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1.9 W2: Jona im Bauch des Fisches
ОглавлениеDer britische Autor Herbert Lockyer3 bezeichnete das Buch Jona als »die wunderbarste Geschichte, die je geschrieben wurde«. In der Tat ist das ganze Buch voller übernatürlicher Elemente. Selten findet man in einem so kurzen Bericht eine solche Fülle von großen Wundern. Nur so ist es wohl zu erklären, dass die Jona-Geschichte des Alten Testaments (Jona 1-4) zu den am meisten kritisierten Büchern der Bibel gehört. Hier seien nur die elf Verse des 2. Kapitels wiedergegeben:
1. Aber der Herr ließ einen großen Fisch kommen, Jona zu verschlingen. Und Jona war im Leibe des Fisches drei Tage und drei Nächte.
2. Und Jona betete zu dem Herrn, seinem Gott, im Leibe des Fisches
3. und sprach: Ich rief zu dem Herrn in meiner Angst, und er antwortete mir. Ich schrie aus dem Rachen des Todes, und du hörtest meine Stimme.
4. Du warfst mich in die Tiefe, mitten ins Meer, dass die Fluten mich umgaben. Alle deine Wogen und Wellen gingen über mich,
5. dass ich dachte, ich wäre von deinen Augen verstoßen, ich würde deinen heiligen Tempel nicht mehr sehen.
6. Wasser umgaben mich und gingen mir ans Leben, die Tiefe umringte mich, Schilf bedeckte mein Haupt.
7. Ich sank hinunter zu der Berge Gründen, der Erde Riegel schlossen sich hinter mir ewiglich. Aber du hast mein Leben aus dem Verderben geführt, Herr, mein Gott!
8. Als meine Seele in mir verzagte, gedachte ich an den Herrn, und mein Gebet kam zu dir in deinen heiligen Tempel.
9. Die sich halten an das Nichtige, verlassen ihre Gnade.
10. Ich aber will mit Dank dir Opfer bringen. Meine Gelübde will ich erfüllen dem Herrn, der mir geholfen hat.
11. Und der Herr sprach zu dem Fisch, und der spie Jona aus ans Land.
Außer diesem Wunder der Errettung durch einen großen Fisch begegnen uns in diesem biblischen Bericht der aufkommende Orkan, die Rizinusstaude, der Wurm und der Ostwind, die durch Gottes Einwirken ebenfalls wunderbar in Erscheinung treten. Das Wunder in diesem Zusammenhang allerdings ist, dass eine so riesige Stadt wie Ninive Buße tat. Fünf Auffälligkeiten wollen wir im Folgenden ansprechen:
1. Die Souveränität Gottes über seine Schöpfung: Die Aussagen »Der Herr ließ einen großen Fisch kommen« (Luther 1984) oder »Der Herr bestellte einen großen Fisch« (Genfer Studienbibel) unterstreichen, wie souverän Gott in seiner Schöpfung handelt und wie ihm, dem Allmächtigen, alles untertan und gehorsam ist. Auch Jona 4,6 unterstreicht diesen Tatbestand durch die Wahl des Verbs: »Da beorderte Gott, der Herr, eine Rizinusstaude« (Genfer).
2. Der Riesenfisch: Es wurde früher behauptet, dass kein Wal einen Menschen verschlingen könne, was aber widerlegt ist. Das hebräische Wort, das Luther mit »großer Fisch« übersetzt hat, ist genau genommen kein Wal, sondern ein Meerungeheuer. In Matthäus 12,40 nimmt Jesus Bezug auf diesen Fisch: »Denn wie Jona drei Tage und drei Nächte im Bauch des Fisches (griech. ketos) war, so wird der Menschensohn drei Tage und drei Nächte im Schoß der Erde sein.« Im Neuen Testament steht das Wort »ichthys« grundsätzlich für »Fische«. Nur an dieser einen Stelle lesen wir »ketos«, was in anderen Übersetzungen präziser als bei Luther mit Riesenfisch (Schlachter), Meeresungetüm (Zürcher), Seeungeheuer (Jerusalemer), huge fish (New International Version) wiedergegeben wird.
3. Im Bauch des Riesenfisches: Jona blieb drei Tage und drei Nächte lebendig im Bauch des Meeresungetüms. Er wurde weder von aggressiven Magensäften angegriffen noch mangelte es ihm an Atemluft. Er war wach und bei vollem Bewusstsein, denn er betete (V. 2).
4. Der Riesenfisch gehorchte dem Befehl Gottes: Er schwamm bis zum Ufer, um Jona unverletzt auszuspeien. Wir kennen auch andere biblische Berichte, bei denen Tiere dem Befehl Gottes folgten, wie z. B. die Raben, die Elia am Bach Krit mit Nahrung versorgten (1Kö 17,4-66) und die Eselin von Bileam, die auf Gottes Geheiß sprechen konnte (1Mo 22,28).
