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Freiheit und Gleichheit

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Die herrschenden Sitten waren im, nehmen wir einmal das 18. Jahrhundert, noch immer von der sogenannten „Feudalgesellschaft“ geprägt. Sie war eine „Schichtengesellschaft“, in der die Adligen deutlich überlegen waren gegenüber den nicht Adligen. Es gab in Europa zwar keine Sklaven mehr, aber es gab „Leibeigenschaft“, also den Bauerstand, der eigentlich nicht wirklich frei war. Es war sogar so, dass der Bauernstand in dieser Zeit unfreier war, als im 11. Jahrhundert. Warum das so war, muss uns jetzt nicht interessieren, aber es ist ein interessantes Faktum.

In dieser Zeit entstand das Bewusstsein der „Freiheit“. Dieses Bewusstsein ist ein typisches ethisches Bewusstsein. Ein Bewusstsein, ohne das die Ethik im modernen Sinne gar nicht denkbar ist. Es entstanden auch andere interessante, wichtige Ideen, die der Ethik ihre Gestalt gaben. Nämlich die Gleichheitsidee, das Gleichheitsbewusstsein. Und dann immer mehr auch die Gleichheitsforderung.

Natürlich gibt es auch im Hinblick auf Freiheit und Gleichheit, im Hinblick auf diese wichtigen Forderungen, die der Ethik im 18. Jahrhundert ihren Charakter gaben, schon Vorbilder. Ohne das Christentum wäre der Gleichheitsgedanke sicherlich nicht entstanden. Also haben wir auch da wieder einen sittlichen Hintergrund.

Das soll einmal, was die historische Seite des Verhältnisses von Sitte und Ethik betrifft, genügen.

Nun zum heutigen Verhältnis. Noch immer hängen Sitte und Ethik eng miteinander zusammen. Wir leben in Gesellschaften, in denen wir, ob wir wollen oder nicht, ein sittliches Bewusstsein sozusagen mit der Muttermilch bekommen. Natürlich verändert sich das. Wir bleiben nicht immer beim gleichen Bewusstsein. Wir verändern dieses Bewusstsein zum Beispiel typischerweise durch unsere Ausbildung, durch die Erziehung in der Schule. Auch jeder Beruf hat ein bestimmtes sittliches Bewusstsein. Deswegen spricht man auch von „Standesbewusstsein“.

Daran sieht man wiederum auch, wie eng das Verhältnis zwischen Sitte und Ethik ist. Das Standesbewusstsein hat immer auch einen ethischen Charakter. Nehmen wir zum Beispiel die Standesethik der Mediziner oder die Standesethik von Beamten oder Soldaten. Da sieht man, dass auch das normale sittliche Bewusstsein mit ethischen Vorstellungen verbunden ist.

Ein Beispiel: Ein Arzt hat das sittliche und gleichzeitig ethische Bewusstsein, dass er Menschen nicht schaden darf. Vielmehr soll er für deren Wohl sorgen. Aber manchmal gibt es Probleme, gerade mit diesen beiden Forderungen. Denn im Hintergrund steht – wir haben gerade etwas von Freiheit gehört – ein Freiheitsanspruch des modernen, individuell denkenden Menschen, den man „Autonomie“ nennt, also Selbstbestimmung. Die Autonomie des Patienten ist ein ganz wesentlicher Anspruch. Aber auch hier haben wir den Zusammenhang zwischen Sitte und Ethik.

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