Читать книгу Enter. Die Wahrheit wird dich töten - Willem Asman - Страница 12

Kapitel 10

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Charlie, jetzt,

auf dem Weg zum Zoo,

Regent’s Park, London

Charlie verlässt die U-Bahn-Station Camden Town und folgt gedankenverloren den Schildern zum Zoo.

All die Fragen über ihren Vater, die sie J.J. stellen will, schwirren ihr durch den Kopf, ungeordnet, ohne logische Reihenfolge, wie eine endlose Lawine hüpfender Tischtennisbälle.

Charlie zieht ihre Jacke zurecht. Sie trägt ein formelles Kostüm und die weißeste Bluse, die sie besitzt, und anstelle der üblichen Sneakers hochhackige Schuhe. Sie hat die tantenhaften Klamotten speziell für diese Verabredung mit nach London genommen. Die Knitterfalten hat sie mit dem Bügeleisen des Hotels mühsam weggeplättet.

Das Herz schlägt ihr bis zum Hals.

Charlie war noch nie hier, aber sie weiß, dass es nicht mehr weit sein kann. Überall sieht sie Schilder mit riesengroßen Abbildungen von lachenden Pinguinen und Giraffen.

Sie schaut auf ihr Smartphone. Genau pünktlich.

Als sie nach J.J. Ausschau hält, entdeckt sie plötzlich Mark. Als er sie sieht, hält er sich schnell einen Stadtplan vors Gesicht. Er ist es ganz sicher.

Widersprüchliche Gefühle überkommen sie. Einerseits ist sie sauer auf ihn. Was hat er vor? Hat er Tyler von ihrem Plan erzählt? Will er ihr das Treffen in allerletzter Sekunde versauen? Im Auftrag ihrer Mutter vielleicht? Kann ja wohl nicht wahr sein.

Andererseits ist es auch süß von ihm. Mark bietet ihr Rückendeckung, für den Fall der Fälle. Wie er nur dasteht, so ein Schatz, wie 007. Glaubt er wirklich, er sei hinter dem Stadtplan unsichtbar?

Sie lässt sich nichts anmerken, beschließt, das Spiel mitzuspielen, und läuft weiter, ohne ihn zu beachten. Stattdessen richtet sie ihre ganze Aufmerksamkeit auf den Mann, mit dem sie verabredet ist.

Aber das ist nicht J.J., so viel ist ihr sofort klar. Er kann es unmöglich sein. Dazu ist der Mann, der etwa fünfzig Meter entfernt am Zooeingang mit dem Observer unterm Arm auf sie wartet, viel zu jungenhaft. Was soll sie zu ihm sagen, damit er gleich kapiert, dass sie nicht von gestern ist? Don’t waste my time?

Dann hört sie eine Stimme, direkt hinter ihrem linken Ohr. »Charlie?« Ein tadelloser englischer Akzent. Als sie sich reflexartig zu der Stimme umdreht, ist sie erfreut, weil Mark (007, so ein Schatz) bei ihr ist, und gleich darauf enttäuscht, als sie sich ihres Irrtums bewusst wird (Mark hat keinen englischen, sondern einen schottischen Akzent und er nennt sie Charles, nicht Charlie).

Im selben Augenblick spürt sie einen kleinen Stich im Hals. Sie versucht, die Hand zu heben, um das Insekt zu verscheuchen, doch ihr Arm verweigert den Dienst.

Aus der Mücke wird eine Wespe, der Stachel wird zu einem Nagel, der Schmerz immer heftiger.

Der Eingang, die Hecke, der Tag, die Schilder mit den lachenden Pinguinen und Giraffen explodieren vor ihren Augen.

Ihre Beine sind nicht mehr da, so fühlt es sich jedenfalls an. Es ist, als würden ihr Oberkörper, ihre Arme und ihr Kopf über dem Bürgersteig schweben.

Ein Trip, aber ein ziemlich mieser.

Hände fangen sie auf, halten sie fest. Sie versucht alles, um einen Blick auf ihre Angreifer zu erhaschen. Es entsteht ein Handgemenge. Sie hört Rufe. Eilt der junge blonde Mann ihr zu Hilfe? Wo ist Mark?

Sie sieht Gesichter, eigentlich nur Schemen, graue Flecken und schwarze Streifen. Alles ist verschwommen. Der Kopf eines Schneemannes mit schwarzem Hut und Regenschirm huscht vorbei, während der strahlend helle Tag zur Nacht wird.

Irgendwo schlägt eine Uhr fünfmal.

Charlies Welt wird schwarz.

***

Panisch ruft Mark Tyler an.

Völlig fassungslos erzählt er ihr von dem Mann im Internet, der Informationen über Charlies Vater hatte, und von den zwei unbekannten Männern, die sie in einen weißen Transporter gezerrt haben.

Ebenfalls voller Panik ruft Tyler Garf an.

Das Handy in seiner linken Brusttasche surrt so laut und plötzlich, dass er zusammenschreckt. Unwillkürlich schlägt er mit dem Ende des Baseballschlägers gegen die Tür.

Enter. Die Wahrheit wird dich töten

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