Читать книгу Handbuch Filmgeschichte - Willem Strank - Страница 18
Wichtige Stichwörter dieser Zeit
ОглавлениеRealität
Noch stärker als die Fotografie stellt die Ankunft des Films, der konservierbaren bewegten Bilder, eine Herausforderung des Realitätsbegriffs im ausgehenden 20. Jahrhundert dar. Welchen Stellenwert Film in Bezug auf Realität hat, wird seit seiner Entstehung und bis heute ausgiebig diskutiert – sowohl von Filmschaffenden als auch von Kritiker:innen und in der Wissenschaft. Laut Lorenz Engell wurde indessen „der unsicher gewordene Realitätsbezug, die fragwürdige Bedeutung des Wirklichen, zu der die Verschiebungen im 19. Jahrhundert geführt hatten, […] durch die Abbildung wieder gefestigt. Durch Pose und Arrangement, durch die Wahl von Bildausschnitt und Perspektive sowie die Beleuchtung erhielt das Bild Bedeutungen, die auf den abgebildeten Gegenstand oder die Person rückübertragen wurden.“ (Engell 1992, 38)
Emergenz
Die Gleichzeitigkeit der Entstehung des Films in mehreren nationalen Industrie- und Kulturgefügen hat manchmal den Begriff der „Emergenz“ provoziert. Emergenz bedeutet hier das gleichzeitige Auftauchen eines Phänomens, das einerseits an frühere Phänomene historisch anschlussfähig ist, zugleich aber mehr umfasst als die Summe der zugehörigen Teile.
Der Begriff geht auf George Henry Lewes zurück, der 1875 das Bewusstsein als Emergenz des Gehirns beschreibt – seither wurde der Begriff vielfältig auf Gedankenströmungen und technische Fortschritte gleichermaßen angewendet.
cinema of attractions
Tom Gunnings einflussreicher Text The cinema of attractions: Early Film, Its Spectator and the Avantgarde (1986) nimmt eine Umdeutung des frühen Films vor, indem dessen nachträgliche historische Konzeption als ‚primitive, vorläufige‘ Phase kritisiert wird. Stattdessen sieht Gunning in den frühen Filmproduktionen ein der Avantgarde und dem Vaudeville gleichermaßen nahes „Kino der Attraktionen“. Der Begriff cinema of attractions, der den bevorzugten Stoffen des Films bis ca. 1908 oft gerecht wird, lehnt sich an Eisensteins in den 1920er-Jahren entwickelten Konzept der „Montage der Attraktionen“ vor allem dem Namen nach an. Demgegenüber steht laut Gunning das spätere, den Mainstream dominierende cinema of narration, wenngleich das cinema of attractions laut Gunning in manchen Genres (Monumentalfilm, Musical, Action-Film) und in manchen Ideen des dezidiert nichtnarrativen Experimentalfilms bis heute überlebt.