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Trennung zwischen „Sitte“ und „Ethik“

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Häufig ist diese Frage mit einem klaren „nein“ zu beantworten, nämlich genau dann, wenn andere ohnehin schon helfen. Aber das ist so eine Art „Trennlinie“ zwischen Sitte und Ethik. In der Sitte oder in dem, was sittlich „normal“ ist, wissen wir ohne nachzudenken was gut und schlecht ist. Wenn es um eine ethische Frage geht, müssen wir nachdenken. Sollen wir einem Fremden helfen? Das ist nicht so ohne weiters klar. Soll ich das? Kann ich das überhaupt? Bin ich nicht überfordert mit dieser Frage, oder mit der Verpflichtung?

Also, Sie sehen, das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Sitte und Ethik sind miteinander verwoben. Aber die Ethik hat es mit einer Frage oder mit Fragen zu tun, die sich nicht leicht beantworten lassen.

Seit der Antike gibt es diese Disziplin und seitdem gibt es natürlich auch den Zusammenhang mit den Sitten, die in einem Staat, in einer Gesellschaft herrschen. Ursprünglich in der griechischen Polis, in der Zeit in der zum Beispiel Platon und Aristoteles in Athen lebten, schrieben, nachdachten und lehrten. Beide hatten viele Schüler. Aristoteles war selbst Schüler von Platon. In dieser Zeit gab es eine Entwicklung, in der bereits erkennbar war, dass die Ethik eine Spezialdisziplin war, die nicht mit dem übereinstimmte, was die normalen Menschen auf dem Marktplatz unter „gut“ und „schlecht“ verstanden.

Sokrates hat sich schon damals unbeliebt gemacht, indem er den Menschen – wir würden heute sagen – auf die Nerven ging, indem er sie fragte, „was bedeutet dies und jenes?“, oder „was würdet ihr denn da tun?“, „was ist denn gerecht und was ist richtig?“, oder „ist dieser oder jener mutig gewesen?“ und so fort.

Man hat also damals schon angefangen diese so genannte „praktische Philosophie“, oder die „Philosophie der Praxis“, „Philosophie des Handelns“ zu entwickeln. Wir werden später noch sehen, was in jener Zeit an wichtigen Einsichten gewonnen wurde.

Zurück zum Verhältnis Sitte-Ethik. In der Antike war dieses Verhältnis sehr eng. Denn was im ethischen Sinne als gut galt, sollte eigentlich auch sittlich vorbildhaft sein.

Also, wenn jemand als Staatsmann, als Krieger besonders empfehlenswert war, war er sowohl im ethischen Sinne ein guter Mensch, ein gutes Beispiel ein guter Krieger, ein guter Feldherr, als auch im sittlichen Sinne. Man hat ihn also in beider Hinsicht für gut gehalten und er war in jeder Hinsicht ein Vorbild.

Aber im Laufe der Jahrhunderte hat sich das Verhältnis zwischen Sitte und Ethik gelöst. Immer deutlicher trat hervor, dass die Ethik ihre spezielle Aufgabe nicht mehr in der Sprache, in dem Bewusstsein wahrnehmen konnte wie das üblicherweise bei Gesprächen auf dem Marktplatz oder unter Freunden möglich war. Es bildete sich eine spezielle Begrifflichkeit heraus. Die gab es allerdings auch schon in der Antike. Die normalen Menschen haben damals nicht so ohne weiteres zum Beispiel von Tugenden gesprochen. Aber sie wussten doch, was Tapferkeit oder Klugheit heißt.

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