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Ethik – eine „Konfliktwissenschaft“
ОглавлениеEthik ist eine „Konfliktwissenschaft“. Das wird ihnen wahrscheinlich schon an den Beispielen, die ich soeben vorgeführt habe, klar geworden sein. Aber Konfliktwissenschaft heißt mehr, als nur da und dort einmal einen Konflikt lösen. Das beginnt eigentlich schon an dem Punkt, wo sich die Ethik von der Sitte löst, von ihr entfernt, oder vielleicht sogar gegen sie stellt. Denn immer, wenn Ethik benötigt wird, geht es um Konflikte. Ganz einfache Konflikte. Was soll ich jetzt eigentlich machen? Soll ich dies machen oder jenes – oder soll ich überhaupt nichts machen? Ganz simple Fragen sind immer irgendwie konfliktbeladen.
Die Frage „Was soll ich tun?“ ist im ethischen Sinne eben doch nicht so leicht zu beantworten. Genau deshalb brauchen wir die Ethik, sonst hätten wir ja genug mit der Sitte. Sonst wüssten wir ja eigentlich immer Bescheid. Aber das tun wir eben nicht.
Warum nun „Konfliktwissenschaft“? Lange dachten die Philosophen, die sich mit Ethik beschäftigten, dass es in der Ethik eigentlich fast ausschließlich darum gehe, zu klären, was wir Menschen „sollen“. Also: Was ist „gutes Handeln“? Was ist der „gute Wille“? Was sollen wir tun? Was sollen wir lassen? Was dürfen wir? Und man meinte, wenn man diese Fragen abstrakt einigermaßen geklärt hat, dann ist die Aufgabe der Ethik erfüllt.
Das ist aber nicht einmal die Hälfte der Aufgabe, die sie hat. Vielleicht ist das noch untertrieben. Es geht nicht um diese doch eher abstrakten, theoretischen Fragen, sondern es geht um konkrete Probleme. Die Ethik lebt aus konkreten Problemen und das interessante oder auch problematische ist, dass die Probleme vom Leben erzeugt werden. Welches Leben meine ich? Nun, das Leben in dem wir alle irgendwie stehen. Ein Leben, in dem es z. B. Wissenschaft gibt.