sich zu erinnern, dass er diese Macht nur damals eingesetzt hatte, um zu fliehen und außerhalb seiner Welt zu überleben. Immer nur zu einem vergleichsweise winzigen Teil. Auch um seine Piratenfreunde nicht mit allzu deutlichen Machtdemonstrationen zu sehr zu entsetzen und ihnen die Gelegenheit zu nehmen, sich an ihn zu gewöhnen.

Das hatte ja über Jahrzehnte hinweg hervorragend geklappt. Bis heute. Bis er erneut gezwungen war, zu überleben. Gegen eine Art wahnsinnigen Gott, der sich sogar HERR ALLER DINGE nannte...

Sechs Romane Die Raumflotte von Axarabor - Der unendliche Ozean

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