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Ömm ...

Schriftdeutsch täuscht. Das Wort, das in Deutschland am häufigsten gesagt wird, liegt in Schriftform gar nicht vor. Es heißt »Ömm ...«, und es ertönt, wo immer einer den Mund aufmacht: »Ömm ...« Manchmal heißt das Wort auch »Ääähm ...« oder »Öööh ...« oder »Äääh ...«, aber Platz eins der sinnlos von sich gegebenen Geräusche hält unangefochten: »Ömm ...«.

Besonders erstaunlich ist, dass »Ömm ...« das Lieblingswort von Leuten ist, die beruflich mit Sprache zu tun haben. Ein Schriftsteller beginnt seine Lesung mit »Ömm ...«. Die Fernsehmoderatorin begrüßt ihre Gäste mit »Ömm ...«, ein Germanist eröffnet ein Literaturfest mit »Ömm ...«, und der Nachwuchs hat es perfektioniert: Der Vorsitzende der »Jungen Liberalen« kommentiert den Rücktritt eines Bundespräsidenten, indem er in einem dreiminütigen Interview etwa fünfzigmal »Ääääh...«, »Ööh...« und »Ömm...« von sich gibt. Man kann schon die Rede schreiben, die er als Minister halten wird.

Es sind nicht die Kassiererin oder der Tankwart, die das Land mit »Ömm ...« kontaminieren; es sind die sogenannten Profis, die den Grund- und Grunzton der öffentlichen Rede bestimmen.

Wurde nicht einmal das Gebot »Du sollst nicht stammeln« erlassen? Nein? Dann wird es aber Zeit. Ein Experte für Wählerverhalten stellt seine Thesen vor; sie lauten »Ömm ...« und »Ömm ...«. Professoren diverser Disziplinen sitzen an einem künstlichen TV-Kaminfeuer und kommentieren das Weltgeschehen: »Ömm ...« – »Oh nein, Herr Kollege, es ist vielmehr ›Ömm ...‹«.

Warum sagen alle »Ömm ...«, wenn sie zu anderen sprechen? Was wollen sie ihnen oder sich selbst damit signalisieren? Begrüßenswert ist, wenn jemand erst denkt und dann spricht; so entstehen Momente des Schweigens und der Stille, die aber offenbar als unangenehm oder peinlich empfunden werden und zugeömmt werden. »Ömm ...« oder manchmal auch »Öööhm ...«: Das Geräusch hat etwas von Blöken, ohne aber die Musikalität zu entfalten, die einer Schafherde innewohnt.

In »Ömm ...« wird die menschliche Sprache zur Flatulanz; der Kopf lässt Luft ab, sonst nichts. Denn offenbar herrscht in ihm die Angst, dass sekundenkurzes nichts Sagen mit generellem Nichts-zu-sagen-haben verwechselt wird oder dass eine Redezeitlücke sofort von einem anderen dazu genutzt wird, dazwischenzufitschen und das Wort an sich zu reißen. Und so wird dann geömmt, damit statt der Rede ein Platzhaltergeräusch ertönt: »Ömm ...«.

»Im Anfang war das Wort«, heißt es in der Bibel; der Nachsatz »und das Wort hieß ›Ömmm ...‹« steht dort aber nicht.

Sprichst du noch, oder kommunizierst du schon?

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