5. Der Hinweis auf Jesu Auferstehung: Jesus verbindet seine Auferstehung mit der Jona-Geschichte. Die Verknüpfung zwischen beiden Texten (Mt 12,40 und Jona 2,1) geschieht über den riesigen Fisch. Dieser taucht noch einmal in der Bibel auf, nämlich im Schöpfungsbericht. Bei der Erschaffung der Tiere am fünften und sechsten Schöpfungstag werden beispielhaft nur einige große Tierklassen genannt, wie »allerlei Getier im Wasser, gefiederte Vögel, Vieh, Gewürm und Tiere auf Erden«. In einer solchen groben Aufzählung ist es auffällig, dass ein ganz bestimmtes Tier sogar namentlich erwähnt wird: »Und Gott schuf große Walfische (hebr. tannin) und alles Getier, das da lebt und webt, davon das Wasser wimmelt, ein jedes nach seiner Art« (1Mo 1,21). Die genaue Spezies kann nicht mit Sicherheit zugeordnet werden. Luther hat sich für den Begriff Walfisch entschieden und damit angedeutet, dass hier ein spezielles Tier gemeint ist. In anderen Übersetzungen wird treffender auf die Größe des Seetieres hingewiesen: große Meerestiere (Schlachter 2000), große Fische (Genfer Studienbibel), große Seetiere (Zürcher, Jerusalemer). Da es in der Bibel nichts Zufälliges gibt, sondern hinter allem ein tiefer Sinn steht, kommen wir hier zu einer bemerkenswerten Feststellung: Durch die namentliche Nennung nur dieser einen Tierart im Schöpfungsbericht wird hier bereits – wenn auch sehr verborgen – ein erster Hinweis auf die Auferstehung Jesu gegeben. Dieses große Seetier wird wegen der geistlichen Bedeutung besonders erwähnt, weil es jene Art ist, die Jona verschlingen wird, und weil dieses Ereignis wiederum ein Zeichen der Auferstehung Jesu sein wird.
Woran Kritiker sich im Einzelnen stoßen, soll im Folgenden mit einigen Zitaten belegt werden4:
»Auf die literarische Gattung des Märchens weist auch, dass der König von Ninive keinen Namen hat.«
»Märchenhafte Züge trägt auch die Erzählung des 4. Kapitels, in der Gott eine Rizinusstaude über Nacht wachsen lässt, dann einen Wurm bestimmt, um die Rizinusstaude zu stechen und schließlich einen Ostwind bestellt, um Jona einer Ohnmacht nahe zu bringen.«
»Vor allem aber ist es der den Jona verschlingende und wieder ans Land speiende Fisch, der in den Bereich der Seemannsmärchen hineingehört.«
»Hingewiesen sei schließlich noch darauf, dass eine so totale Bekehrung Ninives, wie sie das Buch schildert, wohl keinen Anspruch auf geschichtliche Glaubwürdigkeit erheben kann.«
Ebenso kritisch äußert sich H. Greschner im Internet5, wenn er meint: »Das Buch (Jona) ist keine Schilderung biographisch-historischer Ereignisse. « Er sieht in Fisch und Wind Märchenmotive. Die Größe der Stadt Ninive (drei Tagesreisen), die prompte Buße der Niniviten und die Rizinusstaude hält er für weitere Unwahrscheinlichkeiten. Daraus schließt er, es sei nur eine »Lehrerzählung« mit der für ihn nahe liegenden Deutung, Ninive sei ein »Symbol für die gottferne Welt« und Jona ein »Symbol für Israel, das nach dem babylonischen Exil auf Rache sinnt«.
All diese Argumente reduzieren das Handeln Gottes auf die Begrenztheit unseres eingeschränkten Verstands und entsprechen darum überhaupt nicht der Intention der Bibel, in der uns immer wieder vor Augen geführt wird, dass da ein Gott ist, bei dem »kein Ding unmöglich ist« (Lk 1,37). Die historische Tatsache der Jona-Geschichte wird von Jesus selbst bezeugt. Er vergleicht den dreitägigen Verbleib Jonas im Magen des Fisches mit seinem dreitägigen Aufenthalt im Totenreich (»Schoß der Erde«), und er bezeugt uns auch, dass die Niniviten aufgrund der Predigt des Jona Buße taten (Mt 12,41). Im Jüngsten Gericht werden sie auftreten und die Zeitgenossen Jesu verurteilen, weil sie dessen Ruf zur Umkehr nicht folgten. Für Jesus ist die Jona-Geschichte weder eine Allegorie noch ein Gleichnis noch eine Lehrerzählung, sondern ein Bericht, der fest in der historischen Realität verwurzelt ist. Der Text aus Matthäus 12,39-41 entlarven die Kritiker der Jona-Geschichte als Lügner.