Читать книгу Sechs Romane Die Raumflotte von Axarabor - Der unendliche Ozean - W. A. Hary - Страница 9

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Der leichte Raumkreuzer war typisch für viele Schiffe innerhalb der Raumflotte von AXARABOR. Er trug den klangvollen Namen SORBET. Klangvoll allerdings nur nach Ansicht seiner illustren Besatzung. Zumal es sich um einen gefälschten Namen handelte. Der echte Name war sorgfältig entfernt und mit dem neuen überpinselt worden. Damals, als die Besatzung den Raumkreuzer der Raumflotte von AXARABOR gestohlen hatte. Um seitdem als Piraten einen beachtlichen Bekanntheitsgrad zu erreichen.

So beachtlich, dass sie zu den meistgesuchten Piraten überhaupt innerhalb des Imperiums gehörten!

Daher waren sie ja auch voll in die Falle getappt. Nach erfolgloser Fahndung über Jahrzehnte hatte die Raumflotte endlich einen Erfolg vorweisen müssen. Um nicht endgültig sich der Lächerlichkeit preiszugeben. Und sie hatten wirklich weder Geld noch Zeit noch Mühe gescheut, um der Piratencrew endlich doch noch habhaft zu werden.

Die kleine Handelsflotte, der sie aufgelauert hatten, um sie um ihre wertvollsten Güter zu erleichtern, hatte sich als eine kleine aber ziemlich schlagkräftige Kriegsflotte entpuppt, gegen die sie nicht den Hauch einer Chance gehabt hatten.

Flucht war angesagt gewesen, und die war ihnen auch tatsächlich gelungen. Nicht ohne einigen Schaden einstecken zu müssen. Seitdem war der Kreuzer zu zwei Drittel beschädigt, nur die Energieversorgung und der Antrieb funktionierten noch wie durch ein Wunder.

Aber sie hatten ihre Spur hinterlassen. Zum ersten Mal. Eine Spur, die von der Raumflotte verfolgt werden konnte. Nur aus diesem Grund hatten sie es gewagt, ausgerechnet in eine der verbotenen Zonen zu fliehen.

Jetzt stand sie da im Raum, über der Ekliptik des Systems um den als besonders merkwürdig geltenden Planeten EPIPHANEE.

Alle verbotenen Zonen waren genau beschrieben. Sofern das überhaupt möglich war, denn eine Zone wurde nur dann als verboten erklärt, wenn sie sich als tödlich für jeden erwiesen hatte, der allzu neugierig war.

Merkwürdig an EPIPHANEE war, dass dieser Planet sich zwar in der habitablen Zone befand, also in jenem Abstand zu seiner Sonne, der Leben ermöglichte, doch bestand er aus einer heißen Strahlenhölle.

Die Ausstrahlung konnten sie bis hierher noch nachweisen, aber nur, weil sie um ihre Besonderheit wussten, auf Grund der Aufzeichnungen. Denn es handelte sich um eine Strahlung bislang unbekannt gebliebenen Ursprungs.

Dieses System war erst vor gut tausend Jahren entdeckt worden. Jegliche Annäherung an EPIPHANEE – so benannt nach seinem Entdecker, der diese Entdeckung selber nicht überlebt hatte – war bislang tödlich ausgegangen.

Es war das immer gleiche Schema:

Annäherung!

Erster Beobachtungsbericht.

Notruf!

Ende!

»Ausgerechnet hierher?«, erkundigte sich Posch, der Esper der dreiköpfigen Crew. Er war kein Mensch, sondern ein sogenannter Insektoide, also ein Insektenmensch. Seine schwarzen Facettenaugen funkelten. Die beinahe menschlichen Hände, in denen die vorderen Extremitäten endeten, ballten sich zu Fäusten. Die vier Beine, auf denen sein Insektenkörper immer leichtschwankend ruhte, zitterten. Auch die beiden Antennen auf seinem Kopf zeigten dieses Zittern.

