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Milo saß am Steuer unseres Dienstwagens. Wir waren unterwegs nach Yorkville, wo Tom Ridgers letzte Adresse lag. Ob die noch stimmte, würde sich zeigen. Ridgers Bewährungsauflagen waren längst abgelaufen und er brauchte sich nirgends mehr zu melden.

Ich hatte die Mappe auf den Knien, in der die Ermittlungsergebnisse der Polizei in Stamford dokumentiert waren.

Eine ganze Weile betrachtete ich das Phantombild von dem Mann, der im Verdacht stand, Lansing und Manzaro getötet sowie den CX-Behälter an sich gebracht zu haben.

"Wir sollten dieses Bild mal in der Gegend des Times Square herumzeigen", meinte ich. "Vielleicht hat jemand diesen Mann dort in der Nähe einer bestimmten Telefonzelle gesehen..."

"Du glaubst, er könnte der mysteriöse Mann namens Smith sein", vermutete Milo.

Ich nickte.

"Liegt doch nahe", fand ich.

"Ich sag es ungern, aber uns läuft die Zeit davon."

"Wem sagst du das, Milo."

"Wenn wir diesen verdammten CX-Behälter bis Ende der Woche nicht aufgetrieben haben, sehe ich ziemlich schwarz."

Tom Ridgers Adresse lag in einem schmucklosen, fünfstöckigen Brownstone-Haus, das ziemlich heruntergekommen aussah. Dies war Sanierungsgebiet. Hier investierte niemand in alte Häuser. Jeder wartete darauf, dass der Abriss endlich begann.

Milo und ich stellten den Wagen aus der Fahrbereitschaft des FBI-Districts New York am Straßenrand ab, stiegen aus und gingen zur Haustür. Sie stand offen. Es gab keine Videoüberwachungsanlage oder irgendwelche anderen Sicherheitsmaßnahmen, wie sie inzwischen überall im Big Apple gang und gäbe waren. Es gab hier noch nicht einmal ein funktionierendes Schloss.

Der Flur war mit Graffitis verschmiert.

Der Fahrstuhl funktionierte nicht.

Mit schnellen, raumgreifenden Schritten brachten wir jeweils zwei oder drei Treppenstufen auf einmal hinter uns.

Ridgers Wohnung lag im ersten Stock.

Minuten später standen wir vor seiner Wohnungstür.

Die Klingel hatte jemand mutwillig zerstört. Von Ridgers Name war nur noch RIDG übriggeblieben. Auch hier war der Flur mit Griffitis übersät, doch selbst die waren schon nicht mehr vollständig. Überall blätterte der Putz herunter.

Milo und ich zogen unsere Dienstwaffen.

Aus dem Inneren der Wohnung waren Geräusche zu hören.

"Scheint, als wäre Ridger zu Hause", meinte Milo.

Wir hatten uns rechts und links von der Tür postiert.

Ich nickte Milo zu.

Milo schnellte vor, holte zu einem gewaltigen Fußtritt aus.

Die Tür sprang auf, Milo stürzte mit der P226 im Anschlag hinein. Er riss den Lauf der Waffe empor.

"FBI! Hände hoch!", rief er.

Ich folgte ihm in die Wohnung.

Inmitten eines chaotisch wirkenden Wohnzimmers stand ein Mann, wie zur Salzsäule erstarrt. Er hatte eine Halbglatze und war schätzungsweise fünfzig bis sechzig Jahre alt.

Die Bilder, die ich von Ridger auf dem Computerschirm gesehen hatte, waren zwar schon etwas älter, aber immer noch gut genug, um auf den ersten Blick zu sehen, dass dies ein anderer Mann war. Er war offensichtlich damit beschäftigt, die Wohnung zu durchwühlen.

Zögernd hob er die Hände.

"Sie denken jetzt sicher was ganz Falsches", stammelte er, während er auf den Dienstausweis starrte, den Milo ihm entgegenhielt.

Ich ging mit der Waffe im Anschlag an ihm vorbei. Einen Augenblick später hatte ich die Tür zum Nebenraum erreicht.

Ich tastete mich voran.

Vorsichtig warf ich einen Blick hinein.

Es handelte sich um ein Schlafzimmer, das genauso unaufgeräumt war, wie der Rest der Wohnung.

"Hier ist niemand", sagte ich.

Dann nahm ich mir noch das Bad und die Küche vor.

Milo durchsuchte indessen den Mann nach Waffen.

"Vielleicht erklären Sie mir mal, was hier eigentlich gespielt wird", brachte er dann hervor, nachdem er den ersten Schrecken verdaut hatte.

Wir steckten unsere Waffen ein.

"Dasselbe wollten wir Sie gerade fragen", meinte Milo.

"Ich weiß nicht, was Sie von mir wollen..."

"Wer sind Sie?, fragte Milo.

"Joel Mariano. Ich habe die Wohnung nebenan. Sie können es überprüfen, ich sage die Wahrheit..."

"Hat Mr. Ridger Sie beauftragt, hier aufzuräumen - oder was machen Sie hier?"

"Dieser Mr. Ridger schuldet mir 'ne Stange Geld. Er hat's mir immer wieder versprochen, der Hund. Und jetzt lässt er sich schon wochenlang nicht mehr hier blicken und da..."

"...da haben Sie die Sache selbst in die Hand genommen", vollendete ich.

Er zuckte die Achseln.

"Nicht jeder kann sich die Dienste eines Inkasso-Büros leisten."

"Wo ist Ridger?", fragte ich.

"Keine Ahnung."

"Rein rechtlich gesehen ist das, was Sie hier gemacht haben ein Einbruch..."

"Mann, ich weiß es wirklich nicht!", schrie er mich an und sein Kopf wurde dunkelrot dabei. Er atmete tief durch. "Muss eine große Sache sein, in die Tom Ridger da verwickelt ist, sonst würdet ihr vom FBI euch nicht dafür interessieren..."

"Ein bisschen mehr als Falschparken ist es schon", murmelte Milo. "Und wenn ich Sie wäre, würde ich mir jetzt ganz schnell überlegen, auf welcher Seite ich stehe. Außerdem sollten Sie daran denken, dass Tom Ridger sicher nicht begeistert davon sein wird, wenn er erfährt, was Sie hier gemacht haben..."

"Hören Sie..."

"Er ist unter anderem auch mal wegen Körperverletzung vor Gericht gewesen und soll mitunter ziemlich jähzornig sein."

Joel Mariano schluckte.

"Ja, ja...", knurrte er.

"Also sorgen Sie dafür, dass wir ihn schnell kriegen", schlug Milo vor.

Mariano machte zwei Schritte seitwärts, ließ die Schultern hängen. Dann sackte er in einen der durchgesessenen Sessel.

"Ich weiß wirklich nicht, wo Ridger ist, das müssen Sie mir glauben..."

"Und Sie haben keine Vermutung. Erzählen Sie keine Märchen", erwiderte Milo.

"Naja, er hat 'ne neue Freundin. Blondes Haar, lange Beine. Ich denke, er ist bei der."

"Adresse und Namen wissen Sie nicht zufällig?"

Mariano beugte sich vor.

"Versuchen Sie es doch mal in Frenzy's Billiard Cafe, 73. Straße Ost. Nicht gerade ein Laden nach meinem Geschmack, aber vielleicht finden Sie Ridger dort."


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