Читать книгу Sprichst du noch, oder kommunizierst du schon? - Wiglaf Droste - Страница 18
ОглавлениеPlagiator II
Guttenberg wird Film
Nach der Absetzung des Plagiators im politischen Theater wird das Leben von Karl-Theodor zu Guttenberg auch ein Film: »Plagiator II – Die Rückkehr« soll so schnell wie möglich ins Kino kommen. Produzent Til Schweiger, wegen seiner Stimme auch »Quäki ningelt wieder« genannt, trat allerdings Behauptungen entgegen, dass es sich bei dem geplanten Film um ein Abschreibungsprojekt handele.*
In »Plagiator II« soll Karl-Theodor zu Guttenberg sich selbst spielen; für die harten Stunts konnte Lothar Matthäus gewonnen werden. Guttenberg und Matthäus kennen sich aus Bunte, in der die Guttenbergs erfunden wurden und in der Matthäus seinen Gedankengang veröffentlicht: »Wer was Gutes für Deutschland tut, kriegt als Dank meistens was aufs Maul.«
Das Guttenberg-Double Matthäus bekommt reichlich auf die Knochen beim Gutestun für Deutschland. Höhepunkt seiner Pein ist die Kreuzigungsszene: Guttenberg wird von akademischen Philistern öffentlich aus Kreuz geschlagen, blaues Blut fließt in Strömen. Der Leichnam des Märtyrers aber wird nicht gefunden, denn Guttenberg ist nicht tot! Er ist wiederauferstanden, strahlender, stärker und frisierter denn je!
Das größte aller Wunder ist: Auch die toten deutschen Söldner aus Afghanistan leben wieder und ziehen als Leibstandarte mit ihrem alten und neuen Dienstherrn in die Schlacht. Guttenberg will Genugtuung und rauscht mit seinen Truppen nach Bayreuth, wo er zu den Klängen von Richard Wagners »Parsifal« die Universität niederbrennt, jenen ihm verhassten Ort, an dem man ihn, den edlen Spender, in Schande tunkte.
Während Guttenberg noch genüsslich die Reste seines ehemaligen Doktorvaters durch den Reißwolf drückt, sieht er sich plötzlich unerwarteter Konkurrenz ausgesetzt: Christoph Schlingensief ist ebenfalls als Jesus von den Toten auferstanden, und auch er hat mit Bayreuth noch eine Rechnung offen. Die beiden Medienkatholiken aber erkennen ihre vielen Gemeinsamkeiten und schließen einen Nichtangriffspakt und eine Messias-Allianz. Schlingensief spricht den Wagner-Clan auf offener Bühne zu Tode; Guttenberg, unter dessen gepflegten Händen die Doktoranden sterben wie die Fliegen, braust im offenen Wagen Richtung Berlin.
Begeisterte Massen strömen ihm zu, der Stamm der Sarrazinen schließt sich Guttenberg an. »Dolchstoß! Dolchstoß!«, skandieren die Freischärler und polken sich mit Schweizermessern in den Zahnlücken herum, auch »Rache! Rache!«-Rufe werden laut. Wofür eigentlich? Egal, es schreit sich so schön weg.
Guttenberg wird zum Kaiser gekrönt, der bayerische Pontifex küsst ihm den gelifteten Podex, und die Deutschen sind zum ersten Mal seit 1918 wieder glücklich.
Produzent und Hauptdarsteller vermelden stolz: Die Inthronisierungsszene ist ganz in Herrenaltöl gefilmt. Eine Fortsetzung ist bereits in Planung: »Plagiator III – Jetzt kopiert er alles«.
* Einmal in seinem Leben spielte Til Schweiger in einem richtigen Film mit, in Quentin Tarantinos »Inglorious Basterds«. Tarantinos Genie kann man auch an seiner Besetzungskunst erkennen: Schweigers Rolle war nahezu sprechfrei. Das war gut, denn aussehen kann Til Schweiger. Doch was macht der Unglücksmann? Er prahlt in Interviews: »Mit Tarantino spreche ich auf Augenhöhe, mit Brad sowieso.«
»Auf Augenhöhe« gibt es nicht; zur Verdeutlichung dessen muss man sich nur vor Augen führen, wie Helmut Kohl und Norbert Blüm »auf Augenhöhe« miteinander sprächen. Was sieht der eine? Ein Skrotum. Während der andere einen unverstellt freien Blick schweifen lässt.
Soviel zur »Augenhöhe«, doch was weiß Til Schweiger davon, der mit »Brad« Brad Pitt meint und nicht das Brett vor seinem eigenen Kopf, das ja, und hier stimmt die Formulierung tatsächlich einmal, mit Til Schweiger »auf Augenhöhe« leben muss, und zwar lebenslänglich.