»Spürst du etwas?«

»Ja!«, antwortete er, und seine Stimme erinnerte an das modulierte Zirpen einer Grille, nur in einer etwas tieferen Tonlage. »Meine Antennen nehmen Dinge auf, die euch verborgen bleiben, und ich spüre die Anwesenheit der Raumverschlinger, die hier, am Ende des Düsterraumes, auf uns lauern.«

Sein Crew-Kollege und »Geschäftspartner« Per-nat sah aus wie ein ungewöhnlich schlank geratener Bär, obwohl seine Oberarme nicht in Pranken, sondern in Händen endeten, durchaus menschlichen Händen ähnelnd und mindestens genauso geschickt. Er gehörte einer Rasse an, deren Name niemand aussprechen konnte. Deshalb hatte man sich allgemein darauf geeinigt, diese Wesen Raumbären zu nennen, wogegen keiner von ihnen etwas einzuwenden hatte.

Liebend gern wurden sie als Piloten eingesetzt, weil sie dafür eine besondere Begabung hatten. Dann war man weniger auf die Bord-KI angewiesen. Zumal es seit gewissen Zwischenfällen in ferner Vergangenheit immer noch sehr große Vorbehalte gegenüber jeder KI gab, der man im Einzelfall lieber nicht zu viel überließ.

Raumbären waren allerdings nicht nur bekannt dafür, besonders geschickte Piloten zu sein, sondern sie hielten in der Regel absolut gar nichts von Glauben und Aberglauben. Deshalb schüttelte er den Kopf über die Äußerung von Posh.

»Es gibt keine Raumverschinger, Posh. Das ist lediglich ein Mythos.«

»SETNA stehe dir bei, dass du ausgerechnet angesichts dieser massiven, gegenwärtigen Bedrohung solch ketzerische Äußerungen wagst!«

»Es gibt auch kein SETNA! Sonst hätte er uns wohl vor der Falle gewarnt und wir würden nicht so tief in der Scheiße sitzen!«, mischte sich jetzt der einzige Mensch an Bord ein, Sergeant Proll.

Niemand wusste, wie er wirklich hieß. Er nannte sich Sergeant Proll und tat in der Regel alles, um der Bezeichnung Proll auch wirklich gerecht zu werden. Das hieß, man sah ihn immer nur schlampig gekleidet mit so etwas wie einer Uniform, besser gesagt mit etwas, was vielleicht irgendwann einmal Ähnlichkeit mit einer Uniform gehabt haben könnte. Er rasierte sich nur, wenn ihn der Bart allzu sehr beim Saufen zu stören begann, rülpste und furzte in einem Maße, dass sowohl Posh als auch Per-nat alle Mühe hatten, nicht Menschen pauschal an ihm zu messen...

»Du ebenfalls, Sergeant?« Posh zeigte sich erschüttert.

Sergeant Proll winkte mit den fleischigen Händen ab, bevor er auf die schwere Handfeuerwaffe an seiner Hüfte klatschte.

»Ich vertraue nur meiner Susi. Damit habe ich auf Top-Taurus immerhin...«

»...über dreißig wild gewordene Dinos in ihre Einzelteile zerlegt – auf einem Haufen wohlgemerkt, nicht etwa hintereinander!«, ergänzte Per-nat den altbekannten weil tausendfach zitierten Satz.

»Die Raumverschlinger gibt es, und sie lauern auf uns! Wir müssen weg von hier, sonst sind wir verloren!«, zirpte Posh mit beginnender Verzweiflung.

»Um unseren Verfolgern in die Arme zu laufen?«, erkundigte sich Sergeant Proll. »Ich würde sie ja gern mit dem ewigen Vakuum vereinen, aber unsere Feuerkraft ist halt viel zu gering.«

»Zumal wir keine wirklich funktionierende Feuerkraft mehr besitzen nach mehreren Treffern!«, erinnerte Per-nat ungerührt.

»Die Raumverschlinger...«, zirpte Posh kläglich.

»...können mich jetzt kreuzweise!«, polterte Sergeant Proll und kratzte sich den Schmerbauch, wobei sein Hemd vorn ein wenig auseinander klaffte und den übergroßen Nabel frei ließ.

Per-nat bemühte sich, nicht hinzusehen.

»Hör mal, Posh«, bemühte er sich um Versöhnlichkeit. »Wir wissen, dass du ein Esper bist mit Fähigkeiten, von denen wir Normalsterbliche keine Ahnung haben. Deshalb bist du bei uns. Und wir haben dir ja auch zu verdanken, dass wir die letzten Jahrzehnte dermaßen erfolgreich blieben.«

»Bis auf das letzte Mal: Wieso hast du nicht gewusst, dass es eine Falle ist?«, polterte der Sergeant.

So ungehobelt er auch war und so schlampig, mit Waffen kannte er sich aus, und es gab möglicherweise in der gesamten Raumflotte niemanden, der besser schießen konnte als er. So hatte jeder der drei seinen wichtigen Stellenwert an Bord der gestohlenen und derzeit schwer beschädigten SORBET.

»Ich – ich weiß, ich habe diesmal versagt. Aber ich habe euch vorher schon gesagt, dass die Raumverschlinger uns im Visier haben. Wir hätten uns irgendwohin zurückziehen müssen, in Sicherheit. Auf der Oberfläche eines Planeten und damit außer Reichweite der Raumverschlinger. SETNA hätte mir schon noch rechtzeitig gesagt, wann wir den nächsten Coup wagen sollten.«

»Stimmt auch wieder«, verteidigte Per-nat jetzt den Insektenmenschen. »Du weißt selber, Sergeant, dass er kommende Gefahren spürt, lange bevor sie eintreten, ohne in der Regel genau zu wissen, wie diese Gefahren tatsächlich aussehen. Er nennt sie Raumverschlinger. In meinen Augen ist das nur das Gefühl von Gefahr. Wir hätten auf seine Warnung hören sollen.«

»Aber dass wir mitten in eine Falle hinein tappen würden, das hat er nicht voraus gesagt!«, beharrte der Sergeant stur.

»Aber wenn wir auf ihn grundsätzlich gehört hätten...«

Per-nat brach ab, denn auf einmal ging eine seltsame Verwandlung vor mit Posh. Sein gesamter Körper zitterte jetzt wie Espenlaub.

Er stieß einen schrillen Ton aus, der die Tonleiter immer höher stieg, bis er sich im Ultraschallbereich verlor. Es sah so aus, als würde er umkippen, und nur die Tatsache, dass er auf vier Beinen anstelle von zwei Beinen stand, verhinderte dies.

Im nächsten Moment sprang er mit einem einzigen Satz an die Kontrollen und gab Vollschub, genau in Richtung EPIPHANEE.

»Nein!«, brüllte Sergeant Proll und machte Anstalten, Posh von den Kontrollen weg zu zerren. Es gelang ihm nicht. Er hätte den Kameraden schwer verletzt, hätte er seine Bemühungen noch verstärkt.

»Wir müssen durch die Front der Raumverschlinger, ehe sie uns heimgesucht haben. Wir müssen vor ihnen fliehen. Es geht nur in diese Richtung!«, zirpte Posh schrill.

»Nein!«, brüllte jetzt auch Per-nat und machte dem Begriff Raumbär dabei alle Ehre, denn das Gebrüll gellte in den Ohren seiner Kameraden. »Nicht nach EPIPHANEE. Das ist zu gefährlich. Wir müssen...«

Posh unterbrach ihn.

»Aber ich weiß es, dass dieser Weg der einzig richtige ist. Ich höre doch seinen Ruf!«

»Ruf?«, wunderte sich der Sergant. »Wessen Ruf?«

»Na, der Ruf von Ad-Aberitsch, dem Herrn aller Dinge!«

Per-nat und Sergeant Proll sahen sich an. Sie waren jetzt endgültig überzeugt davon, dass ihr Esper den Verstand verloren hatte.

Sechs Romane Die Raumflotte von Axarabor - Der unendliche Ozean

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